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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.12.2009

Bücherhäuser

Als die Bomben des Zweiten Weltkriegs die Decken der Holland Library in London niederrissen und das Mobiliar in Stücke schlugen, stiegen drei Männer mit schwarzen Hüten und langen Mänteln über die Trümmer, um ihre Blicke über einige der wundersamerweise erhaltenen Bücherregale schweifen zu lassen. Offensichtlich wussten sie gar nicht recht, wonach sie suchten, und nur weil einer von ihnen eine instruktive Seite aufschlug, klärten sich mit den Antworten auch die Fragen. Nichts kann die unverwechselbare Funktion von Bibliotheken bei der Vermittlung und Produktion von Wissen besser bezeichnen als dieses Foto, das Uwe Jochum seiner Geschichte der Bibliotheken beigegeben hat. Jochum verteidigt die Bücherhäuser gegen eine ohne Alternative verfolgte, global betriebene Digitalisierung und legt deren Risiken sachkundig dar. Alles, was wir an bedeutsamen Traditionen uns aneignen, sei hingegen wie das Buch an Materialität gebunden, die einen intersubjektiven "Handlungs- und Sprachraum als Basis unseres Sinn-und-Bedeutung-Machens" schaffe. Ob allerdings, wie er behauptet, die Theoretiker und Praktiker des Digitalen die spätantike Gnosis aufleben lassen, um mit ihrer fatalen Botschaft der Erlösung von der Welt mit Buch und Bibliothek auch die Welt selbst zu zerstören, die doch der einzige Ort sei, an dem "wir Menschen leben können" - darüber mag sich der Leser selbst ein Urteil bilden. (Uwe Jochum: "Geschichte der abendländischen Bibliotheken". Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010. 160 S., zahlr. Abb., geb., 39,90 [Euro].) borg

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Uwe Jochums Bibliotheksgeschichte findet bei Hans-Albrecht Koch großen Zuspruch, und er freut sich nachdrücklich, dass der Konstanzer Bibliothekar sich hier nicht nur an ein Fachpublikum wendet, sondern auch den "interessierten Laien" anspricht. Ansprechend findet der Rezensent Jochums Kapiteleinteilung, die völlig zu Recht, wie der Rezensent betont, bei der Höhlenmalerei einsetzt und bis zur modernen Bibliothek von heute reicht. Koch teilt mit dem Autor übrigens die Vorbehalte gegenüber immer neuen Speicherungs- und Vernetzungsmoden im Bibliothekswesen und stimmt ihm zu, wenn er auf die Verluste hinweist, die damit einhergehen. Ein kleines Manko sieht der Rezensent im, wie er findet, allzu knappen Register, in dem beispielsweise ein Begriff wie "Public Library" fehlt, die er in ihrer amerikanischen Form übrigens auch im Buch nicht ausreichend beachtet sieht. Davon abgesehen aber würdigt er das Buch als wertvollen Beitrag, der "weite bildungsgeschichtliche Horizonte" eröffnet.

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