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Gerechtigkeit - ein vergessener Wert? Wer den Menschen nur als Kostenfaktor sieht, missachtet seine Würde. Auch in Zeiten der Globalisierung und knapper werdender Kassen, so Blüm, sind Menschenwürde und sozialer Zusammenhalt kein Klotz am Bein. In scharfer Auseinandersetzung auch mit den geistigen Fundamenten und mit der Realität des Kapitalismus klärt er aktuelle Fragen: Arbeit, Familie, Solidarität. Inspiriert von der christlichen Soziallehre - ein klärender Beitrag zur aktu ellen Debatte.

Produktbeschreibung
Gerechtigkeit - ein vergessener Wert? Wer den Menschen nur als Kostenfaktor sieht, missachtet seine Würde. Auch in Zeiten der Globalisierung und knapper werdender Kassen, so Blüm, sind Menschenwürde und sozialer Zusammenhalt kein Klotz am Bein. In scharfer Auseinandersetzung auch mit den geistigen Fundamenten und mit der Realität des Kapitalismus klärt er aktuelle Fragen: Arbeit, Familie, Solidarität. Inspiriert von der christlichen Soziallehre - ein klärender Beitrag zur aktu ellen Debatte.
Autorenporträt
Dr. Norbert Blüm, geboren 1935 in Rüsselsheim, katholisch, verheiratet, drei Kinder, Werkzeugmacherlehre, Studium der Germanistik, Geschichte, Theologie und Philosophie, Promotion in Philosophie. Von 1972 bis 1981 und von 1983 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages, 1977-1987 Bundesvorsitzender der Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft, seit 1981 Mitglied des Präsidiums der CDU, 1982-1998 Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, 1987-1999 Landesvorsitzender der CDU Nordrheinwestfalen. Mitglied der CDU, der IG Metall, der Kolpingsfamilie und von amnesty international.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.11.2006

Sozialstaatsgewissen
Norbert Blüm schreibt über Gerechtigkeit / Von Georg Paul Hefty

Jürgen Rüttgers ist in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, also seit den achtziger Jahren, der dritte Versuch der CDU, Nordrhein-Westfalen in den Griff zu bekommen. Sein berühmtestes Wort, die "Lebenslüge der CDU", ist das glänzendste Instrument der aktuellen Versuchsanordnung. Dieses Instrument wurde jedoch nicht entwickelt, um die innerparteilichen Freunde und Gegner zu beeindrucken, sondern weil die Wählerschaft des Landes mit dem "gefühlten" höchsten Anteil an mentaler Industriearbeiterschaft ein solches "befreiendes" Wort zu den Belastungen der Reformdebatte erwartete.

Die CDU hat in Nordrhein-Westfalen jeden Weg erprobt. Von 1980 bis 1987 war der frühere Manager und Wirtschaftsprofessor Biedenkopf Spitzenkandidat, Landesvorsitzender und Richtungsgeber - mit unzureichendem Erfolg. Dann setzte die CDU in der Urheimat des rheinischen Kapitalismus auf das Gegenteil, auf den Sozialpolitiker Blüm, der die Ausbildung des Werkzeugmachers mit der Promotion in Philosophie gekrönt hatte. Ein Jahrzehnt lang gab er die Richtung an - der Erfolg, dessen einziger Maßstab die parlamentarische Mehrheit ist, blieb dennoch aus.

Seit 1999 führt Jürgen Rüttgers die Landespartei, und es blieb ihm gar nichts anderes übrig, denn als personifizierter Kompromiß zwischen Biedenkopf und Blüm aufzutreten: Jurist und Sozialstaatsgewissen in einem. Und tatsächlich stellte sich endlich der Wahlerfolg ein. Seither operiert Rüttgers eng am Zeitgeist oder im Parteijargon "näher bei den Menschen". Nun hat die Bundes-CDU sogar eine neue Parole ausgegeben: "Besser für die Menschen".

Der selbstkritische Vorwurf der "Lebenslüge" war das laute Signal einer bis dahin unterschwelligen Trendwende in der Union. In mehreren Landesverbänden macht man sich Gedanken über die seit einem Jahrzehnt stiefmütterlich behandelte Gerechtigkeitsfrage. Auf dem CDU-Parteitag in Dresden soll sie sich in dem Tagesordnungspunkt "Soziale Kapitalpartnerschaft - für mehr Arbeitnehmerbeteiligung an Gewinn und Kapital" niederschlagen. Da kommt das Buch Norbert Blüms gerade recht. Nicht, weil es von den Parteitagsdelegierten begierig gelesen würde, was durch Blüms Stil nicht schwergemacht wird, sondern weil es einer breiteren Öffentlichkeit darlegt, was man über Gerechtigkeit in der Sozialpolitik wissen muß.

Da geht es nicht ausschließlich um tröstliche Floskeln wie: "Gerechtigkeit ermöglicht uns, mit den Unvollkommenheiten zurechtzukommen." Aufschlußreicher sind die Erläuterungen der ausgleichenden Gerechtigkeit und der Verteilungsgerechtigkeit. Unverwechselbar sind aber die sozialpolitischen Lektionen dessen, der nicht nur 16 Jahre lang Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung war, sondern auch noch immer keinen namhaften Nachfolger in der CDU gefunden hat, obwohl er schon seit acht Jahren aus dem Tagesgeschäft ist. Doch wer könnte seither Sätze formulieren wie "Ein Sozialstaat, der sich nur an der Bedürftigkeit orientiert, muß ständig Formulare produzieren und Anträge prüfen"?

Blüm hat sich viele Verächter herangezogen, seit die SPD seine Aussage "Die Rente ist sicher" zum Gespött gemacht hat, ohne daß der Wahrheitsgehalt für die absehbare Frist widerlegt worden wäre. Aber auch seine Kritiker könnten über folgende Passage nachdenken: "Der Sozialstaat entlastet die Unternehmen. Erst nachdem die großen sozialen Risiken - Unfall, Invalidität, Krankheit - aus dem Betrieb externalisiert worden waren, konnte sich eine unternehmerische Ratio entwickeln, die sich im Wettbewerb bewährte und am Gewinn orientierte. Solange der Betrieb gleichzeitig Sozialstation war - wie im mittelalterlichen Zunftwesen -, konnte sich die Marktwirtschaft nicht entwickeln. Ohne Sozialstaat keine moderne Marktwirtschaft."

Die jüngste Entwicklung verwirft Blüm: "Geisterfahrerhaft steuern wir hierzulande auf eine stärkere Steuerabhängigkeit der Sozialpolitik zu." Die Gefahr für die Bürger sieht er in der Dispositionsfreiheit der Politiker über den Bundeshaushalt. Nur "ein mit Beiträgen erworbener Anspruch steht unter Eigentumsschutz".

Norbert Blüm: Gerechtigkeit - Eine Kritik des Homo oeconomicus. Herder, Freiburg 2006, 192 Seiten, 7 Euro.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Angetan berichtet Johano Strasser über Norbert Blüms engagierte und anschauliche Gedanken zur Gerechtigkeit. Sowohl der instruktive Überblick über die Idee der Gerechtigkeit von Aristoteles über Thomas von Aquin bis zu Nell-Breuning und Amartya Sen als auch die kritische Auseinandersetzung mit dem Neoliberalismus sowie das Plädoyer für die soziale Marktwirtschaft als ökonomischer Basis einer gerechten Gesellschaft scheinen Strasser recht gelungen. Beeindruckt haben ihn die "Leidenschaft und Nähe zu den Menschen", mit denen Blüm sein Thema verfolgt. Er bekundet seinen Respekt für Blüm, den weder der politische Betrieb noch seine Niederlagen und die Häme seiner Gegner zum "larmoyanten Schwarzseher" oder Zyniker werden ließen. Dass Blüm nicht alle Feinheiten der komplexen Thematik erörtert, fällt für Strasser nicht negativ ins Gewicht, geht es doch in erster Linie um die Klärung von Grundfragen.

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