Georg Fülberth beschreibt die Entwicklung des bürgerlichen Deutschland seit 1945 als eine Art Selbstbefreiungskampf des deutschen Kapitalismus aus der Sicherungsverwahrung, die ihm 1945 auferlegt wurde. 1990 wechselte das Vorzeichen: aus einer scheinbar subalternen Position innerhalb der Westintegration heraus bahnte sich eine ökonomische und zum Teil auch politische Dominanz Deutschlands in Europa an. Dies ist die eine Seite. Die andere besteht aus den Kämpfen um mehr gesellschaftliche Gleichheit und um eine friedliche Entwicklung. Hier lassen sich mehrere Perioden unterscheiden: Bis 1973 gab es im Goldenen Zeitalter des Wohlfahrtskapitalismus relativ weite Spielräume, zu denen auch der Systemkonflikt beitrug. Der Übergang zum finanzmarktgetriebenen Kapitalismus ab Mitte der siebziger Jahre und der Wegfall des Drucks, der vom staatlich verfassten Sozialismus ausging, haben sie verengt. Die Ungleichheit nimmt zu. Ebenso wächst eine aggressive Tendenz in der Außenpolitik.