Gerhard Ebeling (1912-2001) hat die deutschsprachige evangelische Theologie nach 1945 maßgeblich gestaltet. Als führender Lutherforscher, Hermeneutiker, Dogmatiker und Fundamentaltheologe, dazu als einflußreicher Wissenschaftsorganisator prägte er über Jahrzehnte hinweg die Konturen und Konstellationen theologischer Sachreflexion. Frühe Impulse, die er namentlich von Dietrich Bonhoeffer und Rudolf Bultmann empfing, vermochte er in seiner eigenen, weit ausstrahlenden Lehr- und Forschungstätigkeit durch kritisch aneignende Transformation fruchtbar zu machen. Das vorliegende Lebensbild schöpft aus einem reichhaltigen, zu erheblichen Teilen in Privatarchiven verwahrten Quellenmaterial. Dadurch kann es erstmals auch die geistige Verwurzelung Ebelings in der Bekennenden Kirche und die lebenslangen Prägungen, die ihm daraus erwachsen sind, tiefenscharf rekonstruieren. Durchgehend wird der engen Verflechtung von Biographie und Theologie, die für Ebeling in überraschender Intensität wichtig geworden ist, Beachtung geschenkt. Insgesamt entsteht dabei das theologische Charakterbild eines Menschen, der auf Kollegen, Schüler und Weggefährten, auf Kirche, Theologie und Gesellschaft bedeutenden Einfluß ausübte und dem es dank hoher Begabung und Selbstdisziplin auf besondere Weise vergönnt war, Leben in Werk zu verwandeln. Am Leitfaden einer außergewöhnlichen Biographie erschließen sich nicht nur Zusammenhänge der jüngsten Theologie- und Zeitgeschichte, sondern zugleich auch elementare Voraussetzungen, von denen die evangelische Theologie und Kirche der Gegenwart zehren.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Albrecht Beutels Biografie des Theologen Gerhard Ebeling hat Friedrich Wilhelm Graf sichtlich beeindruckt. Er würdigt Ebeling als einen der bedeutendsten Luther-Forscher und systematischen Theologen des 20. Jahrhunderts. Die vorliegende Biografie von Ebelings Schüler Beutel zeichnet sich für ihn durch ihre Verbindung von Akribie, Faktenreichtum und Empathie aus. Er lobt die genaue Rekonstruktion des wissenschaftlichen Nachlasses und die zurückhaltende Beschreibung und Deutung von Ebelings Leben und Konflikten. Dem Autor gelingt es nach Ansicht von Graf trotz seiner Nähe zu Ebeling eine "nüchtern sachliche Distanz" zu bewahren. Sein Fazit: ein hochkonzentriertes Werk, das die Bedeutung des Theologen auch für die Gegenwart deutlich macht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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