Auszug: Vor mir steht ein Messing-Leuchter. In seiner stilisierten, baumähnlichen Form erinnert er an den siebenarmigen Leuchter, wie er seit biblischen Zeiten unverändert das wichtigste Symbol des Judentums ist. Im Gegensatz zum siebenarmigen Leuchter hat mein Leuchter jedoch acht Arme und dazu einen neunten Arm, der nach vorne herausragt, um die Zündkerze, den sogenannten „Schammes“, aufzunehmen. Bei diesem Leuchter handelt es sich also nicht um das jüdische Ur-Symbol, sondern um eine Chanukkia, die bei der Feier des jüdischen Chanukka-Festes eine zentrale Rolle spielt. Eine Chanukkia gibt es in fast jedem jüdischen Haushalt, sofern die Religion dort überhaupt noch praktiziert wird. Meine Chanukkia fällt allerdings durch ihre überdurchschnittliche Größe auf. Ein solches repräsentatives Stück gab es wohl nur in Synagogen oder in besonders großbürgerlichen Haushalten. In der Tat stammt mein Exemplar aus dem wohlhabenden Haushalt von David Weyl, dem letzten Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Kleve, der sich 1938 den nationalsozialistischen Juden-Verfolgungen entzog, indem er in die Niederlande emigrierte. Mit seinem Bruder Louis Weyl hatte er das erste große Klever Kaufhaus gegründet, das heute noch am angestammten Platz in der Großen Straße steht, aber seit dem Dritten Reich unter dem Namen „Kaufhof“ geführt wird.