Die historischen Erklärungen von Oratorien sind aus der Praxis des Chorsingens im Bremer Brahmschor unter Joshard Daus entstanden und für die Chorpraxis gedacht. Vergewisserung des Inhalts von Oratorien, im Idealfall unmittelbar vor dem Konzert, ist auch für das Publikum hilfreich, schon weil Gesungenes oft schwer zu verstehen ist. Umgekehrt lebt die Musik von ihrer Umsetzung des Inhalts. Chorleiter können ihre Sänger besser einstellen und motivieren, wenn sie ihnen dramatische Situationen von innen her erklären, z. B. im »Elias« die Gottesurteilszene auf dem Berg Karmel, oder im »Judas Maccabäus« das Spottlied der Juden: »Fall ward sein Los, so fällt Dein Feind, o Gott. Und mit ihm sank sein frecher Spott.« Es ist keine Berufskrankheit des Historikers, wenn ihm Geschichte als einfachster Einstieg zum inhaltlichen Verständnis erscheint: Vielen Oratorien, also geistlicher Musik, liegt ein historischer Stoff zu Grunde, meist aus der jüdisch-christlichen Heilsgeschichte des Alten oder Neuen Testaments. Ihr Inhalt wird zeitlich datierbar, räumlich lokalisierbar und erschließt sich also der historischen Betrachtung. Die folgenden Erklärungen konzentrieren sich auf die profanhistorische Dimension religiös geheiligter Geschichte, für die die Bibel oft die einzige oder wichtigste schriftliche Quelle ist.