Mit dem Fall der Mauer vor 25 Jahren ging ein Zeitalter zu Ende. Heinrich August Winklers Geschichte des Westens stellt die dramatischen Ereignisse von 1989 in einen großen weltgeschichtlichen Zusammenhang und schildert meisterhaft die ereignisreichen Jahrzehnte vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Untergang der Sowjetunion. Der Band macht deutlich, wie nahe uns die Epochenwende von 1989 bis 1991 immer noch ist: Damals wurden die Grundlagen unserer Gegenwart gelegt.
Niemals zuvor oder danach war der transatlantische Westen so sehr eine Einheit wie in den viereinhalb Jahrzehnten, in denen der Ost-West-Konflikt die Achse der Weltpolitik bildete. Während die Welt mehr als einmal am atomaren Abgrund stand, lösten sich in der "Dritten Welt" die Kolonien von ihren europäischen Kolonialherren und suchten eigene Wege in die politische Unabhängigkeit. Der Vietnamkrieg, "1968" mit den Studentenunruhen im Westen und dem "Prager Frühling" im Osten, die Abrüstungsverhandlungen und der Streit um die Nachrüstung, Solidarnósc und die Systemkrise der Sowjetunion - auf höchstem Niveau schildert Heinrich August Winkler all jene Ereignisse, die gleichsam die Vorgeschichte unserer Gegenwart bilden. Der Westen entschied zwar auf allen Ebenen den "Wettkampf der Systeme" für sich. Doch Winkler zeigt auch sehr deutlich, dass aus den Umwälzungen der Jahre 1989 bis 1991 eine Welt ohne Gleichgewicht hervorging. Ein abschließender Band, der im kommenden Jahr erscheinen soll, wird diese "Zeit der Gegenwart" darstellen.
Niemals zuvor oder danach war der transatlantische Westen so sehr eine Einheit wie in den viereinhalb Jahrzehnten, in denen der Ost-West-Konflikt die Achse der Weltpolitik bildete. Während die Welt mehr als einmal am atomaren Abgrund stand, lösten sich in der "Dritten Welt" die Kolonien von ihren europäischen Kolonialherren und suchten eigene Wege in die politische Unabhängigkeit. Der Vietnamkrieg, "1968" mit den Studentenunruhen im Westen und dem "Prager Frühling" im Osten, die Abrüstungsverhandlungen und der Streit um die Nachrüstung, Solidarnósc und die Systemkrise der Sowjetunion - auf höchstem Niveau schildert Heinrich August Winkler all jene Ereignisse, die gleichsam die Vorgeschichte unserer Gegenwart bilden. Der Westen entschied zwar auf allen Ebenen den "Wettkampf der Systeme" für sich. Doch Winkler zeigt auch sehr deutlich, dass aus den Umwälzungen der Jahre 1989 bis 1991 eine Welt ohne Gleichgewicht hervorging. Ein abschließender Band, der im kommenden Jahr erscheinen soll, wird diese "Zeit der Gegenwart" darstellen.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Ziemlich oberflächlich bleibt der Rezensent bei der Beurteilung vom Heinrich August Winklers "Riesenwerk". Lobend (souveräner Blick über alles Wichtige zwischen 1945 und 1991) zwar äußert sich Michael Hesse und bedeutet uns Winklers Sinn fürs große Ganze von der deutschen Teilung über die Ölkrise bis zur Gründung der UN, doch ins Detail geht er nicht. Dass Winkler ein großer Wurf gelungen ist, belesen und erkenntnisreich, gut erzählt, sagt der Rezensent noch.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.03.2015Ende der weltumspannenden Hegemonie
Heinrich August Winklers fesselnde globale Politikgeschichte der allerjüngsten Zeit
"Das Ende aller Sicherheit": Der Krieg ist abermals nach Europa zurückgekehrt. Wie, wann und ob die Ukraine-Krise gelöst werden kann, ist trotz Verhandlungsmarathon und Minsker Abkommen noch nicht absehbar. Der islamische Terror ist mitten in Europa angekommen - der Anschlag auf die Redaktion von "Charlie Hebdo" markiert einen weiteren, schrecklichen Höhepunkt. Seuchen und Naturkatastrophen bedrohen auch Europa. Der NSA-Skandal schürt Misstrauen zwischen den Bündnispartnern jenseits und diesseits des Atlantiks. Die EU ist erschüttert durch Wirtschaftskrise und die Auseinandersetzungen zwischen "reicheren" und "ärmeren" Ländern - sie ist von einer politischen Union genauso weit entfernt wie vor über 20 Jahren. Die weltpolitischen Konstellationen und Koalitionen sind längst nicht mehr verlässlich und berechenbar. Eine ziemlich düstere Bilanz im 15. Jahr des 21. Jahrhunderts: Ausgang offen.
Mit "Das Ende aller Sicherheit" ist das letzte Kapitel in Heinrich August Winklers neuestem Buch überschrieben. Dieser vierte Band schließt seine "Geschichte des Westens" ab: "Die Zeit der Gegenwart" beginnt für ihn 1991 und endet ganz aktuell im Jahr 2014. Der Zeitraum, der hier beschrieben wird, ist Zeitgeschichte, die noch dampft, die noch nicht mit dem üblichen Abstand und den nötigen Quellen analysiert werden kann. Entwicklungen sind noch im Gang, deren Ausgang heute noch nicht abgesehen werden kann. Manches wird sich in 20 Jahren anders darstellen als heute. Insofern unterscheidet sich dieser Band grundsätzlich von den vorangegangenen. Besonders die letzten beiden Kapitel, die das 21. Jahrhundert behandeln, sind als politischer Essay zu lesen.
Als Chronist und politischer Analytiker lässt Winkler die vergangenen 25 Jahre noch einmal an uns vorüberziehen. Es ist beeindruckend, in welch dichter Beschreibung die weltweiten politischen Ereignisse und Prozesse präsentiert werden. Im Mittelpunkt stehen die Vereinigte Staaten, die Staaten der EU und Russland. Aber auch Afrika, Asien oder der Nahe und Mittlere Osten werden in den Blick genommen. Die dortigen Entwicklungen werden allerdings vor allem im Hinblick auf ihre Relevanz für den Westen präsentiert - eine westlich zentrierte Globalgeschichte. Das ist aber die auch normativ zu verstehende Grundentscheidung des Autors, die in sich stimmig ist.
Gleiches gilt für die Konzentration auf politikgeschichtliche Fragen, die schon bei den vorangegangenen Bänden bisweilen als Vernachlässigung gesellschafts- und kulturgeschichtlicher Phänomene kritisiert wurde. Die Fokussierung auf politische und ökonomische Entwicklungen ist im vorliegenden Band besonders ausgeprägt, was vielleicht auch durch die zeitliche Nähe zur Gegenwart und durch das Fehlen solider historischer Arbeiten zu gesellschaftlichen und kulturellen Themen begünstigt wird. Diese Beschränkung ist legitim, angesichts der Dimension der Betrachtung vielleicht sogar notwendig. Winkler gelingt es, auf hohem analytischen Niveau eine kenntnisreiche und fesselnde globale Politikgeschichte vorzulegen. Dass es sich dabei auch um ein ausgesprochenes Lesevergnügen handelt, soll nicht unerwähnt bleiben.
Winklers ideengeschichtliche Klammer für seine "Geschichte des Westens" ist das "normative Projekt der Amerikanischen Revolution von 1776 und der Französischen Revolution von 1789 in Gestalt der unveräußerlichen Menschenrechte, der Herrschaft des Rechts, der Gewaltenteilung, der Volkssouveränität und der repräsentativen Demokratie". Bei aller Uneinigkeit und Differenzen halten diese gemeinsamen Werte den Westen zusammen und machen - heute mehr als zu manch anderen Zeiten - seine "globale Anziehungskraft" aus. Nach der Zeitenwende 1989/90, dem Zusammenbruch des Ostblocks sah es so aus - und so hofften viele Zeitgenossen -, dass sich mittelfristig "ein trikontinentaler Friedensraum" auf Grundlage der Demokratie entwickeln werde.
Winkler zeigt auf, wie weit sich die reale Welt mittlerweile von dieser Vision entfernt hat. Aus einer bipolaren Welt während der Zeit des Kalten Krieges, der Systemkonkurrenz zwischen Ost und West hat sich langfristig keine unipolare Konstellation entwickelt, sondern eine multipolare, in der sich die politischen Koordinaten ständig verändern. Besonders deutlich wird dies an der sich wandelnden Rolle der Vereinigte Staaten in Weltpolitik und Weltökonomie. Die Vereinigten Staaten seien zwar auch heute noch immer die mächtigste Nation der Welt, aber von der "weltumspannenden Hegemonie", die sie nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989/90 für sich beanspruchen konnten, sei sie inzwischen weit entfernt. Dazu haben sowohl die nachlassende Wirtschaftsleistung, Schuldenkrise und der Kampf gegen den Terror nach dem 11. September, die Kriege im Irak und in Afghanistan beigetragen als auch das Erstarken der Wirtschaften von ehemaligen Schwellenländern wie China, das sich anschickt, die Vereinigten Staaten ökonomisch zu überholen.
Und Europa? Winkler legt dar, dass Europas Verhältnis zu den Vereinigten Staaten zwar einerseits durch Spannungen und Asymmetrien gekennzeichnet ist, man denke nur an die NSA-Affäre. Andererseits versuche man, in den aktuellen Krisen weiter an einem Strang zu ziehen. Europa sei es bisher nicht gelungen, ein innerwestliches Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten zu schaffen. Dies liege nicht zuletzt an den Konstruktionsfehlern der Währungsunion, die in der aktuellen Krise besonders virulent sind und eine stärkere politische Union in weite Ferne rücken lassen. Dennoch sei es bei der Bekämpfung des globalen Terrors und in der Ukraine-Krise gelungen, geschlossen zu agieren.
Die Entwicklung Deutschlands und seiner Rolle in der Weltpolitik sieht Winkler positiv: Aus dem "kranken Mann Europas" sei das "mächtigste Land Europas" geworden, wie es der "Economist" plakativ zusammenfasste. Durch eine nachhaltige Wirtschaftspolitik, deren Grundlagen in der Regierungszeit von Gerhard Schröder unter anderem durch die "Agenda 2010" gelegt worden seien, sei Deutschland zur "Konjunkturlokomotive" in Europa geworden. Positiv bewertet er auch die diplomatischen Anstrengungen Deutschlands im Krisenjahr 2014.
Die westlichen Demokratien dürften nicht aufhören, mit eigenen "Abweichungen von den eigenen Werten in Geschichte und Gegenwart schonungslos ins Gericht zu gehen", so Winkler, denn nur dann können sie gegenüber nichtwestlichen Gesellschaften glaubwürdig für "ihre größte Errungenschaft", den universellen Charakter der unveräußerlichen Menschenrechte, eintreten: Nur wenn diese Rechte weltweit verwirklicht seien, werden die Ideen von 1776 und 1789 ein vollendetes Projekt sein. Nach vier Bänden über die Zeit von der Antike bis heute ist Winklers Fazit ambivalent: "Die Wühlarbeit des normativen Projekts des Westens, der Ideen der unveräußerlichen Menschenrechte, der Herrschaft des Rechts, der Gewaltenteilung, der Volkssouveränität und der repräsentativen Demokratie ist noch lange nicht zu Ende." Das muss jedoch nicht die Beschreibung eines Defizits sein, sondern kann als vorsichtig optimistischer Ausblick gelesen werden.
DANIELA MÜNKEL
Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens. Die Zeit der Gegenwart. C. H. Beck Verlag, München 2015. 576 S., 29,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Heinrich August Winklers fesselnde globale Politikgeschichte der allerjüngsten Zeit
"Das Ende aller Sicherheit": Der Krieg ist abermals nach Europa zurückgekehrt. Wie, wann und ob die Ukraine-Krise gelöst werden kann, ist trotz Verhandlungsmarathon und Minsker Abkommen noch nicht absehbar. Der islamische Terror ist mitten in Europa angekommen - der Anschlag auf die Redaktion von "Charlie Hebdo" markiert einen weiteren, schrecklichen Höhepunkt. Seuchen und Naturkatastrophen bedrohen auch Europa. Der NSA-Skandal schürt Misstrauen zwischen den Bündnispartnern jenseits und diesseits des Atlantiks. Die EU ist erschüttert durch Wirtschaftskrise und die Auseinandersetzungen zwischen "reicheren" und "ärmeren" Ländern - sie ist von einer politischen Union genauso weit entfernt wie vor über 20 Jahren. Die weltpolitischen Konstellationen und Koalitionen sind längst nicht mehr verlässlich und berechenbar. Eine ziemlich düstere Bilanz im 15. Jahr des 21. Jahrhunderts: Ausgang offen.
Mit "Das Ende aller Sicherheit" ist das letzte Kapitel in Heinrich August Winklers neuestem Buch überschrieben. Dieser vierte Band schließt seine "Geschichte des Westens" ab: "Die Zeit der Gegenwart" beginnt für ihn 1991 und endet ganz aktuell im Jahr 2014. Der Zeitraum, der hier beschrieben wird, ist Zeitgeschichte, die noch dampft, die noch nicht mit dem üblichen Abstand und den nötigen Quellen analysiert werden kann. Entwicklungen sind noch im Gang, deren Ausgang heute noch nicht abgesehen werden kann. Manches wird sich in 20 Jahren anders darstellen als heute. Insofern unterscheidet sich dieser Band grundsätzlich von den vorangegangenen. Besonders die letzten beiden Kapitel, die das 21. Jahrhundert behandeln, sind als politischer Essay zu lesen.
Als Chronist und politischer Analytiker lässt Winkler die vergangenen 25 Jahre noch einmal an uns vorüberziehen. Es ist beeindruckend, in welch dichter Beschreibung die weltweiten politischen Ereignisse und Prozesse präsentiert werden. Im Mittelpunkt stehen die Vereinigte Staaten, die Staaten der EU und Russland. Aber auch Afrika, Asien oder der Nahe und Mittlere Osten werden in den Blick genommen. Die dortigen Entwicklungen werden allerdings vor allem im Hinblick auf ihre Relevanz für den Westen präsentiert - eine westlich zentrierte Globalgeschichte. Das ist aber die auch normativ zu verstehende Grundentscheidung des Autors, die in sich stimmig ist.
Gleiches gilt für die Konzentration auf politikgeschichtliche Fragen, die schon bei den vorangegangenen Bänden bisweilen als Vernachlässigung gesellschafts- und kulturgeschichtlicher Phänomene kritisiert wurde. Die Fokussierung auf politische und ökonomische Entwicklungen ist im vorliegenden Band besonders ausgeprägt, was vielleicht auch durch die zeitliche Nähe zur Gegenwart und durch das Fehlen solider historischer Arbeiten zu gesellschaftlichen und kulturellen Themen begünstigt wird. Diese Beschränkung ist legitim, angesichts der Dimension der Betrachtung vielleicht sogar notwendig. Winkler gelingt es, auf hohem analytischen Niveau eine kenntnisreiche und fesselnde globale Politikgeschichte vorzulegen. Dass es sich dabei auch um ein ausgesprochenes Lesevergnügen handelt, soll nicht unerwähnt bleiben.
Winklers ideengeschichtliche Klammer für seine "Geschichte des Westens" ist das "normative Projekt der Amerikanischen Revolution von 1776 und der Französischen Revolution von 1789 in Gestalt der unveräußerlichen Menschenrechte, der Herrschaft des Rechts, der Gewaltenteilung, der Volkssouveränität und der repräsentativen Demokratie". Bei aller Uneinigkeit und Differenzen halten diese gemeinsamen Werte den Westen zusammen und machen - heute mehr als zu manch anderen Zeiten - seine "globale Anziehungskraft" aus. Nach der Zeitenwende 1989/90, dem Zusammenbruch des Ostblocks sah es so aus - und so hofften viele Zeitgenossen -, dass sich mittelfristig "ein trikontinentaler Friedensraum" auf Grundlage der Demokratie entwickeln werde.
Winkler zeigt auf, wie weit sich die reale Welt mittlerweile von dieser Vision entfernt hat. Aus einer bipolaren Welt während der Zeit des Kalten Krieges, der Systemkonkurrenz zwischen Ost und West hat sich langfristig keine unipolare Konstellation entwickelt, sondern eine multipolare, in der sich die politischen Koordinaten ständig verändern. Besonders deutlich wird dies an der sich wandelnden Rolle der Vereinigte Staaten in Weltpolitik und Weltökonomie. Die Vereinigten Staaten seien zwar auch heute noch immer die mächtigste Nation der Welt, aber von der "weltumspannenden Hegemonie", die sie nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989/90 für sich beanspruchen konnten, sei sie inzwischen weit entfernt. Dazu haben sowohl die nachlassende Wirtschaftsleistung, Schuldenkrise und der Kampf gegen den Terror nach dem 11. September, die Kriege im Irak und in Afghanistan beigetragen als auch das Erstarken der Wirtschaften von ehemaligen Schwellenländern wie China, das sich anschickt, die Vereinigten Staaten ökonomisch zu überholen.
Und Europa? Winkler legt dar, dass Europas Verhältnis zu den Vereinigten Staaten zwar einerseits durch Spannungen und Asymmetrien gekennzeichnet ist, man denke nur an die NSA-Affäre. Andererseits versuche man, in den aktuellen Krisen weiter an einem Strang zu ziehen. Europa sei es bisher nicht gelungen, ein innerwestliches Gegengewicht zu den Vereinigten Staaten zu schaffen. Dies liege nicht zuletzt an den Konstruktionsfehlern der Währungsunion, die in der aktuellen Krise besonders virulent sind und eine stärkere politische Union in weite Ferne rücken lassen. Dennoch sei es bei der Bekämpfung des globalen Terrors und in der Ukraine-Krise gelungen, geschlossen zu agieren.
Die Entwicklung Deutschlands und seiner Rolle in der Weltpolitik sieht Winkler positiv: Aus dem "kranken Mann Europas" sei das "mächtigste Land Europas" geworden, wie es der "Economist" plakativ zusammenfasste. Durch eine nachhaltige Wirtschaftspolitik, deren Grundlagen in der Regierungszeit von Gerhard Schröder unter anderem durch die "Agenda 2010" gelegt worden seien, sei Deutschland zur "Konjunkturlokomotive" in Europa geworden. Positiv bewertet er auch die diplomatischen Anstrengungen Deutschlands im Krisenjahr 2014.
Die westlichen Demokratien dürften nicht aufhören, mit eigenen "Abweichungen von den eigenen Werten in Geschichte und Gegenwart schonungslos ins Gericht zu gehen", so Winkler, denn nur dann können sie gegenüber nichtwestlichen Gesellschaften glaubwürdig für "ihre größte Errungenschaft", den universellen Charakter der unveräußerlichen Menschenrechte, eintreten: Nur wenn diese Rechte weltweit verwirklicht seien, werden die Ideen von 1776 und 1789 ein vollendetes Projekt sein. Nach vier Bänden über die Zeit von der Antike bis heute ist Winklers Fazit ambivalent: "Die Wühlarbeit des normativen Projekts des Westens, der Ideen der unveräußerlichen Menschenrechte, der Herrschaft des Rechts, der Gewaltenteilung, der Volkssouveränität und der repräsentativen Demokratie ist noch lange nicht zu Ende." Das muss jedoch nicht die Beschreibung eines Defizits sein, sondern kann als vorsichtig optimistischer Ausblick gelesen werden.
DANIELA MÜNKEL
Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens. Die Zeit der Gegenwart. C. H. Beck Verlag, München 2015. 576 S., 29,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Europas bedeutendster Historiker erzählt darin eine grosse Geschichte: Wie die Freiheit aus dem Widerstreit von geistlicher Gewalt und weltlicher Macht geboren wurde."
Blick, Frank A. Meyer
"a vivid, eminently readable account of high politics and political thought - is a performative act to anchor Germany firmly in the imagined community of the West. The rationale for producing such a work is as clear as its message: Germans should care about the West because they belong to it."
sehepunkte, Riccardo Bavaj
Blick, Frank A. Meyer
"a vivid, eminently readable account of high politics and political thought - is a performative act to anchor Germany firmly in the imagined community of the West. The rationale for producing such a work is as clear as its message: Germans should care about the West because they belong to it."
sehepunkte, Riccardo Bavaj