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"In Germany and China, leading international relations expert Andreas Fulda looks critically at the increasingly interdependent relationship between the two countries. Drawing on examples from politics, industry, the development and technology sectors and culture, the book explores how successive governments from Helmut Schmidt to Angela Merkel have pursued ever-closer ties to China in the interests of short term economic gain. Fulda explores the danger of this increasing co-dependency not just for Germany, but for Europe and the international world order"--

Produktbeschreibung
"In Germany and China, leading international relations expert Andreas Fulda looks critically at the increasingly interdependent relationship between the two countries. Drawing on examples from politics, industry, the development and technology sectors and culture, the book explores how successive governments from Helmut Schmidt to Angela Merkel have pursued ever-closer ties to China in the interests of short term economic gain. Fulda explores the danger of this increasing co-dependency not just for Germany, but for Europe and the international world order"--
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Autorenporträt
Andreas Fulda is Associate Professor at the School of Politics and International Relations, University of Nottingham, UK. His recent books include The Struggle for Democracy in Mainland China, Taiwan and Hong Kong (2020) and he is a frequent commentator on China for international media such as the BBC, Washington Post and Al Jazeera.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.07.2024

In Pekings
Hand
Deutschlands China-Politik folgt dem Motto
„Geld vor Moral“. Peking nutzt das nun gnadenlos aus.
Andreas Fuldas fulminante Abrechnung mit Berlin.
VON HEINER ROETZ
Das böse Erwachen nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine hat den Blick auch auf die deutschen Beziehungen zu China gelenkt: Könnte es sein, dass eine vor allem vom Kommerz getriebene Außenpolitik erneut auf dem falschen Fuß erwischt wird, etwa wenn China einen Angriff auf Taiwan startet? Die kritische Bilanzierung der deutschen Chinapolitik durch den Politologen und Sinologen Andreas Fulda in seinem gerade erschienenen Buch „Germany and China: How Entanglement Undermines Freedom, Prosperity and Security“ scheint zur rechten Zeit zu kommen. Der in Nottingham arbeitende Fulda untersucht, wie es dazu kommen konnte, dass sich Deutschland immer mehr mit dem autokratischen China verbandelte und sich in eine riskante Abhängigkeit brachte. Sie hat China ein Erpressungspotenzial verschafft, das es konsequent zu nutzen bereit ist.
Fulda weiß, worüber er redet. China ist nicht nur sein akademischer Gegenstand; er verfügt auch über eine ihn erkennbar prägende praktische Erfahrung in der deutsch-chinesischen Entwicklungszusammenarbeit. Sie hatte, so Fulda, in der „halb-liberalen“ Ära Hu Jintao gute Chancen, partizipative Strukturen zu stärken. Doch wurden sie zunichtegemacht, und nicht erst unter Xi Jinping. Es war schon die deutsche Seite selbst, die ihre Spielräume nicht nutzte und sich von China sogar vor den Karren spannen ließ, weil sie mehr auf den chinesischen Staat als auf die Zivilgesellschaft setzte. Eine unrühmliche Rolle spielte hierbei laut Fulda die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Für Fulda ist dieses Versagen ein Beispiel einer eindimensionalen Politik, für die immer nur eines im Vordergrund gestanden hat: der Schutz der wirtschaftlichen Interessen. Sie hat auch die „Dialoge“ mit China zu einem leerlaufenden Alibiritual verkommen lassen, nachdem sich ihr Sinn mit der Sicherung des rechtlichen Rahmens für die deutschen Geschäfte früh erschöpft hatte.
So hat schließlich China das Heft in die Hand genommen durch „Handel als Machtausübung, räuberischen Technologietransfer und geoökonomischen Zwang“, begleitet von Spionage und einer oft klandestinen Einflussnahme auf die öffentliche Meinung, mit dem Ziel der „Aushöhlung“ der deutschen Industrie und der „Erschütterung des Glaubens an die liberale Demokratie“ in der systemischen Konkurrenz mit dem Westen. Dies sind Thesen, die heftige Reaktionen hervorrufen dürften. Doch lassen sich Fuldas Argumente nicht einfach von der Hand weisen.
Einen Wandel verhinderte laut Fulda die deutsche „korporatistische politische Ökonomie“, in der sich der Staat mit den systemrelevanten Stakeholdern des China-Business wie VW, Daimler, BMW und BASF kurzgeschlossen und sich taub für Warnungen gemacht hat. Zugleich redete man sich selbst und der Öffentlichkeit ein, dass eben die Priorisierung des Geschäfts politische Bedenken obsolet mache. Handel bringt Wandel, so lautete das Mantra, auch dann noch, als längst das Gegenteil sich abzeichnete: Die Liaison mit China führte keineswegs in liberalere Strukturen; das Regime wurde im Gegenteil immer autoritärer. Und während China zur langfristigen Durchsetzung seiner Interessen eine „strategische Kultur“ mit einer breiten Palette von Instrumenten entwickelt hat, wirkt der deutsche Staat hilflos. Das Erwachen kommt spät und erst, nachdem der Schaden bereits angerichtet ist.
Fulda rekapituliert, wie die deutschen Kanzler an der „Normalisierung“ des chinesischen Autoritarismus mitwirkten, bei Indifferenz gegenüber Taiwan. Helmut Schmidt erklärte die Demokratie in China für kulturfremd, und andere Größen aus Politik und Wirtschaft standen ihm in nichts nach. Bekannt ist auch Schmidts Sympathie für Lee Kuan Yew, den bis 1990 autoritär regierenden Premierminister von Singapur, der meinte, ein Übermaß an Demokratie führe zur Disziplinlosigkeit. Helmut Kohl rehabilitierte mit seinem Besuch einer Infanteriedivision die Armee, die wenige Jahre zuvor in Peking die Demonstranten zusammengeschossen hatte. Gerhard Schröder wiederum erklärte das europäische Waffenembargo gegen China für überholt.
Unter ihren Kollegen fiel allein Angela Merkel zum Erschrecken der Wirtschaft mit einem mutigen Bekenntnis zu den Menschenrechten aus der Rolle, bevor sie sich die Flügel stutzen ließ und wie alle anderen vor ihr die Geschäftsführung der Deutschland AG übernahm. Den „pragmatischen Technokraten“ Olaf Scholz sieht Fulda von der „merkantilistischen Chinapolitik“ erst recht nicht abweichen, trotz Drucks des grün geführten Außenministeriums. Als lautstarker China-Lobbyist, der versichert, China sei keine Diktatur, trägt auch der einst gescheiterte Kanzlerkandidat Rudolf Scharping seinen Teil zur Misere bei. Maßgeblich involviert war auch Frank-Walter Steinmeier, dessen Ostpolitik der „Annäherung durch Verflechtung“ die Blaupause für den Umgang mit China lieferte. Bekanntlich protestierte Steinmeier auch gegen den Empfang des Dalai Lama durch Merkel. Ein merkwürdiges Verständnis der deutschen Sozialdemokratie für den chinesischen Autoritarismus ist unverkennbar, wobei der erste deutsche Politiker mit einer entsprechenden Antenne allerdings Franz Josef Strauß war. Aus der Sicht der politisch flankierten deutschen Geschäftsinteressen war das Thema Menschenrechte und Demokratie schon immer vor allem eines: lästig.
Deutschland hat, indem es sich China in die Arme warf, aber nicht nur seine gern hochgehaltenen politischen „Werte“ kompromittiert. Sich dem Wohlwollen einer staatskapitalistischen Diktatur dieser Größenordnung auszuliefern, hat sich als auch ökonomisch gefährlich erwiesen und damit gerade das hinter dem politischen Opportunismus stehende Kalkül durchkreuzt. Der Niedergang der deutschen Solarindustrie, der Verkauf der Vorzeigefirma Kuka und die Abhängigkeit der Deutschen Telekom von Huawei sind Beispiele, an denen Fulda dies erörtert. Die deutsche Automobilindustrie, so vermutet er, voran VW, könnte das nächste liefern.
Was ist in dieser verfahrenen Lage zu tun? Fulda fordert als ersten Schritt zur Gewinnung „größerer Autokratie-Kompetenz“ eine kritische Aufarbeitung der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit und hofft, dass auch die Sinologie, die er bislang trotz kritischer Stimmen aufgrund kulturrelativistischer oder alter maoistischer Neigungen zu oft auf der falschen Seite sieht, ihren Beitrag leisten wird. Er plädiert für weniger „German Angst“ gegenüber China und die „diplomatische Aufwertung“ Taiwans, für einen Stopp der Tätigkeit deutscher Organisationen, die sich von China die Regeln ihrer Arbeit vorschreiben lassen, sowie für die Beendigung des „korporatistischen Lobbying“ und des „Laissez-faire bei Forschungskooperationen“. Vor allem befürwortet er eine partielle wirtschaftliche Entkopplung von China, eine Wende zu einer stärker wertebasierten Außenpolitik und die Gewinnung von mehr „demokratischer Resilienz“. Woher aber, so wäre zu fragen, soll die hierzu nötige Entschlossenheit kommen, wenn das Opfer doch auch selbst Täter war, indem es aus freiem Entschluss „Geld vor Moral“ zu seiner Devise machte und so, nicht viel anders als China, zu seinem obersten Wert den Profit erhob?
Fuldas neues Buch ist nicht sein erstes zu China. Zwei ältere Arbeiten erschienen beim Verlag für Sozialwissenschaften (VS) und Palgrave Macmillan. Es ist nicht ohne bittere Ironie, dass gerade das Schicksal dieser Verlage bestätigt, wie stichhaltig Fuldas These ist, und wie sehr uns der lange Arm Chinas bereits eingeholt hat: Beide wurden mittlerweile von Springer Nature übernommen. Springer Nature aber hat sich der chinesischen Zensur unterworfen, um sich für seine entsprechend durchgekämmten Online-Publikationen den Zugang zum chinesischen Markt zu sichern. Dieses Gebaren zeugt von einer Mittäterschaft, um nicht zu sagen Kumpanei, die eines deutlich macht: Wenn wir vor China warnen, müssen wir es im selben Atemzug auch vor uns selbst tun.
Heiner Roetz ist emeritierter Professor für Geschichte und Philosophie Chinas an der Ruhr-Universität Bochum.
Der Handel brachte
keinen Wandel.
Im Gegenteil
Andreas Fulda:
Germany and China.
How Entanglement
Undermines Freedom, Prosperity and Security. Bloomsbury Publishing, New York 2024.
256 Seiten, 81 Dollar. E-Book/PDF: ca. 22 Dollar.
Ziemlich willkommen: Angela Merkel trifft Xi Jinping 2018.
M. Kappeler / dpa
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