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Die erste umfassende Biographie über den herausragenden Maler der Moderne
Er ist einer der wichtigsten und bekanntesten deutschen Maler des 20. Jahrhunderts und der schärfste Satiriker der Moderne: George Grosz, 1893 als Georg Groß in Berlin geboren, gab den Jahren zwischen 1914 und 1933 das eigentliche Gesicht. Niemand war vor seinen messerscharfen Zeichnungen und Gemälden sicher, er karikierte Größen aus Politik, Militär und Klerus wie auch das Bürgertum, war fasziniert von den Metropolen und dem Menschen in all seinen triebhaften Facetten. Nach dem Ersten Weltkrieg zählte er zu den…mehr

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Produktbeschreibung
Die erste umfassende Biographie über den herausragenden Maler der Moderne

Er ist einer der wichtigsten und bekanntesten deutschen Maler des 20. Jahrhunderts und der schärfste Satiriker der Moderne: George Grosz, 1893 als Georg Groß in Berlin geboren, gab den Jahren zwischen 1914 und 1933 das eigentliche Gesicht. Niemand war vor seinen messerscharfen Zeichnungen und Gemälden sicher, er karikierte Größen aus Politik, Militär und Klerus wie auch das Bürgertum, war fasziniert von den Metropolen und dem Menschen in all seinen triebhaften Facetten. Nach dem Ersten Weltkrieg zählte er zu den führenden Vertretern der Berliner Dada-Bewegung, bevor er 1932 in die USA ging, was ihm angesichts der nationalsozialistischen Bedrohung vermutlich das Leben rettete. Doch das Leben von George Grosz, einem der von den Nazis meistgehassten Künstler, war weit mehr: eine Geschichte von Aufstieg, Ehrgeiz und Alkohol, Leidenschaft, Tragik und Fall, Depressionen, Ängsten und Vergessen.

Umfassend, anschaulich und eindringlich erzählt Alexander Kluy von Leben und Werk des Ausnahmekünstlers. Er wertet zahlreiche Dokumente und archivalische Quellen erstmalig aus und weitet die Biographie des Malers zu einem großen zeithistorischen Panorama.

Autorenporträt
Kluy, Alexander
Alexander Kluy, geboren 1966, lebt als Autor und Journalist in München. Er schreibt regelmäßig u. a. für Die Welt, Der Standard und Psychologie Heute. Als Autor veröffentlichte er zuletzt eine Kulturgeschichte des Eiffelturms, eine Biografie von Joachim Ringelnatz sowie mehrere literarische Anthologien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.01.2018

Versuch in einem ätzenden Genre
Alexander Kluy legt eine Biographie von George Grosz vor

Der D-Zug hält nachts auf der Bahnbrücke über der Straße: ein Ungeheuer, das Rauch und Feuer spuckt. Siegfried Kracauer, Redakteur der "Frankfurter Zeitung", beobachtet, was der Lokomotivführer in diesem Moment beobachten mag: die nicht weniger ungeheuerliche Straßenschlucht, den Glanz und den Trubel. Der D-Zug, der auf der Brücke am Bahnhof Friedrichstraße hält, heißt nicht "George Grosz", einen ICE "George Grosz" gibt es bis heute nicht. Aber die Eisenbahnbrücke über der Friedrichstraße begegnet dem Betrachter in der gleichnamigen Lithographie von Grosz, und der D-Zug, lautmalerisch über rasselnde Brücken knatternd, in seinem "Gesang an die Welt".

Was der Lokomotivführer bei Grosz sieht, wenn er auf die nächtliche Straße hinausblickt, ist ein Klischee: "Ach knallige Welt, du Lunapark!", dichtete Grosz und montierte seinen Namen ins Wimmelbild: "Paß auf! Hier kommt Grosz, der traurigste Mensch in Europa." Was Kracauer sieht, ist hingegen die Klischeehaftigkeit des Klischees: das "Babylon Berlin", das zuletzt Tom Tykwer reanimierte, grell und süß, verrucht und verheult. Popkulturell wird das Pathos zur Schablone, ob Halensee oder Coney Island: "It's always dark in Luna Park!"

Alexander Kluys gerade erschienene Grosz-Biographie wird nicht müde, das Berliner Straßentreiben zu schildern, als müsse noch einmal erklärt werden, was die Friedrichstraße war. Ihr entgeht dabei nicht nur die höllische Ikonographie, die weiter zurückreicht als zu Ludwig Meidners Vorkriegsapokalypsen oder Robert Delaunays Städtezerstückelungen. Ihr entgeht auch die Rhetorik der Aufzählung, der Sätze ohne Verben, das Klischee einer sich als zerstückt begreifenden Moderne. Die Sätze haben keine Verben mehr, Substantive reihen sich in langen Schlangen wie vor den Kinos oder den Suppenküchen. Hätte Kluy bei Kracauer nachgelesen, dann hätte er Aufschluss über diese Rhetorik gefunden und nebenbei auch eine erhellende Vorlage zum aktuellen Streit um Eugen Gomringers öffentlich angebrachtes Gedicht "Avenidas": "Schaufensterauslagen, Frauen, Automatenbüfetts". Stattdessen liest Kluy in Annemarie Langes Ost-Berliner Dokumentation von 1967 und findet dort die pointenfreie Version: "Automatenrestaurants, Cafés, Privatmittagstische".

Warum übernehmen Rückblicke auf die Zwischenkriegszeit diese Substantivketten, ohne sich zu wundern? Sie wirken noch in der Verlagsankündigung von Kluys Buch nach, die "eine Geschichte von Aufstieg, Ehrgeiz und Alkohol, Leidenschaft, Tragik und Fall, Depressionen, Ängsten und Vergessen" verspricht. Mit der gleichen Reihe könnte man auch für eine Biographie der Fitzgeralds werben. Wie Grosz die Klischees seziert, zu denen er selbst zweifellos im Leben wie in der Kunst seinen Beitrag geleistet hat, entgeht dem Autor über weite Strecken.

Dabei setzt Kluy vielversprechend ein, wenn er die Rolle des Biographen reflektiert. Dadaistische Selbstinszenierung macht dem Historiographen die Sache schwer. Am Ende der Einleitung steht aber leider nicht Patti Smith, sondern Stefan Zweig, und damit beginnt das Verhängnis. Das Leben von George Grosz lässt sich nicht im "Sternstunden"-Ton erzählen, auch nicht als Musil-Remake oder Goethe-Parodie. Wollen wir wirklich wissen, dass es an jenem milden Julitag des Jahres 1893, an dem Georg Ehrenfried Groß gegen fünf Uhr nachmittags geboren wurde, regnete? Steuerte Reichskanzler Caprivi nur an jenem Mittwoch seinen "Neuen Kurs"?

Kluys materialreiche Biographie schließt, nachdem zahlreiche Ausstellungen und einzelne Briefeditionen Grosz gefeiert haben, zweifellos eine Lücke. Ihre Kleinteiligkeit schützt allerdings nicht vor Ungenauigkeit. Dass Herbert Fiedler, der Künstlerfreund, der nach Paris vorauseilt, zu August Fiedler wird, lässt sich verschmerzen. Dass belastbare Thesen, politisches Nachleben, aktuelle Provenienz- und Restitutionsdebatten zu kurz kommen, wiegt schwerer. Die Lithographie "Friedrichstraße", 1927 von der Kunsthalle Bremen erworben, lässt sich heute im Portal des Alfred-Flechtheim-Projekts finden. Was aber geschah mit anderen Bildern von Grosz nach der Liquidierung der Galerie Flechtheim? Darüber hätte man gern mehr erfahren, als Kluy andeutet.

Grosz' Werk nimmt hellsichtig den Schrecken vorweg, dem der Maler gerade noch rechtzeitig entkommen kann. Kracauers Text "Lokomotive über der Friedrichstraße" erscheint in der "Frankfurter Zeitung" am 28. Januar 1933. Am 31. Januar stürmen SA-Leute die Wohnung und das Atelier von George Grosz. Sie treffen ihn nicht an, denn er wohnt bereits seit dem 23. Januar im "Great Northern Hotel" in New York. Kracauer, der ebenfalls flieht und 1941 über den Atlantik gelangt, taucht in Kluys Biographie nur einmal auf: Im März 1924 ist er Grosz in Flechtheims Galerie begegnet und nicht recht überzeugt von dem dort gehaltenen Vortrag gewesen. Der Dada-Klamauk war Kracauer suspekt. Muss das Ende der Kunst nicht, wenn schon, dann gut hegelianisch ausgerufen werden?

Hätte er in Grosz nicht doch vielleicht einen Verbündeten suchen müssen? Sahen sich Grosz und Kracauer 1941 im Museum of Modern Art wieder? Man wünschte sich, dass der Biograph auch an dieser Stelle etwas innegehalten hätte. Stattdessen geht es unbarmherzig mit den Fakten weiter, von der Pfirsichbowle zu "Metropolis".

Gegen die Biographie als Gattung ätzte Grosz wie gegen alles, was ihm sonst noch bürgerlich vorkam. Entziehen konnte er sich ihr nicht, weder in seinem kunstprogrammatischen Aufsatz aus den frühen zwanziger Jahren ("Statt einer Biographie") noch in seinen Nachkriegsmemoiren. Die Frage, ob Kluys Buch seinem Gegenstand gerecht wird, verlangt als Antwort, ganz mit Grosz, ein "kleines Ja" und ein "großes Nein".

MARCEL LEPPER

Alexander Kluy: "George Grosz". König ohne Land. Biographie.

Deutsche Verlags-Anstalt, München 2017. 480 S., Abb., geb., 25,- [Euro].

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»Kluys materialreiche Biographie schließt, nachdem zahlreiche Ausstellungen und einzelne Briefeditionen Grosz gefeiert haben, zweifellos eine Lücke.« Frankfurter Allgemeine Zeitung