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In Deutschland ist Arbeit ein knappes Gut geworden. Die Arbeitslosigkeit dominiert seit Jahren die Tagespolitik, und politischer Erfolg steht und fällt mit der Fähigkeit der Parteien, Vertrauen in ihre Arbeitsmarktkonzepte zu erwecken. Was bislang fehlt ist ein tragfähiges Modell für eine zukünftige Gesellschaft jenseits der klassischen Erwerbsarbeit. Denn der Mensch muss "tätig" sein, um überhaupt eine würdige Existenz führen zu können. Wie kann also ein nachindustrielles Deutschland - mit genug Arbeit für alle - aussehen? Und welche Aufgabe kommt darin der Arbeiterbewegung zu und ihrer…mehr

Produktbeschreibung
In Deutschland ist Arbeit ein knappes Gut geworden. Die Arbeitslosigkeit dominiert seit Jahren die Tagespolitik, und politischer Erfolg steht und fällt mit der Fähigkeit der Parteien, Vertrauen in ihre Arbeitsmarktkonzepte zu erwecken. Was bislang fehlt ist ein tragfähiges Modell für eine zukünftige Gesellschaft jenseits der klassischen Erwerbsarbeit. Denn der Mensch muss "tätig" sein, um überhaupt eine würdige Existenz führen zu können. Wie kann also ein nachindustrielles Deutschland - mit genug Arbeit für alle - aussehen? Und welche Aufgabe kommt darin der Arbeiterbewegung zu und ihrer Partei, der SPD?

Die bekannte Historikerin Helga Grebing legt hier eine komplett neue Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung vor, die sie diesmal bis ins Jahr 2000 fortgeschrieben hat. Sie zeigt, dass seit der Mitte des 19. Jahrhunderts die Organisationen und Parteien der arbeitenden Bevölkerung deren Bedürfnisse und Belange mit der Absicht vertraten, ihnen durch ihre Arbeit ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen - und die dabei in der Lage waren, sich immer wieder neu auf wechselnde politische und gesellschaftliche Systeme einzustellen.
Autorenporträt
Prof. Dr. Helga Grebing ist Historikerin. Nach Studium an der Humboldt-Universität und der Freien Universität Berlin und Promotion arbeitete sie zunächst als Redakteurin und Verlagslektorin in München, bevor sie 1961 Referentin bei der Hessischen Landeszentrale für Politische Bildung wurde, danach Habilitation in Frankfurt/Main, Lehrstuhl in Göttingen und Bochum, wo sie bis zu ihrer Emeritierung 1995 lehrte. Zahlreiche Veröffentlichungen insbesondere zur Geschichte der Arbeiterbewegung und zur politischen Ideengeschichte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.06.2007

Prägende Kraft sozialer Ideen
Helga Grebings neue Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung

Im Jahr 1966 veröffentlichte Helga Grebing ihre "Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung". Es war die erste derartige Überblicksdarstellung, die zahlreiche Auflagen erlebte und auch ins Englische übersetzt wurde. Vierzig Jahre später lässt sie ein Werk gleichen Titels erscheinen und erwähnt seltsamerweise ihr früheres Erfolgsbuch mit keinem Wort. Lediglich im Klappentext ist vage vom "längst vergriffenen Klassiker" die Rede. Tatsächlich handelt es sich beim vorliegenden Werk um einen völlig neuen Text, und auch die inhaltliche Gewichtung ist deutlich verändert: Etwa die Hälfte der Darlegungen gilt nun der Entwicklung von Sozialdemokratie und Gewerkschaften seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, eine Entwicklung, die Frau Grebing selbst aktiv miterlebt und durch zahlreiche Wortmeldungen zu beeinflussen versucht hat.

In der Ausgabe von 1966 blieb der Zeit von 1945 bis 1965 nur ein Fünftel des Textes vorbehalten. Für die Arbeiterbewegungsgeschichte bis 1933 ist die ältere Darstellung wesentlich detaillierter, dank ihres Informationsreichtums und der entschiedenen Urteile bleibt sie nach wie vor lesenswert, zumal dort auch die nicht-sozialdemokratische Arbeiterbewegung ausführlicher berücksichtigt ist. Nun also eine neue "Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung". Sie wolle, so Helga Grebing, nicht eine Verlaufs- und Ereignisgeschichte vorlegen, auch keine vom jeweiligen historischen Kontext abgelöste Ideen- und Theoriegeschichte, sondern eine "panoramaähnliche Orientierung, die verknüpft wird mit problembezogenen Interpretationen, wie sie sich aus dem historischen Verlauf ergeben". Dieses anspruchsvolle Vorhaben darf als geglückt bezeichnet werden.

Mit kräftigen Strichen zeichnet Frau Grebing auf hundert Seiten die Hauptlinien der Arbeiterbewegungsgeschichte von der 1848er Revolution bis zum Ende der NS-Diktatur nach. Zur vieldiskutierten Frage, wie die Haltung der Arbeiterschaft im "Dritten Reich" zu bewerten ist, urteilt sie abgewogen, das Bild des deutschen Arbeiters unter dem Nationalsozialismus sei "uneinheitlich, heterogen". Es sei schwierig zu bestimmen, "was denn vorherrschend gewesen ist: verdeckte Ablehnung, widerwilliges Mitmachen, mehr oder weniger freiwillige Eingliederung in die NS-Betriebs- oder gar Volksgemeinschaft."

In souveräner Manier lässt sie dann fünf Jahrzehnte Geschichte der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften am Leser vorüberziehen, vom Wiederaufbau der SPD in den Westzonen und den Schicksalen der Sozialdemokraten in der Sowjetischen Besatzungszone über den mühsamen Weg von der Klassen- zur Volkspartei, die Jahre der sozialliberalen Koalition und die Ausformung des "Modells Deutschland" bis hin zu den jüngsten Diskussionen um Sozialstaat und Positionierung der Partei in einer Zeit, in der es die "klassische" Arbeiterschaft nicht mehr gibt und es deshalb auch keine "klassische" Arbeiterbewegung mehr geben kann.

Frau Grebings große Ikone der Sozialdemokratie in den zurückliegenden Jahrzehnten ist Willy Brandt. Er wird weitaus am häufigsten genannt und am öftesten (zustimmend) zitiert, während Helmut Schmidt nur wenige Male - eher peripher - erwähnt wird, seltener sogar als Oskar Lafontaine. Je näher die Darstellung der Gegenwart rückt, desto ausführlicher wird sie, desto spürbarer wird auch das innere Engagement der Autorin, denn Geschichte interessiert sie nicht zuletzt mit Blick auf Gegenwart und Zukunft.

Den "langen 1990er Jahren" gilt das längste der insgesamt elf Kapitel. Frau Grebing wundert sich, dass 1989/90 kein lauter Protest die sozialdemokratische Welt erschütterte, als sich die SED, die Staatspartei der DDR, in "Partei des Demokratischen Sozialismus" umbenannte - eine "anmaßende Selbstetikettierung", die "die Symbole der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung gewissermaßen im Handstreichverfahren enterte". In der SPD und an ihren intellektuellen Rändern wurde damals lebhaft über die angemessene Begrifflichkeit für die eigene zentrale Programmaussage diskutiert: "demokratischer Sozialismus" oder "soziale Demokratie"? Frau Grebing lässt - unter Berufung auf Brandt - eine gewisse Präferenz für den Begriff "demokratischer Sozialismus" erkennen. Das Buch endet nicht ohne Akzentuierung einer optimistischen Zukunftsperspektive: "Solange jene Wertorientierungen, Vorstellungshorizonte und Deutungsmuster, die als soziale Ideen dem Sozialismus zugerechnet werden können, noch lebendig sind, werden sie auch das 21. Jahrhundert prägen."

EBERHARD KOLB

Helga Grebing: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Von der Revolution 1848 bis ins 21. Jahrhundert. Verlag vorwärts buch, Berlin 2007. 326 S., 24,80 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Der hier rezensierende frühere SPD-Chef, Rezensent Hans-Jochen Vogel, empfiehlt die Studie allen Genossen zur Erbauung und allen Kritikern zur Belehrung über die Verdienste der SPD. Helga Grebing habe eine gut lesbare Quintessenz ihres Lebenswerks vorgelegt, an der es kaum etwas zu bemäkeln gebe. Zwar überrasche die Autorin nicht mit Neuigkeiten, doch vieles, wie die bis ins Jahr 1830 zurückreichende Geschichte der Arbeiterbewegung sei nur wenig bekannt. Die Zeit der Weimarer Republik sei ausführlicher dargestellt und die Autorin unterstreiche "zu Recht" die löbliche Haltung der SPD gegenüber dem Faschismus und die weniger löbliche der Kommunisten. Die besagte Schwäche sieht der Rezensent in einer nur knappen Darstellung der innerparteilichen Kämpfe in den achtziger Jahren, als die SPD in Bayern viel Boden verloren habe aufgrund einiger "68er". "Beachtlich" seien dann wieder die beiden Regierungszeiten bis 1998 vorgestellt, vor allem die "konstruktive" Rolle der SPD bei der deutschen Einheit. So mancher heutige Politiker könne schon im Berliner Programm von 1989 Positionen finden, die er jetzt als neu ausgebe. Insbesondere zu den Themen Frauen, Frieden, Umwelt, die von der Partei schon früh "integriert" worden seien.

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