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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.11.1997

Hinweis

ADORNO. Der Eindruck ist atemberaubend: ein halber laufender Meter in nachtblauem Schuber und Umschlag, zwanzig Bände in 23 Einzelbüchern, mehr als zehntausend Seiten, der komplette Nachdruck der Gesammelten Schriften von Theodor W. Adorno zum 25. Geburtstag der Wissenschaftstaschenbuchreihe des Suhrkamp Verlags. Keine Auswahl, kein Mittelweg nirgends, einfach alles. Hier wie nie hallt die Frage: Wer soll dieses "alles" lesen? Wir wohl nicht. Denn welcher wichtige Adorno-Text wäre denn noch nicht gelesen? Und um die Frühschriften werden wir mutmaßlich ebenso weiterhin einen Bogen machen wie um einiges der Musiktheorie. War im Falle Walter Benjamin, dem das letzte vergleichbare Projekt des Verlages galt, noch ein Autor erst in all seinen Verästelungen zu erkennen, so sind Adornos Bücher längst auch in die letzte Studierstube eingedrungen. Der Mann war Professor, das ist etwas anderes. Er war aber auch der wichtigste Ästhetiker des Jahrhunderts, einer der bedeutendsten Soziologen und ein Musikwissenschaftler von Rang - kurzum ein Philosoph mit seltener Bandbreite, die man jedoch zu kennen glaubt. Ist dem so? Derzeit erscheinen mit schöner Regelmäßigkeit Vorlesungen und Briefwechsel aus dem Nachlaß, die in der neuen Taschenbuchausgabe natürlich nicht enthalten sind. Diese Schriften müssen im Kontext des Werks erschlossen werden, um ihren Glanz zu entfalten. Zudem jährt sich 1999 der dreißigste Todestag, Biographien sind in Planung. Zeit somit, Adorno wiederzulesen. Weil das aber alle tun werden, reichen die Bibliotheksexemplare nicht aus. Und nun erschließt sich wundersam der Sinn der broschierten Ausgabe, die zu einem Spottpreis angeboten wird. Endlich der ganze Adorno im Regal, einfach alles. Und dann schlagen wir blindlings unser Lieblingsbuch auf, die "Ästhetische Theorie", die auf jeder Seite Kluges zu bieten hat, und lesen: "Der Begriff des Kunstwerks impliziert den des Gelingens." Diese neue Gesamtausgabe hat Anspruch auf die Bezeichnung "Kunstwerk", denn "das Mittlere ist schon das Schlechte". (Theodor W. Adorno: "Gesammelte Schriften". Zwanzig Bände in Kasette. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1997. Zus. 10806 S., br., 248,- DM.) apl

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