Seit jeher umgibt die Alchemie die Aura des Geheimnisvoll-Verbotenen. Hervorgegangen in der Antike aus der gegenseitigen Durchdringung der ägyptischen und griechischen Kultur, war die Alchemie, wie ihre spannende und wechselvolle Geschichte zeigt, nie nur praktische Laborarbeit, etwa den Stein der Weisen herzustellen. Vielmehr erschuf sie zugleich ein Weltbild, in dem Mensch und Natur, Geist und Materie aufs Engste miteinander verwoben sind. Nicht zuletzt dies ist der Grund für die bis heute anhaltende Faszination am alchemistischen Denken.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.04.2011NEUE TASCHENBÜCHER
Alchemie – ein Amalgam aus
Handwerk und Mystik
Auf rund fünfhundert Bände ist sie, grob geschätzt, inzwischen angewachsen, die Bibliothek „C.H. Beck Wissen“. Sie liegen leicht in der Hand und fallen schwer ins Gewicht. Zu den jüngsten Titeln gehören „Geschichte der Alchemie“ von Claus Priesner und „Okkultimsus – Geheimlehren, Geisterglaube, magische Praktiken“ von Sabine Doering-Manteuffel.
Gerade der Alchemie tut es gut, wenn sie einmal in Kontext und Reihenfolge der Geschichte dargestellt wird. Da erfährt man, dass keineswegs die alten Ägypter ein seither immer bloß verwässertes Urwissen besaßen, sondern höchst pragmatisch nur Ratschläge für die Fälschung von Purpur, Edelsteinen und Metallen erteilten. Erst durch die Philosophie der Spätantike kamen die rätselvollen Weisheitslehren hinzu, die die Alchemie zum Amalgam (ein eminent alchemistischer Begriff!) aus Handwerk und Mystik machten. Man erfährt Bemerkenswertes über Rabenhaupt und Pfauenschweif und junge Königin, über „Mercurius“ und „Sulphur“ oder den Stein der Weisen in seiner Gestalt des Trinkbaren Goldes (aurum potabile). Am aufschlussreichsten erweist der Band sich dort, wo er davon handelt, wie die Alchemie den Weg zur modernen Chemie fand, wie schwer es den Forschern etwa fiel, den altüberlieferten Begriff des „Elements“ neu zu fassen. Hier gab es einmal keinen „Paradigmawechsel“, sondern ein langsames, mühevolles Hinüberwachsen in eine neue Form des Wissens.
Nicht ganz so erhellend wirkt der Band über Okkultismus. Dies liegt daran, dass er unter seinem Schlagwort ohne historische Perspektivierung so ziemlich alles versammelt, was es an Magie, Volks- und Aberglaube im Lauf der Jahrtausende gegeben hat. Was die doch vor allem interessierende Entwicklung der letzten zwei Jahrhunderte angeht, als okkulte Lehren sich in bewusstem Gegensatz zum herrschenden wissenschaftlichen Weltbild formierten, begnügt sich die Autorin mit der achselzuckenden Feststellung „Nil novi sub sole“ – nichts Neues unter der Sonne. Das ist dann ein allzu anspruchsloser Befund.
Burkhard Müller
Claus
Priesner: Geschichte der Alchemie.
Verlag C. H. Beck, München 2011. 128 Seiten, 8,95 Euro.
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Alchemie – ein Amalgam aus
Handwerk und Mystik
Auf rund fünfhundert Bände ist sie, grob geschätzt, inzwischen angewachsen, die Bibliothek „C.H. Beck Wissen“. Sie liegen leicht in der Hand und fallen schwer ins Gewicht. Zu den jüngsten Titeln gehören „Geschichte der Alchemie“ von Claus Priesner und „Okkultimsus – Geheimlehren, Geisterglaube, magische Praktiken“ von Sabine Doering-Manteuffel.
Gerade der Alchemie tut es gut, wenn sie einmal in Kontext und Reihenfolge der Geschichte dargestellt wird. Da erfährt man, dass keineswegs die alten Ägypter ein seither immer bloß verwässertes Urwissen besaßen, sondern höchst pragmatisch nur Ratschläge für die Fälschung von Purpur, Edelsteinen und Metallen erteilten. Erst durch die Philosophie der Spätantike kamen die rätselvollen Weisheitslehren hinzu, die die Alchemie zum Amalgam (ein eminent alchemistischer Begriff!) aus Handwerk und Mystik machten. Man erfährt Bemerkenswertes über Rabenhaupt und Pfauenschweif und junge Königin, über „Mercurius“ und „Sulphur“ oder den Stein der Weisen in seiner Gestalt des Trinkbaren Goldes (aurum potabile). Am aufschlussreichsten erweist der Band sich dort, wo er davon handelt, wie die Alchemie den Weg zur modernen Chemie fand, wie schwer es den Forschern etwa fiel, den altüberlieferten Begriff des „Elements“ neu zu fassen. Hier gab es einmal keinen „Paradigmawechsel“, sondern ein langsames, mühevolles Hinüberwachsen in eine neue Form des Wissens.
Nicht ganz so erhellend wirkt der Band über Okkultismus. Dies liegt daran, dass er unter seinem Schlagwort ohne historische Perspektivierung so ziemlich alles versammelt, was es an Magie, Volks- und Aberglaube im Lauf der Jahrtausende gegeben hat. Was die doch vor allem interessierende Entwicklung der letzten zwei Jahrhunderte angeht, als okkulte Lehren sich in bewusstem Gegensatz zum herrschenden wissenschaftlichen Weltbild formierten, begnügt sich die Autorin mit der achselzuckenden Feststellung „Nil novi sub sole“ – nichts Neues unter der Sonne. Das ist dann ein allzu anspruchsloser Befund.
Burkhard Müller
Claus
Priesner: Geschichte der Alchemie.
Verlag C. H. Beck, München 2011. 128 Seiten, 8,95 Euro.
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"Wunderschöner kleiner Band."
Katharina Teutsch, Deutschlandfunk, 05. April 2017
Katharina Teutsch, Deutschlandfunk, 05. April 2017