Produktdetails
- Verlag: Historia-Verlag, Ulm
- 1999.
- Seitenzahl: 742
- Deutsch
- Abmessung: 235mm
- Gewicht: 1450g
- ISBN-13: 9783980553308
- ISBN-10: 3980553302
- Artikelnr.: 05253381
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.10.1999Wie man alte Bücher neu macht
Der Historiker Hans-Jürgen Wolf hat es zu einem gewissen Ruf gebracht. Soeben ist seine "Geschichte der Typographie" als erster Band eines "vierbändigen Kompendiums zur Geschichte des graphischen Gewerbes" erschienen ("Geschichte der Typographie". Hand- und Maschinensatz im Lauf der Jahrhunderte. Historia-Verlag, Ulm-Wiblingen 1999. 769 S., zahlr. Abb., geb., 58,- DM). Wolf ist offenbar einer der fleißigsten Geschichtsforscher überhaupt. Im letzten Jahr publizierte er die Werke "Geschichte der Hexenprozesse", "Geschichte des Okkultismus", "Geschichte der Prostitution" sowie die Bücher "Sünden der Kirche" und "Aufstieg und Untergang einer Weltreligion". Der Mann ist emsig: Bereits 1997 gab es von ihm eine "Geschichte der Feuerwehr" und die "Geschichte der Druckverfahren", die eigentlich Band II des "Kompendiums zur Geschichte des graphischen Gewerbes" sein soll, als deren vierter Band für das Jahr 2002 schon die "Geschichte des Papiers" angekündigt ist. Vorbestellungen nimmt der Internet-Buchhändler BOL bereits entgegen. Ein gewisser Ernst Völker bescheinigt in einem der diversen Grußworte zum neuen Buch dem Autor, "die große Geschichte der Typographie, der Druckverfahren, der Buchdruckerkunst und des Papiers detailliert geschrieben zu haben". Der ältere Herr auf dem Foto, das dem Grußwort beigegeben ist, trägt klassisches Streifenhemd und Krawatte und guckt betont seriös. Das Vorwort zur Neuerscheinung des eben edierten ersten Bandes sowie des für 2002 geplanten vierten hat er schon am 10. Oktober 1997 geschrieben. Ob der Verlag eine Erklärung für dieses Tohuwabohu hat? Außer einer Postfachnummer in Weißenhorn bei Ulm gibt es aber keine Hinweise auf den Historia-Verlag. Auch die Telefonauskunft kennt weder in Ulm noch um Ulm und um Ulm herum einen solchen. Der Grossist aber müsste es wissen. Der hat tatsächlich die Telefonnummer eines Hans-Jürgen Wolf, Eigentümer des Historia-Verlages. Er wisse aber nicht, ob diese freigeschaltet sei, sie sei neu. Er habe überdies läuten gehört, dass Herr Wolf im Krankenhaus liege. Die Telefonnummer funktioniert, allerdings gehört sie einer genervten Dame, die behauptet, nicht zum ersten Mal zu erklären, kein Verlag und schon gar nicht der Herr Wolf zu sein. Eine gut informierte Buchhändlerin des Künstlerbedarfsgroßhändlers Boesner weiß Näheres über ein früheres Werk des Historia-Verlages: ",Geschichte der Druckverfahren'? Haben wir im Ramschangebot." Band II des Kompendiums ist nämlich im Jahr 1992 schon einmal erschienen und war bis zum Dezember 1996 für achtundneunzig Mark im Buchhandel zu haben. Das Antiquariat der Schweizer Schibli-Doppler AG empfiehlt seinen Buchhändlern seither unverbindlich einen Ladenverkaufspreis von 49,95 Mark. Dasselbe Buch aber bietet BOL mit Imprimatur 1997 für 78 Mark an. Wenn der nun erschienene erste Band etwas taugte, nähme man Hans-Jürgen Wolf seinen Versuch, Leser und Kritiker mit getürkten Neuerscheinungen von Ramschware aufs Kreuz zu legen, vielleicht nicht krumm. Aber diesem Werk ist bereits am mit Werbeaufklebern und Streifbändchen versehenen Einband anzusehen, dass weder Autor noch Verlag, was ja hier keinen Unterschied macht, auch nur einen Schimmer von Typografie haben. Texte und Bilder sind wahl- und systemlos durcheinander gewürfelt, manche Kapitel enden mitten im Satz, auf einem Druckbogen fehlen zwei Farben, die letzten Seiten sind mit Werbeanzeigen der grafischen Industrie voll gestopft. Von Ausstattung in typografischem Sinne kann nicht die Rede sein, der Satzspiegel wurde hingeschlunzt, die Laufweite der Satzschrift wechselt nach Belieben, der Text ist fehlerhaft. Insgesamt ist dieses Werk sowohl äußerlich als auch in Text und Bild derart lausig, dass man es nicht ernsthaft rezensieren kann. Den so prächtige Gruß- und Lobesworte verfassenden Professoren aus Hannover und Wuppertal wie auch dem Vorstandsvorsitzenden der Druckmaschinenwerke Koenig & Bauer-Albert und dem Geschäftsführer der Voight Sulzer Papiertechnik hat die Eitelkeit da einen bösen Streich gespielt. Übrigens ist das Buch in einer vierfarbigen Widmung einer gewissen "Bruni in Dankbarkeit zugeeignet", während der Haupttitel einfarbig schwarz und ohne Vakatseite oder gar Frontispiz auskommen muss. Ob Bruni weiß, auf welcher Station welchen Krankenhauses Hans-Jürgen Wolf liegt? Dorthin wollen wir Genesungswünsche senden. Und frohes Schaffen wünschen: Bestimmt schreibt Wolf schon an der mehrbändigen "Geschichte der Heilverfahren" und sammelt dazu Grußworte von Ärzten.
MARTIN Z. SCHRÖDER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Historiker Hans-Jürgen Wolf hat es zu einem gewissen Ruf gebracht. Soeben ist seine "Geschichte der Typographie" als erster Band eines "vierbändigen Kompendiums zur Geschichte des graphischen Gewerbes" erschienen ("Geschichte der Typographie". Hand- und Maschinensatz im Lauf der Jahrhunderte. Historia-Verlag, Ulm-Wiblingen 1999. 769 S., zahlr. Abb., geb., 58,- DM). Wolf ist offenbar einer der fleißigsten Geschichtsforscher überhaupt. Im letzten Jahr publizierte er die Werke "Geschichte der Hexenprozesse", "Geschichte des Okkultismus", "Geschichte der Prostitution" sowie die Bücher "Sünden der Kirche" und "Aufstieg und Untergang einer Weltreligion". Der Mann ist emsig: Bereits 1997 gab es von ihm eine "Geschichte der Feuerwehr" und die "Geschichte der Druckverfahren", die eigentlich Band II des "Kompendiums zur Geschichte des graphischen Gewerbes" sein soll, als deren vierter Band für das Jahr 2002 schon die "Geschichte des Papiers" angekündigt ist. Vorbestellungen nimmt der Internet-Buchhändler BOL bereits entgegen. Ein gewisser Ernst Völker bescheinigt in einem der diversen Grußworte zum neuen Buch dem Autor, "die große Geschichte der Typographie, der Druckverfahren, der Buchdruckerkunst und des Papiers detailliert geschrieben zu haben". Der ältere Herr auf dem Foto, das dem Grußwort beigegeben ist, trägt klassisches Streifenhemd und Krawatte und guckt betont seriös. Das Vorwort zur Neuerscheinung des eben edierten ersten Bandes sowie des für 2002 geplanten vierten hat er schon am 10. Oktober 1997 geschrieben. Ob der Verlag eine Erklärung für dieses Tohuwabohu hat? Außer einer Postfachnummer in Weißenhorn bei Ulm gibt es aber keine Hinweise auf den Historia-Verlag. Auch die Telefonauskunft kennt weder in Ulm noch um Ulm und um Ulm herum einen solchen. Der Grossist aber müsste es wissen. Der hat tatsächlich die Telefonnummer eines Hans-Jürgen Wolf, Eigentümer des Historia-Verlages. Er wisse aber nicht, ob diese freigeschaltet sei, sie sei neu. Er habe überdies läuten gehört, dass Herr Wolf im Krankenhaus liege. Die Telefonnummer funktioniert, allerdings gehört sie einer genervten Dame, die behauptet, nicht zum ersten Mal zu erklären, kein Verlag und schon gar nicht der Herr Wolf zu sein. Eine gut informierte Buchhändlerin des Künstlerbedarfsgroßhändlers Boesner weiß Näheres über ein früheres Werk des Historia-Verlages: ",Geschichte der Druckverfahren'? Haben wir im Ramschangebot." Band II des Kompendiums ist nämlich im Jahr 1992 schon einmal erschienen und war bis zum Dezember 1996 für achtundneunzig Mark im Buchhandel zu haben. Das Antiquariat der Schweizer Schibli-Doppler AG empfiehlt seinen Buchhändlern seither unverbindlich einen Ladenverkaufspreis von 49,95 Mark. Dasselbe Buch aber bietet BOL mit Imprimatur 1997 für 78 Mark an. Wenn der nun erschienene erste Band etwas taugte, nähme man Hans-Jürgen Wolf seinen Versuch, Leser und Kritiker mit getürkten Neuerscheinungen von Ramschware aufs Kreuz zu legen, vielleicht nicht krumm. Aber diesem Werk ist bereits am mit Werbeaufklebern und Streifbändchen versehenen Einband anzusehen, dass weder Autor noch Verlag, was ja hier keinen Unterschied macht, auch nur einen Schimmer von Typografie haben. Texte und Bilder sind wahl- und systemlos durcheinander gewürfelt, manche Kapitel enden mitten im Satz, auf einem Druckbogen fehlen zwei Farben, die letzten Seiten sind mit Werbeanzeigen der grafischen Industrie voll gestopft. Von Ausstattung in typografischem Sinne kann nicht die Rede sein, der Satzspiegel wurde hingeschlunzt, die Laufweite der Satzschrift wechselt nach Belieben, der Text ist fehlerhaft. Insgesamt ist dieses Werk sowohl äußerlich als auch in Text und Bild derart lausig, dass man es nicht ernsthaft rezensieren kann. Den so prächtige Gruß- und Lobesworte verfassenden Professoren aus Hannover und Wuppertal wie auch dem Vorstandsvorsitzenden der Druckmaschinenwerke Koenig & Bauer-Albert und dem Geschäftsführer der Voight Sulzer Papiertechnik hat die Eitelkeit da einen bösen Streich gespielt. Übrigens ist das Buch in einer vierfarbigen Widmung einer gewissen "Bruni in Dankbarkeit zugeeignet", während der Haupttitel einfarbig schwarz und ohne Vakatseite oder gar Frontispiz auskommen muss. Ob Bruni weiß, auf welcher Station welchen Krankenhauses Hans-Jürgen Wolf liegt? Dorthin wollen wir Genesungswünsche senden. Und frohes Schaffen wünschen: Bestimmt schreibt Wolf schon an der mehrbändigen "Geschichte der Heilverfahren" und sammelt dazu Grußworte von Ärzten.
MARTIN Z. SCHRÖDER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main