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Der zweite Band der "Geschichte der Universität in Europa" behandelt die regionale, konfessionelle und wissenschaftliche Diversifizierung zwischen 1500 und 1800. Dem systematischen Aufbau des Gesamtwerkes entsprechend, gibt der erste Teil des Bandes eine thematische Einführung und entwirft ein Gesamtbild der Verteilung und Entwicklung der Hochschulen. Der zweite Teil beschreibt die Strukturen der Universität (Organisation, Finanzierung, Verwaltung, Lehrkörper u. a.), der dritte Teil behandelt die Ausbildung der Studenten (soziale, materielle, intellektuelle Studienvoraussetzungen, Alltag,…mehr

Produktbeschreibung
Der zweite Band der "Geschichte der Universität in Europa" behandelt die regionale, konfessionelle und wissenschaftliche Diversifizierung zwischen 1500 und 1800. Dem systematischen Aufbau des Gesamtwerkes entsprechend, gibt der erste Teil des Bandes eine thematische Einführung und entwirft ein Gesamtbild der Verteilung und Entwicklung der Hochschulen. Der zweite Teil beschreibt die Strukturen der Universität (Organisation, Finanzierung, Verwaltung, Lehrkörper u. a.), der dritte Teil behandelt die Ausbildung der Studenten (soziale, materielle, intellektuelle Studienvoraussetzungen, Alltag, Examina, Karrieren u. a.), der vierte Teil beschäftigt sich mit der Entwicklung der Wissenschaft.
Die Geschichte des Hochschulwesens zwischen der Reformationszeit und der Französischen Revolution ist wenig erforscht. In diesem Band entwerfen vierzehn auf ihrem Gebiet führende, aus acht Ländern stammende Autoren ein neues Bild der gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Rolle der Universitäten im Rahmen der aufkommenden nationalstaatlichen Aufgliederung Europas. In Zusammenarbeit und in Wettbewerb mit Gymnasien, Fachhochschulen, Akademien und wissenschaftlichen Gesellschaften behauptet sich die Universität als zentrale Institution der wissenschaftlichen Ausbildung für die sich professionalisierenden geistigen Berufe. Darüber hinaus ermöglicht die neue auf menschlichen Nutzen gerichtete Universitätsidee trotz des Zerbrechens der universalen Ordnungen und der religiösen, politischen und gesellschaftlichen Spaltungen in Europa die Bildung einer homogenen Elite, deren Dynamik die ganze Welt erfasst.
Der Band illustriert die zentrale Bedeutung der Universität bei der Vorbereitung und Verbreitung der wissenschaftlichen Revolutionen des 17. und 18. Jahrhunderts und vermittelt ein lebendiges Bild der in ihren geistigen und wissenschaftlichen Ansätzen zu wenig bekannten frühen Neuzeit, in der die wesentlichen Grundlagen zum modernen Europa gelegt wurden.

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Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.09.2004

Was man jetzt aufgeben will
Ohne Masterplan: Walter Rüeggs Geschichte der Universität in Europa zwischen Triumph und Trümmern
Reform aus dem Wissen um die Vergangenheit - darauf setzte die Europäische Rektorenkonferenz, als sie Anfang der 1980er Jahre dieses auf vier Bände angelegte Werk anregte. Um die Universitäten fähig zu machen, sich den Aufgaben der Zukunft zuwenden zu können, müsse man ihre Geschichte kennen. Die heutige Wissenschaftspolitik sieht das anders. Mit der Geschichte brechen, um Ballast abzuwerfen, scheint ihr Leitbild zu sein. Es zielt auf Europäisierung durch Homogenisierung, um zu erreichen, was es in der Universitätsgeschichte nie gegeben hat: Aus Universitäten in Europa soll die europäische Universität entstehen.
Wer wissen möchte, was man aufgeben will, sollte dieses Gemeinschaftswerk von sechzehn Autoren und Autorinnen aus acht europäischen Nationen und der USA lesen. Es handelt von der Zeit, in der die Idee der modernen Universität als Stätte der Forschung und einer an ihr ausgerichteten Lehre in Europa entstand und sich dank ihres Erfolges weltweit durchgesetzt hat. Internationaler Austausch und nationale Besonderheiten verbinden sich in dieser Erfolgsgeschichte, vorangetrieben von der Konkurrenz der Gelehrten und ihrer Universitäten, der Staaten und Nationen.
Dass die Universität im Laufe des 19. Jahrhunderts die Spitzenposition unter den Bildungsinstitutionen erreichen sollte, war um 1800 keineswegs abzusehen. Diese Zeit des revolutionären Umbruchs hinterließ die „europäische Universitätslandschaft als Trümmerfeld” (Walter Rüegg); annähernd sechzig Prozent der Hochschulen überstanden die Ära des Universitätssterbens nicht. Während Großbritannien einen eigenen Weg ging, in dem unterschiedliche Hochschultypen nebeneinander bestanden, konkurrierten auf dem Kontinent zwei Universitätsmodelle: das französische und das deutsche. Das französische beeinflusste zwar die Entwicklungen in Süd- und Osteuropa, doch durchgesetzt hat sich das deutsche. Während in Frankreich Spezialhochschulen unter strikter staatlicher Lenkung und Zentralisierung entstanden, konzentriert auf Paris, das französische Hochschulzentrum inmitten „einer wissenschaftlichen Wüste” (Christophe Charle), bildete sich in Deutschland ein Universitätstypus heraus, der schließlich um die Wende zum 20. Jahrhundert in Europa wie auch in den USA und Japan das Ideal der modernen Universität verkörperte: Die Universität als der Ort freier Wissenschaft, vom Staat ermöglicht, dessen Eingriffsrechte jedoch vor dem inneren Bereich der Forschung und der auf ihr begründeten Lehre halt machten. Voll verwirklicht wurde dieses Ideal nirgendwo, doch die Annäherungen daran gingen weit genug, um im 19. Jahrhundert drei epochale Innovationen in der Geschichte der Universität zu ermöglichen: ihre Renaissance als Forschungsuniversität, den Aufstieg der Naturwissenschaften und die Eigenverantwortung der Studenten als dritte Säule in der Trias der Freiheit von Forschung, Lehre und Studium.
Suche und Konkurrenz
Die Autoren verfolgen diese Entwicklungen gesamteuropäisch zunächst für die Universitätsstrukturen: Wer organisierte und finanzierte die Hochschulen (Paul Gerbod);wie entwickelte sich der Beruf des Professors (Matti Klinge); wo und mit welchen Änderungen wurden die europäischen Universitätsmodelle übernommen (Edward Shils, John Roberts). Dann folgt ein umfangreicher Teil zur Geschichte des Studiums: Zugangsvoraussetzungen (Fritz Ringer), studentische Bewegungen (Lieve Gevers, Louis Vos) und der Weg der Absolventen in die akademischen Berufe (Konrad H. Jarausch). Den größten Raum nimmt die Geschichte von Wissenschaftsbereichen ein: Theologie und Geisteswissenschaften (Rüegg), Geschichte und Sozialwissenschaften (Asa Briggs), Mathematik und exakte Naturwissenschaften (Paul Bockstaele), Biologie und Geologie (Anto Leikola), Medizin (Antonie M. Luyendijk-Elshout) und Technik (Anna Guagnini). Den Abschluss bildet eine Skizze Notker Hammersteins, in der er die Wirkungen der beiden Weltkriege auf Universitäten und Wissenschaft in Europa erläutert. Während zuvor Universalität von Wissenschaft und Nationalisierung ihrer Leistungen harmonierten, brach im Ersten Weltkrieg die Gelehrtengemeinschaft zusammen und im Zweiten Weltkrieg bestimmte die Unterdrückungs- und Vernichtungspolitik des Nationalsozialismus auch dessen Hochschulpolitik in den besetzten Ländern. Überall verstärkte der Kriegseinsatz der angewandten Wissenschaften die Verbindungen zur Politik und festigte den Glauben an die Wissenschaft als entscheidender Ressource staatlicher Politik und an deren wissenschaftlich begründeter Planbarkeit.
Der Siegeszug der modernen Forschungsuniversität ist jedoch nicht nach einem Masterplan verlaufen. Er verlief vielmehr, daran lässt der europäische Blick dieses Handbuchs keinen Zweifel, als ein Suchprozess, in dem unterschiedliche Hochschulmodelle miteinander konkurrierten. Wenn sich das deutsche Modell der Universität als Einheit von Forschung und Lehre durchsetzte, so entwertet dies keineswegs die anderen Modelle. Es war vielmehr ein Prozess wechselseitigen Lernens. So wurde die Entwicklung der mathematischen und naturwissenschaftlichen Wissenschaften zu eigenständigen Disziplinen zunächst vor allem an den Ausbildungsstätten vorangetrieben, die in Frankreich an die Stelle der nach 1793 aufgelösten Universitäten traten. An den deutschen Universitäten setzte sich die Einrichtung von Laboratorien als Hauptort naturwissenschaftlicher Forschung und Lehre erst später durch, und die Gründung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt und der Kaiser-Wilhelms-Gesellschaft im ersten deutschen Nationalstaat schuf auch hier außeruniversitäre Forschungsinstitutionen, während zur gleichen Zeit in Frankreich erneut Universitäten errichtet wurden. Die Universitätssysteme näherten sich also einander an, wenngleich die Unterschiede erheblich blieben.
Geschadet hat diese Konkurrenz der Systeme den Universitäten in Europa nicht. Man wird vielmehr von einem Wettbewerb der Strukturen zwischen und auch innerhalb von Staaten sprechen dürfen, der allenUniversitäten genutzt hat - in Europa und dort, wo man sich an den europäischen Erfahrungen orientierte. Wer meint, künftig würden die europäischenUniversitäten den globalen Wettbewerb nur bestehen können, wenn sie einem einheitlichem Bauplan folgen, sollte nicht die Augen vor der Erfolgsgeschichte europäischer Konkurrenz der Wissenschaftssysteme verschließen. Dieses supranationale Gemeinschaftswerk berichtet von ihr.
DIETER LANGEWIESCHE
WALTER RÜEGG (Hrsg.): Geschichte der Universität in Europa. Band III: Vom 19. Jahrhundert zum Zweiten Weltkrieg 1800-1945. Verlag C.H. Beck, München 2004. 607 Seiten, 88 Euro.
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