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Der begnadete Sprachschöpfer Feridun Zaimoglu wirft böse Blicke auf Zerfall und Fäulnis und reißt den Leser mit auf eine apokalyptische Todesfahrt. Mit maßlosem Furor geißelt der Ich-Erzähler, ein erfolgloser Künstler und begehrter Lustsklave, die Hohlheit eines Milieus, das sich auf Oberflächenreize kapriziert hat. Wieder eine Vernissage mit den immergleichen Gästen, die sich an den immergleichen Inszenierungen ergötzen: Kaskadenartig ergießt sich der Wortschwall des frenetischen Erzählers, und Häme und Spott schüttet er über die Bohemiens aus, die sich zu diesen Szene-Ereignissen einfinden.…mehr

Produktbeschreibung
Der begnadete Sprachschöpfer Feridun Zaimoglu wirft böse Blicke auf Zerfall und Fäulnis und reißt den Leser mit auf eine apokalyptische Todesfahrt. Mit maßlosem Furor geißelt der Ich-Erzähler, ein erfolgloser Künstler und begehrter Lustsklave, die Hohlheit eines Milieus, das sich auf Oberflächenreize kapriziert hat. Wieder eine Vernissage mit den immergleichen Gästen, die sich an den immergleichen Inszenierungen ergötzen: Kaskadenartig ergießt sich der Wortschwall des frenetischen Erzählers, und Häme und Spott schüttet er über die Bohemiens aus, die sich zu diesen Szene-Ereignissen einfinden. Ihm bleibt nur der Rückzug in sein wüstes Atelier. Doch dort hat "Mongo-Maniac", seine autoaggressive Nachbarin, ihr Lager aufgeschlagen. Während sich ihr gegenüber die fürsorgliche Ader des Erzählers zeigt, geht er mit wachsender Härte seinen unprofitablen Alltagsgeschäften nach. Erst die Beschäftig ung als Bühnenbildner auf einem Theaterworkshop in Ostdeutschland scheint eine Perspektive zu bieten. Drei Wochen in einer ehemaligen Russenkaserne mit Buto-Kurs und Proben eines experimentellen Stücks sollen sinnsuchende Westler wieder auf das Gleis bringen, erweisen sich jedoch als Irrweg. Dann erscheint die geläuterte "Mongo-Maniac", sitzt dem Schwindel auf und verleitet den erzürnten Erzähler zu einer Bußpredigt alttestamentarischen Zuschnitts. Feridun Zaimoglu, Schöpfer der "Kanak Sprak", schlägt in "German Amok" einen neuen Ton an. Bildreich, wortmächtig und eindringlich lässt er eine abgründige Welt entstehen, deren Verfall nicht aufzuhalten ist. In drastischer Gnadenlosigkeit wird ihre Verkommenheit angeprangert, und lustvoll wird sie der Verdammnis überantwortet.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Feridun Zaimoglu, geboren 1964 im anatolischen Bolu, lebt seit etwa 45 Jahren in Deutschland. Er studierte Kunst und Humanmedizin in Kiel, wo er seither als Schriftsteller, Drehbuchautor, Dramatiker und Journalist arbeitet. Er schreibt für »Die Welt«, die »Frankfurter Rundschau«, »Die Zeit« und die »Frankfurter Allgemeine Zeitung«. 2002 wurde er mit dem Hebbel-Preis ausgezeichnet, 2003 dem Preis der Jury beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt und 2004 dem Adelbert-von-Chamisso-Preis. Im Jahr 2005 war er Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Im selben Jahr erhielt er den Hugo-Ball-Preis und 2007 den Grimmelshausen-Preis, 2008 den Corine-Preis, 2010 den Jakob-Wassermann-Literaturpreis und 2012 den Preis der Literaturhäuser. Im Jahr 2015 war er Stadtschreiber von Mainz, und 2016 wurde ihm der Berliner Literaturpreis zugesprochen. Er veröffentlichte unter anderem die Erzählungen »Zwölf Gramm Glück« und das Buch »Rom intensiv«, die Romane »German Amok«, »Leyla«, »Liebesbrand«, »Hinterland«, »Isabel«, »Siebentürmeviertel« und zuletzt »Die Geschichte der Frau«.

Literaturpreise:

Berliner Literaturpreis 2016
Preis der Literaturhäuser 2012
Corine 2008
Grimmelshausen-Preis, 2007
Hugo-Ball-Preis, 2005
Stipendiat der Villa Massimo in Rom, 2005
Adelbert-von-Chamisso-Preis, 2004
Preis der Jury beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, Klagenfurt, 2003
Hebbel-Preis, 2002
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2002

Musterschüler des Unkorrekten
Feridun Zaimoglu gibt sich Mühe / Von Tobias Döring

Man kann natürlich immer sagen, daß eine Gesellschaft die Romane bekommt, die sie verdient. So wie man nach einem Amoklauf oft hört, das eigentliche Problem sei im "gesellschaftlichen Umfeld" auszumachen. In beiden Fällen ist der Bescheid jedoch so lange nichtssagend, wie kein genauer Aufschluß über die Grenzen sozialer Determinierung erhältlich ist. Gesellschaftskritische Romane leben von der Distanz zum Kritisierten, die sie geltend machen.

Schon der Titel "German Amok" weckt wohlig schauernde Erwartung. Erst recht aber die ominöse Formulierung "Zeit für infernalische Dekadenzen", die dem Text wie ein Losungswort voransteht, läßt das Schlimmste hoffen. Sage niemand, wir seien nicht gewarnt! Ein "drastischer Ton" herrsche in diesem Buch, hat uns der Autor vorab wissen lassen, aber das sei eben "der Ton unser Zeit". Und der klingt so: "Die Kunstfotze ist nicht zu übersehen: ein ennuyantes Warzenmädchen, mittelgroß und mittelmäßig, in diesem Moment bis auf eine Perücke in Hauchrosa völlig nackt und deswegen für die älteren Herrschaften im Publikum eine Augenweide. Es ist ihr Abend und ihre Vorstellung, sie reißt ihr blödes Mäulchen auf, um vor versammelter Mannschaft (die Männer sind natürlich in der Mehrzahl!) eine Ansprache zu halten, an der sie wochenlang gefeilt haben muß."

So schonungslos macht gleich der erste Absatz alles klar. Dekadente Künstlerszene, obszöner Voyeurismus, zynische Misanthropie. Die Figuren heißen "Kunstfotze" oder "Mongo-Maniac", die Handlung spielt in "dieser für immer verfluchten und vergammelnden Metropole", also in Berlin, das Interesse gilt vornehmlich den stumpfsinnigen Sexualpraktiken ihrer Einwohner, und das Ganze wird so platt und maulaufreißerisch präsentiert, daß sich der Roman in nichts von den Peinlichkeiten der Gesellschaft unterscheidet, die er karikieren will.

Gefragt ist, was schockiert. Frustrierter Kunstmaler mit Libido-Überschuß und Geldmangel versucht sich erfolglos als Kuppler, Schächter oder Callboy durchzuschlagen, bevor er sich auf seine autoaggressive Nachbarin und auf ein ABM-Theaterprojekt in der brandenburgischen Provinz einläßt, wo er die Gruppenrituale westdeutscher "Frontlesben" wie ostdeutscher "Dorftrampel" und "Sklaven" stört. Dazu übt er sich in diversen Gewalt- und analen Kopulationsakten und produziert schließlich als Bühnenbild für die Workshop-Aufführung eine "Nachahmung der Mauer als Pornowall", die er als "billige Provokation für die billigen Neudeutschen" entwirft. Darf es noch etwas mehr sein?

Es darf. "Totalgas" heißt der geplante letzte Akt des Stücks, zu dem die Darsteller sich Duschhauben aufsetzen, derweil tödliches Gas aus monströsen Düsen strömt. Sobald nämlich des Erzählers Anstrengung zu ordentlich provozierenden Ferkeleien zu erschlaffen droht, kann nur der ultimative deutsche Tabubruch noch für Abwechslung sorgen. So jämmerlich verbissen ringt dieser Roman um politische Inkorrektheit, und so rührend war schon länger niemand um seinen Ruf als tadelloser Skandalautor bemüht.

Keine Frage, wir verdanken Feridun Zaimoglu scharfsichtige, wortmächtige Reportagen aus den türkisch-deutschen Zwischengängerzonen unserer Gesellschaft. Doch seit sein furioses Debüt "Kanak Sprak" zum Gegenstand soziolinguistischer Hauptseminare geworden ist, hat er sich vornehmlich der Pflege klassischer Literaturgattungen verschrieben. "Liebesmale, scharlachrot" versuchte vor zwei Jahren, die unzeitgemäße Form des Briefromans wiederzubeleben, nun mag man bei "German Amok" an späte Brechungen des Künstlerromans denken, an jenes schöne deutsche Genre bürgerlicher Selbsterfindung.

Aber man mag nicht. Mit Ausnahme einer kurzen Szene im Schlachthof, die Zaimoglus Gabe für groteske Miniaturen erneut unter Beweis stellt, ist dieser Text von so unkomischer Pointensucht und so lustloser Großspurigkeit getrieben, daß er die Schweißperlen nicht lohnt, die über seinen grimmen Posen vergossen worden sind. Was immer "Amok" sonst bedeuten mag, hier heißt es einfach Leerlauf.

Feridun Zaimoglu: "German Amok". Roman. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2002. 256 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Titel hat bei Rezensent Tobias Döring zunächst wohlig schauernde Erwartung geweckt. Doch die Enttäuschung folgt der Erwartung auf den Fuß. "Jämmerlich verbissen" sieht der Rezensent den Roman um "politische Inkorrektheit" ringen. Doch der Text sei von so unkomischer Pointensucht und lustloser Großspurigkeit getrieben, dass er die Schweißperlen nicht lohne, die über seinen grimmen Posen vergossen worden seien. Die Figuren heißen "Kunstfotze" oder "Mongo-Maniac", lesen wir, die Handlung spielt in "dieser für immer verfluchten und vergammelnden Metropole", wie unser Rezensent leicht abgestoßen zitiert. Also Berlin, übersetzt Döring, und lässt uns wissen, dass das Interesse des Autors vornehmlich den stumpfsinnigen Sexualpraktiken von Berlins Bewohnern gilt. Dies aber ist dem Rezensenten zufolge so "platt und maulaufreißerisch präsentiert", dass der Roman ihm so peinlich erscheint, wie die karikierten Berliner im Buch. Was immer "Amok" sonst bedeuten mag, für den Rezensenten heißt es hier einfach "Leerlauf".

© Perlentaucher Medien GmbH
»Für abgebrühte Fans ein höllischer Genuss.« go Magazin
Der Titel hat bei Rezensent Tobias Döring zunächst wohlig schauernde Erwartung geweckt. Doch die Enttäuschung folgt der Erwartung auf den Fuß. "Jämmerlich verbissen" sieht der Rezensent den Roman um "politische Inkorrektheit" ringen. Doch der Text sei von so unkomischer Pointensucht und lustloser Großspurigkeit getrieben, dass er die Schweißperlen nicht lohne, die über seinen grimmen Posen vergossen worden seien. Die Figuren heißen "Kunstfotze" oder "Mongo-Maniac", lesen wir, die Handlung spielt in "dieser für immer verfluchten und vergammelnden Metropole", wie unser Rezensent leicht abgestoßen zitiert. Also Berlin, übersetzt Döring, und lässt uns wissen, dass das Interesse des Autors vornehmlich den stumpfsinnigen Sexualpraktiken von Berlins Bewohnern gilt. Dies aber ist dem Rezensenten zufolge so "platt und maulaufreißerisch präsentiert", dass der Roman ihm so peinlich erscheint, wie die karikierten Berliner im Buch. Was immer "Amok" sonst bedeuten mag, für den Rezensenten heißt es hier einfach "Leerlauf".

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