Seit Mitte der 1960er Jahre bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1995 hat John Rawls an der Harvard University regelmäßig eine Lehrveranstaltung mit dem Titel "Politische Philosophie der Neuzeit" angeboten. Diese hat Rawls dazu genutzt, seine eigenen theoretischen Entwürfe zu diskutieren, vor allem seine bahnbrechende "Theorie der Gerechtigkeit", die eines der einflußreichsten philosophischen Werke des 20. Jahrhunderts werden sollte. Zugleich ergriff er immer wieder die Gelegenheit, seine Ansichten zur Philosophie des Politischen und des Sozialen mit denen seiner historischen Vorläufer auf diesem Gebiet in Beziehung zu setzen, um "ein Bild der besonders zentralen Merkmale des Liberalismus zu vermitteln" - eines Liberalismus, dessen Kern eine politische Konzeption der Gerechtigkeit bildet, die sich ihrerseits aus der Tradition des demokratischen Konstitutionalismus und des Gesellschaftsvertrags entwickelt hat. Für diese Tradition stehen für Rawls insbesondere sechs Autoren: die Vertragstheoretiker Hobbes, Locke und Rousseau, die Utilitaristen Hume und Mill sowie Marx als der in vielerlei Hinsicht interessanteste Kritiker des klassischen Liberalismus. Der Band, an dessen Konzeption John Rawls noch selbst mitgewirkt hat, versammelt seine großen Vorlesungen zu diesen Klassikern und bietet die seltene Gelegenheit, die Geschichte der politischen Philosophie mit den Augen eines ihrer herausragenden zeitgenössischen Vertreter zu lesen, der selbst bereits zum Klassiker auf diesem Gebiet geworden ist.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Rezensent Thomas Meyer begrüßt das Erscheinen dieses dritten Hauptwerks des 2002 verstorbenen Philosophen in deutscher Sprache als "kluges Plädoyer" für liberales Denken und Handeln. Als Besonderheit des hier entwickelten Ansatzes betrachtet der Rezensent John Rawls Versuch, die Entwicklung der politischen Philosophie aus der "Entstehungs- und Etablierungsphase des Liberalismus" zu entwickeln. Damit ist dieses Werk aus seiner Sicht das Gegenstück zu Leo Strauss' und Joseph Cropseys 1963 publizierter "History of Political Philosophy", die Sokrates als Gründungsfigur dieser Disziplin betrachte, während Rawls laut Meyer gerade in jenen ihre Protagonisten sieht, die mit dem sokratischen Denken gebrochen und die Vernunft zum Primat allen Handelns erklärt hätten.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Der Band Geschichte der politischen Philosophie von John Rawls mit seinen tiefsinnigen Reflexionen kann allen an politischer und Sozialphilosophie Interessierten nur zur Lektüre empfohlen werden.« Marcel Remme lehrerbibliothek.de 20210501