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This book offers a nuanced analysis of the German role in the EU, using a novel approach which identifies German influence in the EU in terms of "soft" power.

Produktbeschreibung
This book offers a nuanced analysis of the German role in the EU, using a novel approach which identifies German influence in the EU in terms of "soft" power.
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Autorenporträt
Simon Bulmer is Professor of European Politics at the University of Sheffield
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.2001

Meister auf dem europäischen Klavier
Die sanfte Machtausübung der Bundesrepublik und die Übernahme deutscher Modelle in der EU

Simon Bulmer/Charlie Jeffery/William E. Paterson: Germany's European diplomacy. Shaping the Regional Milieu. Manchester United Press, Manchester 2000. 154 Seiten, 11,- Pfund.

Michèle Knodt/Beate Kohler-Koch (Herausgeber): Deutschland zwischen Europäisierung und Selbstbehauptung. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2000. 474 Seiten, 128,- Mark.

Daß Deutschland europäisch würde, wünschte sich Thomas Mann; die Vorstellung einer "Germanisierung Europas" dagegen war ihm eine aus der Anschauung geborene Schreckensvision. Vermutlich wäre er zufrieden damit, wie sich Deutschland in Europa im Verlauf der Jahrzehnte seit Kriegsende entwickelte: Deutschland ist heute ohne Wenn und Aber europäisch. So europäisch gar, daß es damit begonnen hat, Europa nach seinem eigenen Bilde zu gestalten und damit auch Thomas Manns Gegenbild eines germanisierten Europa wahr werden zu lassen - nicht als Schreckensvision freilich, sondern, um es politikwissenschaftlich zu formulieren, als Ergebnis "sanfter" oder "struktureller" Machtausübung in der und auf die Europäische Union (EU). Faktisch sind beide Prozesse - die Europäisierung Deutschlands und die Veränderung der europäischen Integration nach Mustern der bundesdeutschen Politikverflechtung - inzwischen unauflöslich ineinander verschränkt. Die politische Konsequenz ist, daß Deutschland gleichermaßen Vormachtsgelüste in Europa wie auch Führungsschwäche vorgeworfen werden - nicht selten übrigens fast im gleichen Atemzuge. Das hat den Vorzug, daß sich immer Anlaß zur Kritik findet.

Um die Synthese aus der Europäisierung Deutschlands und seiner Europapolitik zur Durchsetzung deutscher Interessen geht es in den hier zu würdigenden Studien. Die eine stammt aus den Federn dreier britischer Deutschlandkenner vom Institut für Deutschlandstudien der Universität Birmingham. Die andere Studie stellt Erträge deutscher Europaforschung zusammen und begleitet damit auch einen von Beate Kohler-Koch initiierten Forschungsschwerpunkt der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Der britische Band ist systematisch gehalten; die Autoren haben eine Studie aus einem Guß vorgelegt über die deutsche Europapolitik am Beispiel von drei Fallstudien: Währungsunion, Regierungskonferenz von Amsterdam und Ost-Erweiterung. Dabei werden zum einen die komplexen institutionellen Grundlagen der deutschen Europapolitik berücksichtigt; hier zeigen die Verfasser überzeugend, wie sich die Gewichte der deutschen Europapolitik zunehmend weg vom Auswärtigen Amt und hin zum Bundeskanzleramt und zum Finanzministerium verschieben. Zum anderen wird nach dem Stellenwert der Beziehungen zu drei wichtigen Partnerstaaten - Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien - gefragt und dabei das deutsch-französische Verhältnis herausgestellt.

Die deutsche Studie ist ein Sammelband: Die Einzeluntersuchungen, die manchmal auch viel sperriges theoretisches Gepäck mitschleppen, greifen oft nur Facetten der übergreifenden Thematik auf. Durch die Einleitungsbeiträge der Herausgeberinnen entsteht dann aber doch ein überzeugendes Gesamtbild. Es ist in vier große Untersuchungsbereiche gegliedert: Im ersten Abschnitt geht es um die grundsätzlichen Orientierungen der deutschen Europapolitik "zwischen Einbindung und Selbstbehauptung" (doch was ist dieses "Selbst", wenn Deutschland bereits unentrinnbar europäisiert ist und sich weiter europäisiert?), dann um europäische Lernprozesse im Spannungsfeld zwischen deutschen und europäischen Modellen, um die "Europastrategien deutscher Akteure" (Bundesländer, Regierungsinstitutionen) und schließlich um die "Europäisierung öffentlicher Aufgaben", also um das Regieren in und durch Europa (Regionalpolitik, Umweltpolitik).

Übereinstimmend kommen beide Studien zunächst zu folgendem Befund: Eine scharfe Trennlinie zwischen der Politik in Deutschland und in Europa läßt sich in der Praxis nicht mehr ziehen. Politik für Deutschland wird heute sehr häufig in Europa gemacht, doch wirkt Deutschland dabei in vielfältiger Weise gestaltend mit. Dabei ist dieser deutsche Einfluß gewichtig vor allem durch die ausgeprägte Bereitschaft und Fähigkeit Deutschlands, diesen seinen Einfluß auf dem ("sanften") Weg der europäischen Struktur- und Institutionenpolitik geltend zu machen. "Shaping the regional milieu" nennen dies Bulmer und seine Ko-Autoren. In der Praxis bedeutet dies, daß sich die deutsche Diplomatie vor allem darum bemüht, in der Europäischen Union strategische Orientierungen und institutionelle Weichenstellungen durchzusetzen; die Einzelheiten überläßt man dann oft gerne anderen. Die Vorgaben für institutionelle Fortentwicklungen kamen dabei naheliegenderweise oft aus deutschen Erfahrungen; das klassische Beispiel hierfür ist die Europäische Zentralbank, die bemerkenswerte Ähnlichkeiten mit ihrem Vorbild, der deutschen Bundesbank, aufweist.

Diese Ähnlichkeiten zwischen der europäischen Integration und dem politischen System der Bundesrepublik haben aber noch eine weitere Ursache: Die Komplexität dezentraler Entscheidungsprozesse und Entscheidungsstrukturen erzwingt permanente Verhandlungen. Das gilt für die EU, aber natürlich auch für das politische System der Bundesrepublik mit seinen ausgeprägten Mechanismen der horizontalen und vertikalen Gewaltenteilung. Kein Wunder daher, daß die deutsche Politik auf dem europäischen Klavier gut zu spielen weiß: Sie konnte die Techniken des Agierens unter den Bedingungen der Politikverflechtung zu Hause ausgiebig einüben.

Bei der Übernahme deutscher "Modelle" im europäischen Rahmen handelt es sich zumeist keineswegs um Nachahmungen oder gar Oktrois, sondern vielmehr um Prozesse des sozialen Lernens, bei denen sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union darum bemühen, optimale Problemlösungen für bestimmte Bereiche zwischen konkurrierenden Modellen zu ermitteln. Die Europäische Zentralbank gleicht also der Bundesbank nicht nur deshalb, weil Deutschland dies so wollte und über die Stärke seiner Währung durchsetzen konnte, sondern mindestens ebensosehr deshalb, weil sich die Unabhängigkeit der Bundesbank als überlegenes wirtschaftspolitisches Instrument zur Durchsetzung der Geldwertstabilität erwies.

Beide Bände zeichnen eindrucksvoll nach, wie Binnenakteure der deutschen Politik (keineswegs nur die Bundesländer) inzwischen nach Europa aufbrechen, um dort ihre Ziele und Interessen in Deutschland durchzusetzen. So werden Grabenkämpfe des deutschen Föderalismus längst auch in Brüssel ausgetragen, so bringt sich das Bundesverfassungsgericht vorsorglich gegen den Europäischen Gerichtshof in Position, und so pilgern Interessenverbände und Bürgerbewegungen längst nicht mehr nur nach Berlin, sondern auch nach Brüssel und Straßburg.

Die in den neunziger Jahren und bis in die Gegenwart hinein immer wieder virulenten Befürchtungen, Deutschland könne nach der Neugeburt des deutschen Nationalstaates entweder in Europa übermächtig werden oder ihm gar den Rücken zukehren, sind schlicht unrealistisch - sie verkennen die komplexen Realitäten der Europäisierung Deutschlands wie auch der Annäherung der europäischen Politik an deutsche Erfahrungen. Diese politischen Realitäten bringen die britischen Autoren auf einen griffigen Nenner: Es geht in Deutschland wie in Europa in der Politik heute um das "Management institutioneller Vielfalt". Kann das funktionieren?

Mit dieser Frage beschäftigen sich beide Bände überraschend wenig. Für das britische Team ist offenkundig, daß Deutschlands Europapolitik strategisch höchst erfolgreich ist, auch wenn sie ihr nicht selten widersprüchliches und taktisch wenig überzeugendes Auftreten durchaus erkennen. Für die Untersuchungen in dem deutschsprachigen Sammelband erscheint die Frage nach der systematischen Überforderung des Regierens in Europa geradezu wie ein Tabu, das sorgsam gemieden wird. Vielleicht ist jedoch gerade dies die wichtigste Frage für die Zukunftsfestigkeit der EU: Läßt sich Europa überhaupt noch regieren?

HANNS W. MAULL

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