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Die wichtigsten Werke der großen Essayistin Margarete Susman Die Paradoxien der Moderne und die tiefen Zäsuren des 20. Jahrhunderts prägen Margarete Susmans Schreiben: Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg sieht sie rückblickend in der »Schuld unseres unpolitischen Lebens« stehen. Wenn sie im August 1918 in der »Frankfurter Zeitung« fragt: »Wo ist, wo lebt, was unsere großen Geister für uns gedacht, für uns gewollt haben?«, so antwortet sie darauf während der Weimarer Republik mit scharfen politischen Analysen. 1933 flieht Susman in die Schweiz und kehrt auch nach dem Krieg nicht nach Deutschland…mehr

Produktbeschreibung
Die wichtigsten Werke der großen Essayistin Margarete Susman Die Paradoxien der Moderne und die tiefen Zäsuren des 20. Jahrhunderts prägen Margarete Susmans Schreiben: Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg sieht sie rückblickend in der »Schuld unseres unpolitischen Lebens« stehen. Wenn sie im August 1918 in der »Frankfurter Zeitung« fragt: »Wo ist, wo lebt, was unsere großen Geister für uns gedacht, für uns gewollt haben?«, so antwortet sie darauf während der Weimarer Republik mit scharfen politischen Analysen. 1933 flieht Susman in die Schweiz und kehrt auch nach dem Krieg nicht nach Deutschland zurück.In ihrem Werk zeigt sich Susman als intellektuelle Zeugin einer westlichen Welt, die sich in einem halben Jahrhundert mehrmals selbst zerstörte. Heute sind ihre Schriften mit wenigen Ausnahmen nicht mehr verfügbar. Das ist umso erstaunlicher, als Susman eine der produktivsten deutschsprachigen Intellektuellen des vergangenen Jahrhunderts war. Das zeigen ihre Essays zu allen großen Fragen und Werken ihrer Zeit, Bücher zur modernen Lyrik, über die Bedeutung der Liebe, über die Frauen der Romantik, zum Buch »Hiob« und dem jüdischen Schicksal, biblischen Gestalten und schließlich die Autobiographie »Ich habe viele Leben gelebt«. Diese Ausgabe verdeutlicht, wie breit gefächert Susmans Schreiben und Wirken in der Öffentlichkeit war.» Mein ganzes Leben von Kindheit an war ein Erwachen aus einem immer erneuten Traum, und bei jedem Erwachen war die Welt und war ich eine andere geworden.« Margarete Susman: »Ich habe viele Leben gelebt«
Autorenporträt
Margarete Susman (1872-1966) war eine bedeutende Essayistin und Schriftstellerin, die die tiefen historischen Brüche im vergangenen Jahrhundert der Gewalt mit viel Mut reflektiert hat. Angesichts des Sturzes in 'die tiefste Barbarei' der Naziherrschaft waren die Exiljahre für sie ein unermüdliches Umdenken und Umschreiben aller überkommener Gewissheiten.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Wolfgang Matz empfiehlt die von Anke Gilleir und Barbara Hahn herausgegebenen Gesammelten Schriften der Schriftstellerin, Kritikerin und Philosophin Margarete Susmann. Susmann, die mit Celan und Scholem verkehrte, wird hier für den Leser erstmals als Rezensentin, Philosophin und Essayistin erfassbar, meint Matz, der das Nachwort der fünbändigen Ausgabe ausdrücklich lobt. Der Reichtum der Themen und Texte überrascht Matz, die Porträts von Stefan George und die Kafka-Deutung etwa erscheinen ihm weitsichtig. Wie Susmann ausgehend von Biografien immer wieder zu wichtigen philosophischen Fragen gelangt, findet er außerdem bemerkenswert. Nicht zuletzt ist es der alles andere als trockene Stil der Autorin, der Matz für dieses zu entdeckende Werk einnimmt.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.01.2023

Ihrer Zeit war sie oft weit voraus
Einladung zu einer Wiederentdeckung: Eine große Ausgabe präsentiert Margarete Susmans Schriften

Es geschieht selten, doch wenn es geschieht, ist es ein Ereignis. Ein Name, der über Jahrzehnte nur etwas war wie ein undeutlicher Schatten, verweist plötzlich auf eine fest umrissene Gestalt; aus einigen wenigen Titeln oder Zitaten wird plötzlich ein Werk. Ein solches Ereignis ist die Wiederentdeckung der Schriften von Margarete Susman.

Immer wieder begegnet einem ihr Name in den verschiedensten Zusammenhängen, doch zumeist als Randfigur in den Biographien berühmter Zeitgenossen: Sie stand in engem Kontakt mit Ernst Bloch und Georg Lukács, in lockerem mit Siegfried Kracauer; wurde geschätzt von Stefan George, verehrt von Karl Wolfskehl; mit Georg Simmel verband sie eine sowohl sachliche wie persönliche Freundschaft wie auch mit Martin Buber. Von ihren eigenen Werken blieb wenig im Gedächtnis, am längsten noch "Das Buch Hiob und das Schicksal des jüdischen Volkes", das im Jahr 1946 den Versuch einer religiösen Antwort auf die Schoah machte (F.A.Z. vom 3. Mai 2022). Und im gleichen Zusammenhang gab sie 1964 indirekt den Anstoß zu einer der heftigsten Kontroversen der deutschen Nachkriegszeit: Eine geplante Festschrift zu Susmans neunzigstem Geburtstag, "nicht nur als Huldigung, sondern auch als Dokument eines im Kern unzerstörbaren deutsch-jüdischen Gespräches", erregte die fassungslose Empörung von Gershom Scholem, der als eigenen Beitrag seinen legendären Brief drucken ließ: "Wider den Mythos vom deutsch-jüdischen Gespräch". Auch in dieser immer neu diskutierten Polemik erscheint Susmans Name letztlich nur in den Fußnoten. Und staunend steht man nunmehr vor dem Phänomen, dass hinter Randbemerkungen, Erwähnungen, Fußnoten ein Werk steht, das nun in fünf Bänden und fast dreitausend Seiten ediert wurde.

Margarete Susman wird 1872 in Hamburg geboren, in einer jüdischen, assimilierten Kaufmannsfamilie. 1883 geht die Familie nach Zürich. Die Tochter hat ein besonders enges Verhältnis zu ihrem Vater, der sie zwar in vieler Hinsicht fördert, ihr aber trotzdem, gefangen in den gesellschaftlichen Konventionen der Zeit, ein Studium verwehrt. Erst nach seinem Tod kann sie mit dem ersehnten Studium beginnen, zunächst Malerei in Düsseldorf, München und Paris, später dann Philosophie in München und Berlin. 1906 heiratet sie den Maler Eduard von Bendemann; die Ehe hielt bis 1928. 1933 emigriert sie in die Schweiz und lebt dort bis zu ihrem Tod 1966. In ihrer kleinen Züricher Dachwohnung arbeitet sie bis zuletzt, empfängt Besuche von alten und jungen Freunden, von Scholem bis Paul Celan. "Was Sie, verehrte Margarete Susman, geschrieben haben und noch schreiben", heißt es 1963 in einem Brief Celans, "zählt für mich zu jenen einmaligen Begegnungen, aus denen man lebt." Und dennoch, trotz solcher gewichtigen Stimmen gerät der Name in Vergessenheit.

"Während ihren männlichen Weggefährten längst gute Ausgaben gewidmet worden waren, blieben ihre Arbeiten verstreut", schreiben die Herausgeberinnen in ihrem ausgezeichneten einführenden Nachwort. Und natürlich haben sie recht, denn auch der Nachruhm ist in der "extrem männlichen europäischen Kultur", wie Susman selbst sie nennt, lange Zeit eine sehr männliche Sache. Doch nicht nur der Nachruhm, Susmans Leben ist von Anfang an dadurch bestimmt, dass hier eine Frau ihren Weg in männlich dominierten Domänen geht, in der Literatur und vor allem in der Philosophie. Die frühen Urteile, die man hier und da in Briefen findet, die zwischen Bloch, Kracauer und Adorno gewechselt wurden, bekommen schnell den Ton der Überheblichkeit gegenüber einer, die eben doch nicht "dazugehört". Wie hätte ihre Laufbahn ausgesehen ohne das Verbot des Vaters? Mit einer systematischen Ausbildung? Eine Universitätslaufbahn wäre ihr damals trotzdem verwehrt geblieben.

Doch Susman hat, das zeigt die Summe der nun vorliegenden fünf Bände, die außergewöhnliche Breite ihrer Interessen, die man heute als interdisziplinär bezeichnen würde, ähnlich wie der sich sonst vollkommen anders entwickelnde Walter Benjamin aus der Unmöglichkeit, einen gebahnten intellektuellen Weg einzuschlagen, einen Gewinn gemacht: hat einen unabhängigen, zwischen Literatur und Wissenschaft schwebenden Stil geschaffen, hat die essayistische Form gleichrangig neben die strenge Abhandlung gestellt; und ganz eigen ist ihre Art, aus biographischen Darstellungen vorzudringen zu eminent philosophischen Fragen.

Bezeichnenderweise hat Susman als Lyrikerin begonnen, aber ihre Gedichte später fast als Privatsache behandelt, und sinnvollerweise konzentrieren sich die "Gesammelten Schriften" auf die Philosophin und Essayistin. Zwei Bände sammeln ihre zahlreichen Aufsätze und Rezensionen, drei enthalten die neun von ihr publizierten Bücher. Kaum auch nur zu skizzieren ist der hier erstmals zu entdeckende Reichtum der zahllosen Beiträge in Zeitungen und Zeitschriften. Den Anfang macht im September 1910 ein Porträt Stefan Georges in der Frankfurter Zeitung, mit dem sie seinen Respekt erwirbt. Viele der folgenden Artikel beweisen einen scharfen, vorausschauenden Blick: Sie zählt zu den ersten Rezensenten von Lukács' "Die Seele und die Formen", von Blochs Erstling "Geist der Utopie", von Franz Rosenzweigs "Stern der Erlösung", und 1929, lange vor der großen Kafka-Mode, publiziert sie mit "Das Hiob-Problem bei Franz Kafka" eine der frühesten substanziellen Deutungen des Pragers. Ganz und gar originell sind zu diesem Zeitpunkt ihre Berichte von den "Dekaden in Pontigny", den heute legendären Treffen der französischen Intellektuellen, und ihre Versuche, den in Paris lebenden Philosophen Bernard Groethuysen auch in Deutschland bekannt zu machen.

Zwei Schwerpunkte prägen Susmans Werk: das Judentum und die Stellung der Frau in der Moderne, zwei Themen, die auch lebensgeschichtlich ihre eigene Erfahrung reflektieren und die eng miteinander verbunden sind. In ihrem Buch "Frauen der Romantik" stehen Dorothea Mendelssohn-Schlegel und Rahel Levin-Varnhagen für beides, und auch hier lässt sich Susmans besondere Sicht auf diese geistesgeschichtlich bedeutende Konstellation ablesen. Susman nämlich beklagt nicht einfach, dass Dorothea Schlegel, Rahel Varnhagen oder Caroline Schlegel-Schelling neben ihren berühmten Männern kein eigenes schriftliches Werk geschaffen haben, sondern sie zeigt, dass der Lebensentwurf dieser Frauen, bei aller individuellen Problematik, etwas anderes will, eine eigenständige, nicht auf ein Werk, sondern auf das Leben ausgerichtete Verwirklichung der romantischen Idee einer Universalpoesie. Und verfolgt man ein wenig die heutige Forschung zu einer Gestalt wie Rahel, dann zieht man den Hut vor Susmans intellektueller Klarheit, die ihrer Zeit weit voraus war.

Und noch etwas zeigt sich dem heutigen Blick: Gegenüber einem häufig so trocken, bürokratisch und literaturfern gewordenen Wissenschaftston oder sogar -jargon liest man mit Wehmut eine Prosaautorin, die über "Das Wesen der modernen deutschen Lyrik", "Die geistige Gestalt Georg Simmels" oder "Goethe und Charlotte von Stein" - so drei ihrer gewichtigsten Bücher - in einem Stil zu schreiben vermag, der die literarische Nachbarschaft nicht scheuen muss. Gewiss, manches klingt inzwischen ungewohnt emphatisch, da und dort auch etwas blumig, aber auch bei vielen anderen Autoren weiß man schließlich umzugehen mit solchen zeitgebundenen Stileigentümlichkeiten.

1964, im Alter von zweiundneunzig Jahren und fast blind, schreibt Margarete Susman ihr letztes Buch, und man tut gut daran, die Autobiographie "Ich habe viele Leben gelebt" als Einführung in dieses beeindruckende Lebenswerk zu lesen. Aber sie ist weit mehr, ist die mit großem erzählerischen Sinn geschriebene Erinnerung an eine intellektuelle Zeit, die auch für Susman inzwischen schon vergangen ist: "Die Kultur, in der ich aufgewachsen bin, liegt wie eine ferne kleine Insel hinter mir." Im späten Rückblick begegnen einem noch einmal, und nun in ganz persönlicher Sicht, all die berühmten und unbekannten Namen, die dieses erstaunliche Leben und diese Epoche begleitet haben. In dieser Epoche, die viel lebendiger geblieben ist, als sie wohl ahnte, hat jetzt endlich auch Margarete Susman ihren angemessenen, weit sichtbaren Platz. WOLFGANG MATZ

Margarete Susman: "Gesammelte Schriften". Hrsg. von Anke Gilleir und Barbara Hahn.

Wallstein Verlag, Göttingen 2022. 5 Bände im Schuber, zus. 2900 S., geb., 148,- Euro.

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»In dieser Epoche, die viel lebendiger geblieben ist, als sie wohl ahnte, hat jetzt endlich auch Margarete Susman ihren angemessenen, weit sichtbaren Platz.« (Wolfgang Matz, FAZ, 06.01.2022) »skrupulös ediert( ) und wunderbar gestaltet( ). (W)elch eine Empathie, was für ein Verstehen-Wollen der anderen, deren Einzigartigkeit (Susman) derart subtil erspürt.« (Marko Martin, Jüdische Allgemeine, 27.01.2022) »Die nichtfiktionalen Schriften der zwar nicht studierten (Frauen waren in Deutschland noch bis ins 20. Jahrhundert hinein nicht zum Studium zugelassen), dafür aber umso klügeren Religionsphilosophin, Kulturtheoretikerin und Essayistin Margarete Susman wieder zugänglich gemacht zu haben, ist ein nicht geringes Verdienst, das sich Anke Gilleir und Barbara Hahn auf die Fahnen schreiben können. Es sei ihnen gedankt.« (Rolf Löchel, literaturkritik.de, 16.02.2023) »Eine längst überfällige Werkausgabe erschließt die einzigartigen Schriften der jüdischen Denkerin Margarete Susman, (...) von Anke Gilleir und Barbara Hahn sorgfältig kommentiert« (Stefan Ripplinger, konkret, 5/23)