Mit diesem Buch erhält der Leser eine eindringliche Innensicht in eine wenig bekannte Episode des Holocaust. Es erzählt die Geschichte eines Juden, der den Mut und die Geisteskraft hatte, den nationalsozialistischen Mördern die Stirn zu bieten und Tausende vor einem elenden Tod zu bewahren, bevor er selbst ermordet wurde. Es schildert auch die moralische Debatte, die Rezsö Kasztner durch seine "Geschäfte mit dem Teufel" in der jüdischen Welt ausgelöst hat.
Zwei Monate nach seinem elften Geburtstag, am 9. Juli 1944, schlossen sich die Tore von Bergen-Belsen hinter Ladislaus Löb. Fünf Monate später übertrat er die Grenze zur Schweiz, verfroren und hungrig, aber lebendig und sicher. Er war nicht alleine, sondern gehörte zu einer Gruppe von 1.670 jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus Ungarn, die vor der Ermordung gerettet wurden - durch ein Geschäft, das Reszö Kasztner, selbst ungarischer Jude, mit den Nazis ausgehandelt hatte. In zähen Verhandlungen feilschte er über Monate mit Adolf Eichmann, Kurt Becher und anderen: Menschenleben gegen Valuten, Schmuck, Lastwagen und weitere Waren. Zwölf Jahre und einen Justizirrtum später wurde Kasztner von einer Bande jüdischer Extremisten in Israel ermordet. Bis heute ist Rezsö Kasztner eine ambivalente Figur - von den einen als Verräter verachtet und von vielen anderen als Held verehrt.
Dieses Buch erzählt die Geschichte eines Mannes, der Hunderte - möglicherweise sogar Tausende - vor dem Holocaust gerettet hat. Es berichtet zugleich vom Schicksal eines Kindes, das dank Kasztners Handeln den Holocaust überlebte. In einem fesselnden Nebeneinander aus Geschichte und Erinnerung folgt das Buch Kasztners Weg von seinen Verhandlungen mit den Nazis bis zu dem umstrittenen Prozess in Israel und seiner Ermordung.
Zwei Monate nach seinem elften Geburtstag, am 9. Juli 1944, schlossen sich die Tore von Bergen-Belsen hinter Ladislaus Löb. Fünf Monate später übertrat er die Grenze zur Schweiz, verfroren und hungrig, aber lebendig und sicher. Er war nicht alleine, sondern gehörte zu einer Gruppe von 1.670 jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus Ungarn, die vor der Ermordung gerettet wurden - durch ein Geschäft, das Reszö Kasztner, selbst ungarischer Jude, mit den Nazis ausgehandelt hatte. In zähen Verhandlungen feilschte er über Monate mit Adolf Eichmann, Kurt Becher und anderen: Menschenleben gegen Valuten, Schmuck, Lastwagen und weitere Waren. Zwölf Jahre und einen Justizirrtum später wurde Kasztner von einer Bande jüdischer Extremisten in Israel ermordet. Bis heute ist Rezsö Kasztner eine ambivalente Figur - von den einen als Verräter verachtet und von vielen anderen als Held verehrt.
Dieses Buch erzählt die Geschichte eines Mannes, der Hunderte - möglicherweise sogar Tausende - vor dem Holocaust gerettet hat. Es berichtet zugleich vom Schicksal eines Kindes, das dank Kasztners Handeln den Holocaust überlebte. In einem fesselnden Nebeneinander aus Geschichte und Erinnerung folgt das Buch Kasztners Weg von seinen Verhandlungen mit den Nazis bis zu dem umstrittenen Prozess in Israel und seiner Ermordung.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.11.2010Freikauf
Rettung von Juden 1944
Die Verhandlungen zwischen führenden Nationalsozialisten und jüdischen Repräsentanten zwischen 1933 und 1945 gehören zu den geheimnisumwitterten Themen der Zeitgeschichte. Nach der grundlegenden Untersuchung des israelischen Historikers Yehuda Bauer, die 1996 in deutscher Übersetzung erschien ("Freikauf von Juden?"), berichtet jetzt ein Zeitzeuge einfühlsam und spannend über den Transfer von 1670 jüdischen Männern, Frauen und Kindern im Jahr 1944 aus Ungarn via Bergen-Belsen in die Schweiz. Während sich Bauer auf eine breite Quellenbasis stützte, besticht das Buch von Ladislaus Löb durch persönliche Erfahrungen: "Mein Buch erzählt die Geschichte eines Juden, der den Mut und die Geisteskraft hatte, den nationalsozialistischen Mördern die Stirn zu bieten und Tausende vor einem elenden Tod zu bewahren. Es beschreibt, wie die Menschen in Bergen-Belsen sich am Leben festklammerten, bis Kasztner sie im letzten Moment freikaufte. Ohne diesen Mann hätte auch ich meinen zwölften Geburtstag nicht erlebt."
Die Rede ist von Rezsö Kasztner, einem couragierten Journalisten und führenden Kopf der zionistischen Bewegung in Ungarn, der 1944 mit den SS-Führern Adolf Eichmann und Kurt Becher in Budapest über Menschenleben gegen Geld und Warenlieferungen verhandelte. Angeblich sei die SS bereit gewesen, gegen 10 000 Lastwagen das Leben einer Million Juden zu schonen. Schließlich, nach mehreren Täuschungsmanövern und auf Geheiß Himmlers, bewilligte Eichmann für ein Lösegeld von 1000 Dollar pro Person die Auswanderung von knapp 1700 ungarischen Juden. Dieser privilegierten Gruppe gehörte auch der elfjährige Ladislaus Löb an. Himmlers Bereitschaft zu dieser Geste ist vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden deutschen Niederlage zu sehen, wahrscheinlich in der Hoffnung auf einen Separatfrieden mit den westlichen Alliierten. Kasztner wurde 1957 von einem Extremisten in Israel erschossen. Manchen galt er als Kollaborateur und Verräter, weil er mit der SS paktiert hatte, vielen anderen aber als Retter und Held. Löb studierte nach dem Zweiten Weltkrieg Anglistik und Germanistik. Zuletzt war er Professor für deutsche Sprache und Literatur in Brighton (England).
HANS-JÜRGEN DÖSCHER
Ladislaus Löb: Geschäfte mit dem Teufel. Die Tragödie des Judenretters Rezsö Kasztner. Bericht eines Überlebenden. Böhlau Verlag, Köln 2010. 277 S., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Rettung von Juden 1944
Die Verhandlungen zwischen führenden Nationalsozialisten und jüdischen Repräsentanten zwischen 1933 und 1945 gehören zu den geheimnisumwitterten Themen der Zeitgeschichte. Nach der grundlegenden Untersuchung des israelischen Historikers Yehuda Bauer, die 1996 in deutscher Übersetzung erschien ("Freikauf von Juden?"), berichtet jetzt ein Zeitzeuge einfühlsam und spannend über den Transfer von 1670 jüdischen Männern, Frauen und Kindern im Jahr 1944 aus Ungarn via Bergen-Belsen in die Schweiz. Während sich Bauer auf eine breite Quellenbasis stützte, besticht das Buch von Ladislaus Löb durch persönliche Erfahrungen: "Mein Buch erzählt die Geschichte eines Juden, der den Mut und die Geisteskraft hatte, den nationalsozialistischen Mördern die Stirn zu bieten und Tausende vor einem elenden Tod zu bewahren. Es beschreibt, wie die Menschen in Bergen-Belsen sich am Leben festklammerten, bis Kasztner sie im letzten Moment freikaufte. Ohne diesen Mann hätte auch ich meinen zwölften Geburtstag nicht erlebt."
Die Rede ist von Rezsö Kasztner, einem couragierten Journalisten und führenden Kopf der zionistischen Bewegung in Ungarn, der 1944 mit den SS-Führern Adolf Eichmann und Kurt Becher in Budapest über Menschenleben gegen Geld und Warenlieferungen verhandelte. Angeblich sei die SS bereit gewesen, gegen 10 000 Lastwagen das Leben einer Million Juden zu schonen. Schließlich, nach mehreren Täuschungsmanövern und auf Geheiß Himmlers, bewilligte Eichmann für ein Lösegeld von 1000 Dollar pro Person die Auswanderung von knapp 1700 ungarischen Juden. Dieser privilegierten Gruppe gehörte auch der elfjährige Ladislaus Löb an. Himmlers Bereitschaft zu dieser Geste ist vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden deutschen Niederlage zu sehen, wahrscheinlich in der Hoffnung auf einen Separatfrieden mit den westlichen Alliierten. Kasztner wurde 1957 von einem Extremisten in Israel erschossen. Manchen galt er als Kollaborateur und Verräter, weil er mit der SS paktiert hatte, vielen anderen aber als Retter und Held. Löb studierte nach dem Zweiten Weltkrieg Anglistik und Germanistik. Zuletzt war er Professor für deutsche Sprache und Literatur in Brighton (England).
HANS-JÜRGEN DÖSCHER
Ladislaus Löb: Geschäfte mit dem Teufel. Die Tragödie des Judenretters Rezsö Kasztner. Bericht eines Überlebenden. Böhlau Verlag, Köln 2010. 277 S., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Urs Hafner hat Ladislaus Löbs Buch "Geschäfte mit dem Teufel" mit Interesse gelesen, das der Geschichte des Rezsö Kasztner nachgeht, der 1944 im besetzten Budapest im Handel mit den Nazis 1670 ungarische Juden rettete. Drei Geschichten seien in diesem Buch enthalten, so der Rezensent: einmal über Kasztner, dann die über Ladislaus Löb selbst, denn er war einer der geretteten Juden, und - in Ansätzen zumindest - über den Staat Israel (hier wurde Kasztner später wegen angeblicher Kollaboration verurteilt). Die Geschichte Kasztners werde zwar nicht zum ersten Mal erzählt, so Hafner, doch das Bestechende sei Löbs persönliches Motiv. Die Rehabilitation Kasztners durch diese Veröffentlichung sei gleichsam eine Selbstvergewisserung für den einst durch Kasztner geretteten Autor.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH