Das Sammeln und Exzerpieren von Büchern zur Herstellung neuer Bücher wird hier mit der Einrichtung von Wunderkammern und Naturalienkabinetten in Verbindung gebracht. Virtuosi nannten sich - entgegen der heutigen Bedeutung des Worts - die Realiensammler und Philosophen aus dem Umkreis der Royal Society. Ihnen werden die Zettelpoeten gegenüber gestellt, die als poetae docti zunächst großes Ansehen besaßen, bevor sie ihr Renommee an die Vertreter der Genieästhetik abgeben mussten. Während die res-Sammlungen im Laufe des 18. Jahrhunderts ihre Bedeutung als Organe wissenschaftlicher Erkenntnis verloren und nur noch in Spezialsammlungen, etwa als Kunstmuseen, überlebten, erlangten die verba-Sammlungen in der Poesie, vor allem in Zeiten der Moderne, einen neuen Stellenwert bei der Genese literarischer Texte. Das Buch handelt vom Sammeln und ist selber als Sammlung angelegt. Zu den Zettelpoeten, die genauer untersucht werden, gehören Jeremias Drexel, Jean Paul, Ernst Bloch, Walter Benjamin, Ludwig Hohl, Arno Schmidt und Rainald Goetz.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Was Philologie in Verbindung mit kulturgeschichtlicher Analyse vermag, lernt Rudolf Walther anhand dieser Studie von Ulrich Stadler und Magnus Wieland über "Zettelpoeten" von Jean Paul über Arno Schmidt bis Rainald Goetz. Gelehrt und elegant zugleich zeigen ihm die Autoren Möglichkeiten und Abgründe des schriftstellerischen Arbeitens mit mehr oder weniger als solche ausgewiesenen fremden Texten. Statt juristisch argumentieren die Autoren ästhetisch, akribisch-präzis am Text, erläutert Walther.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH