Diaz del Castillo berichtet von den Intrigen zwischen den Spaniern, ihrem Vorgehen mit Schwert und Kreuz gegen die Eingeborenen, den weiteren Feldzügen in Honduras auf der Suche nach noch mehr Schätzen, der ungleichen Aufteilung der Kriegsbeute durch Hernan Cortes, dem Unwillen der Soldaten, die sich zu Recht betrogen fühlen und doch stets aufs neue Cortes' Faszination erliegen.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.04.2017NEUE TASCHENBÜCHER
Mit List, Feuerwaffen und Pocken –
Diaz del Castillo über Mexikos Eroberung
Am Karfreitag des Jahres 1519 landet der Spanier Hernán de Cortés mit 437 Soldaten und 15 Reitern an der Küste Mexikos. Er unterwirft das Reich des Aztekenfürsten Moteczuma und massakriert dessen Untertanen. Das bedrohte Volk verharrt wie in einer Schockstarre. Moteczuma, durch unheilvolle Zeichen verstört, empfängt die Eroberer wie Götter. Noch nie haben die Azteken Reitersoldaten gesehen. Die „Hirsche“ mit den Reitern auf den Rücken schwitzen und wiehern, Schaum tropft aus ihren Mäulern. Mit List, den robusten Schiffen, den Feuerwaffen, Reitersoldaten und nicht zuletzt durch die Pocken unterwerfen die Spanier die für ihre kannibalischen Opferrituale bekannten Azteken.
Bernal Diaz del Castillo erlebt die Eroberung Mexikos als einfacher Fußsoldat. Sein Bericht ist bar jeder Beschönigung der Fakten, detailliert und spannend. Deshalb gilt diese Chronik unter Historikern als die genaueste, interessanteste und vollständigste Aufzeichnung. Sie erschien erstmals 1632, da war Diaz del Castillo schon 50 Jahre tot. Nun bringt Georg Adolf Narciß die Reisebeschreibung mit zeitgenössischen Zeichnungen und einem erhellenden Nachwort von Tzvetan Todorov neu heraus. Todorov erklärt unter dem Titel „Cortes und Moteczuma: über Kommunikation“, wie der Konquistador mit etwa tausend Mann das Reich Moteczumas, der über mehrere Hunderttausend Krieger gebot, unterwerfen konnte. Es habe durchaus keine natürliche Unterlegenheit gegeben. „Die anderen“, das waren für die Azteken bisher die, die man unterwirft und unter denen man die Menschenopfer auswählt. Die Spanier passen nicht in dieses Bild. Deshalb setzt Moteczuma nicht auf List, Spione oder Boten, sondern auf die Magier und auf Vorzeichen, die die Götter geschickt haben könnten. Ein Komet, eine Feuersbrunst, ein Blitz, ein Mensch mit zwei Köpfen. So glaubt er, Informationen über die Conquistadoren zu erhalten. „Doch die Azteken hörten eine göttliche Rede da, wo nur gold- und machtgierige Menschen“ waren, schreibt Todorov. Und das war ihr Untergang. MICHAELA METZ
Bernal Díaz del Castillo: Die Eroberung von Mexiko. Hrsg. v. G. A. Narciß. M. e. Nachw. v. G. A. Narciß u. T. Todorov. Insel Verlag, Berlin 2017. 697 Seiten, 18 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Mit List, Feuerwaffen und Pocken –
Diaz del Castillo über Mexikos Eroberung
Am Karfreitag des Jahres 1519 landet der Spanier Hernán de Cortés mit 437 Soldaten und 15 Reitern an der Küste Mexikos. Er unterwirft das Reich des Aztekenfürsten Moteczuma und massakriert dessen Untertanen. Das bedrohte Volk verharrt wie in einer Schockstarre. Moteczuma, durch unheilvolle Zeichen verstört, empfängt die Eroberer wie Götter. Noch nie haben die Azteken Reitersoldaten gesehen. Die „Hirsche“ mit den Reitern auf den Rücken schwitzen und wiehern, Schaum tropft aus ihren Mäulern. Mit List, den robusten Schiffen, den Feuerwaffen, Reitersoldaten und nicht zuletzt durch die Pocken unterwerfen die Spanier die für ihre kannibalischen Opferrituale bekannten Azteken.
Bernal Diaz del Castillo erlebt die Eroberung Mexikos als einfacher Fußsoldat. Sein Bericht ist bar jeder Beschönigung der Fakten, detailliert und spannend. Deshalb gilt diese Chronik unter Historikern als die genaueste, interessanteste und vollständigste Aufzeichnung. Sie erschien erstmals 1632, da war Diaz del Castillo schon 50 Jahre tot. Nun bringt Georg Adolf Narciß die Reisebeschreibung mit zeitgenössischen Zeichnungen und einem erhellenden Nachwort von Tzvetan Todorov neu heraus. Todorov erklärt unter dem Titel „Cortes und Moteczuma: über Kommunikation“, wie der Konquistador mit etwa tausend Mann das Reich Moteczumas, der über mehrere Hunderttausend Krieger gebot, unterwerfen konnte. Es habe durchaus keine natürliche Unterlegenheit gegeben. „Die anderen“, das waren für die Azteken bisher die, die man unterwirft und unter denen man die Menschenopfer auswählt. Die Spanier passen nicht in dieses Bild. Deshalb setzt Moteczuma nicht auf List, Spione oder Boten, sondern auf die Magier und auf Vorzeichen, die die Götter geschickt haben könnten. Ein Komet, eine Feuersbrunst, ein Blitz, ein Mensch mit zwei Köpfen. So glaubt er, Informationen über die Conquistadoren zu erhalten. „Doch die Azteken hörten eine göttliche Rede da, wo nur gold- und machtgierige Menschen“ waren, schreibt Todorov. Und das war ihr Untergang. MICHAELA METZ
Bernal Díaz del Castillo: Die Eroberung von Mexiko. Hrsg. v. G. A. Narciß. M. e. Nachw. v. G. A. Narciß u. T. Todorov. Insel Verlag, Berlin 2017. 697 Seiten, 18 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de