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Von Alexander Gottlieb Baumgarten über Kant, Schiller und Nietzsche bis hin zu Jacques Derrida - Norbert Schneider führt von der Aufklärung bis zur Postmoderne durch die Geschichte der Ästhetik und erläutert dabei alle wichtigen Grundgedanken und Konzepte.

Produktbeschreibung
Von Alexander Gottlieb Baumgarten über Kant, Schiller und Nietzsche bis hin zu Jacques Derrida - Norbert Schneider führt von der Aufklärung bis zur Postmoderne durch die Geschichte der Ästhetik und erläutert dabei alle wichtigen Grundgedanken und Konzepte.
Autorenporträt
Norbert Schneider ist Professor für Kunstgeschichte an der Universität Karlsruhe.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.07.1996

Scharmützel der Schönheit
Die Geschichte der Ästhetik ist ein ewiger Kampf, der aber an Norbert Schneider vorbeigeht

Vor der Ästhetik gab es die kosmologische Schönheit. Im christlichen Europa des Mittelalters hatte die Welt schön zu sein, denn sie gehörte der göttlichen Schöpfung als Ganzes an, die auch allen Teilen einen Abglanz ihrer Pracht zugestand. Mit der Aufklärung nahte die Entzauberung. Der "Ausgang aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit" wurde zum Einlaßtor für den Zweifel am Schönen. Alsbald beschränkte sich seine Erörterung auf Artefakte, die Natur büßte ihre Rolle als Maßstab des Schönen mehr und mehr ein. Das schaffende Genie als Beherrscher der Natur (allerdings qua Naturbegabung) löste den kontemplativen Bewunderer der Genesis ab.

Nach dem eigentlichen Geburtsakt der Ästhetik, der Publikation von Alexander Gottlieb Baumgartens gleichnamigem Werk anno 1750, wuchs der neue Sproß der philosophischen Familie erstaunlich schnell heran. Bereits 1790 erreichte die neue Disziplin in Kants "Kritik der Urteilskraft" einen später nur von Hegels Vorlesungen zur Ästhetik erreichten Stand. Alle Ästhetiken stehen seitdem im Schatten dieser beiden Ahnherren der Zunft. Eine "Geschichte der Ästhetik", wie sie Norbert Schneider jetzt in kompakter Form vorgelegt hat, ist vor allem die Beschreibung des Kampfes der jüngeren Autoren mit den übermächtigen Vorläufern. Von diesem Ringen indes spürt man in Schneiders Buch herzlich wenig.

Denn es beschränkt sich auf eine mehr oder minder chronologische Aneinanderreihung von Porträts einzelner Ästhetiken von Baumgarten bis Derrida. So erhält der Leser einen durchweg fundierten Überblick über die prominentesten Positionen der letzten zweieinhalb Jahrhunderte inklusive einiger wenig beachteter Seitenlinien (Gustav Theodor Fechners Psychophysik, Theodor Lipps Einfühlungslehre, Roman Ingardens Rezeptionsästhetik). Doch die Unterströmungen im Fluß der Ästhetik kommen nicht an die Oberfläche, das Gewässer dümpelt dahin, von der Gewalt der tieferen Schichten ist nichts zu sehen.

Der lobenswerten Erweiterung des gängigen Kanons entspricht leider auch - vermutlich bedingt durch den geringen Umfang des Buches - eine Vernachlässigung schier unverzichtbarer Autoren. Die generell vertretbare, aber hier doch übersteigerte Konzentration auf deutsche Fachvertreter hätte gerade zu Beginn der Disziplin durch eine Erörterung von Edmund Burke gemildert werden können. Später vermißt man schmerzlich Kierkegaard und Marx, zumal wenn Sigmund Freud mit der Begründung Eingang in die Liste findet, daß er allein schon durch seine Wirkung zu den Klassikern der Ästhetik zähle. Schneider selbst hatte zuvor bei Lukàcs, Benjamin, Adorno, ja selbst bei Heidegger oft genug die Wichtigkeit der Marxschen Philosophie für deren Theorien betont. Terry Eagleton hat in seiner vor sechs Jahren in England erschienenen Ästhetikgeschichte Marx und Freud wesentliche Rollen zugestanden, seine Arbeit wirkt deshalb ausgewogener.

Doch die eigentliche Stärke Schneiders liegt da, wo Eagleton kursorisch blieb: bei der Berücksichtigung der auf dem europäischen Kontinent unterschätzten amerikanischen Ästhetikvertreter (Dewey, Goodman und Danto) und bei den Poststrukturalisten und Dekonstruktivisten, die mit Barthes und Derrida das Buch beschließen. Haben Benjamin und Adorno vielleicht die typischen Ästhetiken für unser Jahrhundert geschrieben, die in ihrem jeweils ungewollten Fragmentarismus die Brüche der aktuellen Avantgarde aufnahmen, so haben die französischen Philosophen in der Nachfolge von und dann gegen Lévi-Strauss' Strukturalismus die Ästhetik auf einen Stand gehoben, den die Kunst, abgesehen von der Literatur, erst noch erreichen muß: die prinzipielle Infragestellung des Weltzusammenhangs. Hier ist ein Punkt erreicht, der der mittelalterlichen kosmologischen Ordnung entgegengesetzt ist und doch erstmals wieder einen allumfassenden Ansatz präsentiert, der allerdings das Ende aller Doktrin verkündet. Hier werden die ersten erfolgversprechenden Gefechte gegen die Klassiker geführt, weil die neuen Soldaten der Ästhetik sich ihre Verbündeten überall suchen können.

Mit Schneiders Buch erhält der Beobachter dieser Scharmützel einen hilfreichen Verbündeten, der über Kampfstärke und Taktik der Beteiligten fundiert Auskunft zu geben versteht. Es ermangelt nur etwas an einer Analyse des eigentlichen Kampfgeschehens. All die Haudegen in dieser Geschichte scheinen lieber den Pflug als das Schwert führen zu wollen, doch diese Friedfertigkeit nimmt man ihnen nicht ab. ANDREAS PLATTHAUS

Norbert Schneider: "Geschichte der Ästhetik von der Aufklärung bis zur Postmoderne". Reclam Verlag, Stuttgart 1996. 352 S., br., 15,- DM.

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Das beherrschen nur wenige, die Kunst der Einführung. Zu ihnen gehört sicherlich Norbert Schneider, und er beweist es mit seiner Geschichte der Ästhetik von der Aufklärung bis zur Postmoderne. Paradigmatisch nennt er diese Einführung, und das heißt vor allem auch pragmatisch: statt programmatischem Drumherum gibt es klare Fakten und präzise Zitate, immer medias in res. Kein leeres Dozieren, jeder Satz sitzt (...). Am Ende gibt es denn auch kein selbstgefälliges "Jetzt weiß ich es" beim Leser, sondern vor allem eine gewaltige Lust, selber weiterzulesen, sich heranzumachen an die Originaltexte. Süddeutsche Zeitung