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Fünfzig Jahre nach der Gründung der BRD bietet das Buch erstmals eine umfassende Gesamtdarstellung ihrer Geschichte von der Teilung Deutschlands bis zur Wiedervereinigung. Der Autor schildert die wichtigsten Stationen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur und zugleich die Ereignisse und Persönlichkeiten, die die BRD dauerhaft geprägt haben. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Frage nach den Grundlagen ihrer bisherigen Stabilität.

Produktbeschreibung
Fünfzig Jahre nach der Gründung der BRD bietet das Buch erstmals eine umfassende Gesamtdarstellung ihrer Geschichte von der Teilung Deutschlands bis zur Wiedervereinigung. Der Autor schildert die wichtigsten Stationen in Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur und zugleich die Ereignisse und Persönlichkeiten, die die BRD dauerhaft geprägt haben. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Frage nach den Grundlagen ihrer bisherigen Stabilität.
Autorenporträt
Manfred Görtemaker, 1951 geboren, Studium der Geschichte, Politikwissenschaft und Publizistik in Münster und Berlin, Ausbildung als Journalist. John F. Kennedy Memorial Fellow an der Harvard University. Krupp Foundation Senior Associate am Institute For East-West Security Studies in New York. 1994 - 1995 Prorektor der Universität Potsdam. Seit 1993 Professor für Neuere Geschichte an der Universität Potsdam. Zahlreiche Veröffentlichungen zur Geschichte und Politik des 19. und 20. Jahrhunderts.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.08.1999

Pragmatische Nation
Eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Manfred Görtemaker: Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Von der Gründung bis zur Gegenwart. Verlag C. H. Beck, München 1999. 915 Seiten, 78,- Mark.

Unser Dezimalsystem heiligt alles, was mit einer Null endet: 50 Jahre Bundesrepublik Deutschland, 10 Jahre nach dem Fall der Mauer und auch deshalb: keine 50 Jahre DDR. Das Jubiläum bietet Anlass zur Rückschau, ohne dass ein markanter zeitgeschichtlicher Einschnitt zur Zeit messbar wäre. Oder sollte man den Ortswechsel von Bonn nach Berlin als sichtbarstes Zeichen für das Ende des "Provisoriums" Westdeutschlands werten? Görtemaker beteiligt sich nicht an solchen Spekulationen. Quellennah, historisch-kritisch, aber nicht modisch, schildert er - teilweise spannend lesbar in überraschungsfreier Prosa - Kräfte und Tendenzen der Bonner Republik. Aus der neunhundertseitigen Revue der Ereignisse, der Phasen und politischen Akteursprofile kristallisiert sich eine Grundansicht: Nie war die Bundesrepublik so mit sich selbst zufrieden wie gerade in den zurückliegenden zehn Jahren. Die Deutschen sind zur pragmatischen Nation geworden, sie bleiben eingebunden in die europäische Integration, demokratisch, national-befriedigt, verlässlich und umgeben von politischen Freunden.

Manfred Görtemaker verschweigt keineswegs, dass dies nicht immer so war. Die Positionierung als verlässlicher Nachbar in Europa musste sich die Bonner Politik hart erarbeiten. Nichts wird verklärt oder rückblickend beschönigt. Der Autor versteht sein methodisches Handwerk: nur aus der Zeit selbst heraus gewinnt er die Maßstäbe zur Beurteilung. Dabei kommen die großen innenpolitischen Streitfragen der Republik und die gesellschaftspolitischen Zerreißproben angemessen zur Sprache. Beispielsweise wird die Westoption Adenauers kritisch debattiert. Kaisers Brückenkonzept und der intellektuelle Eskapismus eines Alfred Andersch oder der von Hans Werner Richter tauchen angemessen auf. Diese Alternativen rieben sich an der Realität des Kalten Krieges, der ausführlich in seinen alltagsbedrohenden Szenarien der fünfziger und sechziger Jahre beschrieben wird.

Der Reiz der Anlage der Darstellung liegt in der versuchten Gesamtschau. Denn sowohl kulturgeschichtliche Abhandlungen als auch zeitgeschichtliche Studien über wichtige Etappen der Nachkriegsgeschichte liegen bereits vor. Ein ganzheitlicher Ansatz ruft jedoch sofort Kritiker auf den Plan: warum 500 Seiten bis zur Ostpolitik Willy Brandts, aber nur 300 Seiten für die nachfolgenden 25 Jahre? Warum wurde nur die Wirtschaftsgeschichte der fünfziger Jahre integriert, nicht jedoch gleichermaßen intensiv in der Zeit danach? Warum Theater- und Filmgeschichte, aber keine systematisch plazierte Abhandlung über den Deutschen Bundestag? Und noch gravierender: Warum nur rund 50 Seiten zur Geschichte der DDR?

Den letzten Einwand entkräftet der Autor sogleich im Vorwort. Görtemaker möchte nur den westlichen Teil der Geschichte der Bundesrepublik beleuchten, wohl wissend, dass auch die Bonner-Geschichte ohne die Ost-Berliner Geschichte nicht hinreichend zu interpretieren ist. Doch dass Görtemaker auf dieses Ungleichgewicht in seiner Abhandlung aufmerksam macht, nimmt den Wind aus der Kritik.

Gleichermaßen hätte sich der Leser auch zu Beginn darüber gefreut, Kriterien für die Einteilung der sieben Hauptkapitel mitgeliefert zu bekommen, um den möglichen Vorwurf der Beliebigkeit zu entkräften. Es sollten deshalb nachvollziehbare Maßstäbe angegeben werden, warum manche Etappen ausführlicher als andere behandelt werden. Inhaltlich bewegt sich der Autor auf der Höhe der Zeitgeschichtsforschung, wobei unverkennbar ist, dass die Geschichte der sogenannten neuen Ostpolitik und des Ost-West-Konflikts der siebziger Jahre zu den prägnantesten und spannendsten Passagen des Buches gehören.

Eine angemessene Rolle lässt Görtemaker den Bundeskanzlern zukommen. Sie sind Amtsinhaber, Staatsmänner oder auch schlichte Moderatoren des Zeitgeistes. So wird vermieden, was zahlreiche Kanzlerdarstellungen charakterisiert: affirmative Porträts über allseits gute Kanzler in ihrem zeitgeschichtlichen Wirkungsumfeld. Der Autor lässt nur wenig Positives an der Kanzlerschaft Ludwig Erhards erkennen. Zeitzeugen kommen ausführlich zur Sprache, die mit vernichtender Kritik am Politikverständnis und an der Arbeitseinstellung Erhards vorpreschen. Gleichwohl schneiden der Visionär Willy Brandt und der intellektuell gewandte Helmut Schmidt im Vergleich am positivsten ab. Charismatisch und präsentabel nutzten Brandt und Schmidt geschickt das Medium Fernsehen, um Darstellungspolitik mit Entscheidungspolitik zu verbinden. Die Ära Helmut Kohls bleibt gemessen an den Passagen über Adenauer eher blass und einheitszentriert. Sowohl die europäische Dimension des Kohl'schen Regierungshandelns als auch das ambivalente gesellschaftspolitische Spannungsverhältnis zwischen Ruhe und Reform bleiben unterbelichtet.

Die Auflistung der wichtigsten Entscheidungen sowie der innerparteilichen Rivalen und der Pannengeschichte verkürzt, dass 16 Jahre Kohl-Herrschaft einen veränderten Typus der Koalitionsdemokratie schufen. Durch die Länge der Amtsdauer prägte Kohl wie kein Kanzler zuvor den Politikbegriff und das Demokratieverständnis einer ganzen Generation. Besondere Kennzeichen der Herrschaftspraxis waren: Moderation statt Programmplanung, Integration statt Polarisierung, Personalisierung statt Sachbezogenheit. Auf einen Nenner gebracht, ist dies Ausdruck einer Entpolitisierung, die uns auch im Gedächtnis bleibt, wenn wir an die Ära Kohl zurückdenken. Politik wurde irgendwie und irgendwo gemacht, und es passte zum Lebensgefühl einer beschaulichen Behaglichkeit, in der sich die Republik in Ruhe eingerichtet hatte.

Görtemaker schließt auf dem Urgrund dieser beschaulichen Behaglichkeit optimistisch. Für ihn ist gerade auf der Grundlage der 50jährigen Geschichte ein Höchstmaß an innerer und äußerer Stabilität erreicht, so dass jeder Ortswechsel der Regierung, selbst einer nach Weimar, keine politische Richtungsänderung mit sich bringen wird.

KARL-RUDOLF KORTE

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