Der Band dokumentiert acht Seminare, die Heidegger im Laufe seiner langjährigen Lehrtätigkeit an den Universitäten Marburg und Freiburg über Platon, Aristoteles und Augustinus abgehalten hat. Dabei stellen die erhaltenen Aufzeichnungen und Protokolle, um mit Heideggers eigenen Worten zu sprechen, "wichtigste Ergänzungen" dar zu dem, was wir aus seinen bisher veröffentlichten Werken und Vorlesungen über seine Auseinandersetzung mit den genannten Denkern wissen. So erweitert im Falle Platons die schwerpunktmäßige Hinwendung zu den Dialogen "Parmenides" (1930/31) und "Phaidros" (1932) das Spektrum uns bekannter Platoninterpretationen Heideggers wesentlich. Von Augustinus ist es die Untersuchung über die Zeit im Buch XI der "Confessiones" (1930/31), deren Interpretation nun endlich die von Heidegger wiederholt gegebenen Hinweise auf die große Bedeutung der augustinischen Zeitanalyse für die phänomenologische Destruktion der Geschichte des Zeitbegriffs ein Stück weit einlöst. Schließlich wird Heideggers besonders inniges Verhältnis zu Aristoteles durch die relative Häufigkeit und Kontinuität bestätigt, mit der er aristotelische Texte in den Mittelpunkt seiner Seminare gestellt hat. Die Interpretation der Bewegungsanalyse im Buch der "Physik" (1928) nimmt die Thematik wieder auf, mit der Heideggers große Aristoteles-Vorlesung vom Sommersemester 1924 (GA 18) endete. Die Interpretation von Abschnitten aus den Büchern und der "Metaphysik" (1944) entfaltet die charakteristisch aristotelische Weise der Frage nach dem Sein und stellt diese in den Kontext der nachfolgenden metaphysischen Tradition bis zu Hegel und Nietzsche. Die drei "Übungen im Lesen" (1950/51, 1951, 1951/52), mit denen sich Heidegger nach der ihm auferlegten Unterbrechung seiner Lehrtätigkeit wieder bei den Studenten einführt hat, belegen eindrucksvoll, wie sehr sein Denken des Wesens der neuzeitlichen Technik auch in einer genauen Analyse des Begriffs der Kausalität gegründet war, der aus deraristotelischen "Physik" her für die ganze Geschichte der Philosophie schicksalhaft wurde.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Mit großem Interesse hat Rezensent Jürgen Busche den nun erschienenen 83. Band der Heidegger-Gesamtausgabe gelesen. Er folgt dem Rat des Herausgebers Mark Michalski, zunächst die Protokolle im Anhang zu den Seminaren von 1929 bis 1952 über Platon, Aristoteles und Augustinus zu lesen, die etwa von Heidegger-Schülern wie Ernst Tugendhat, Wilhelm Weischedel oder Ernst Nolte verfasst wurden. Dabei erhält der Kritiker zwar ein lebendiges Bild der Seminarverläufe und erkennt, wie Heidegger seine Studenten zum eigenständigen Denken bewegte, muss zugleich aber auch feststellen, dass er zu Heidegger selbst nur über die Lektüre seiner eigenen Notizen vordringt. Busche empfiehlt darüber hinaus - ganz im Sinne Heideggers - zumindest die berühmten Passagen etwa aus Augustinus' "Confessiones", Platons "Phaidros" und Aristoteles "Physik" und "Metaphysik" auf Griechisch gelesen zu haben. Wer diese Voraussetzungen erfüllt, wird mit Gewinn erfahren, wie Heidegger die Texte sorgfältig abschreitet und von allen Seiten betrachtet, versichert der Kritiker.
© Perlentaucher Medien GmbH
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