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Dietmar Rothermund beschreibt die Geschichte Indiens vom Ende des letzten antiken Großreichs über die glanzvolle Zeit der Mogulkaiser und die daran anschließende britische Kolonialzeit bis zur Gegenwart. Ein Schwerpunkt liegt auf dem 20. Jahrhundert, in dem das Land in einem dramatischen Freiheitskampf um den Preis der bis heute äußerst konfliktträchtigen Teilung in die beiden Staaten Indien und Pakistan die Unabhängigkeit errang.

Produktbeschreibung
Dietmar Rothermund beschreibt die Geschichte Indiens vom Ende des letzten antiken Großreichs über die glanzvolle Zeit der Mogulkaiser und die daran anschließende britische Kolonialzeit bis zur Gegenwart. Ein Schwerpunkt liegt auf dem 20. Jahrhundert, in dem das Land in einem dramatischen Freiheitskampf um den Preis der bis heute äußerst konfliktträchtigen Teilung in die beiden Staaten Indien und Pakistan die Unabhängigkeit errang.
Autorenporträt
Dietmar Rothermund, geboren 1933, ist emeritierter Professor für die Geschichte Südasiens am Südasien-Institut der Universität Heidelberg, das er viele Jahre leitete. Er ist Fellow of the Royal Historical Society, London, und Vorsitzender der European Association of South Asian Studies. Zahlreiche, in viele Sprachen übersetzte Veröffentlichungen haben ihn international bekannt gemacht.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.03.1996

So fern und doch sehr nah
Viel Licht: Dietmar Rothermund hat ein Standardwerk über Indien herausgegeben

Indien hat wieder Konjunktur. Lange Zeit war es lediglich ein Synonym für eine mittelalterlich anmutende Gesellschaft, für Aberglauben, Hunger, Armut und Überbevölkerung. Den Zeitungen waren nur Berichte über Kinderarbeit und anderes soziales Elend eine Meldung wert. Höchstens als exotisches Reiseziel erfreute es sich einiger Beliebtheit. Die Wirtschaftsreformen der Regierung Rao haben dies schlagartig geändert. Die Indische Union ist nach ihrer Öffnung trotz Anlaufschwierigkeiten auf dem besten Wege, ein attraktiver Markt zu werden, der, anders als der große Konkurrent China, mit einem stabilen politischen System einhergeht, das dem des Westens sehr ähnelt. Von der Öffentlichkeit hierzulande anfangs wenig beachtet, sind deutsche Firmen in dieses Geschäft längst eingestiegen. Indien gibt allerdings nicht nur zu Hoffnungen Anlaß: Die Bilder von Ayodhya und der Geiselnahme in Kaschmir gingen um die Welt. Ein weiterer Krieg mit Pakistan - möglicherweise ein Nuklearkrieg - erschien vor wenigen Jahren bedrohlich nahe. Es herrscht also in vielfacher Hinsicht Informationsbedarf.

Dietmar Rothermund hat diesem neu erwachten Interesse Rechnung getragen und ein Buch vorgelegt, das Indien auf wissenschaftlichem Niveau und dabei allgemeinverständlich in all seinen Facetten erfaßt. Als Mitautoren hat er eine Reihe vorzüglicher, überwiegend deutscher Kenner des Landes gewonnen, von denen viele, wie auch der Herausgeber selbst, am Südasieninstitut Heidelberg tätig sind. Das Konzept ist gelungen: Ein besonderes Augenmerk gilt - dem öffentlichen Interesse angemessen - dem modernen Staat, einschließlich der Entwicklungen seit 1991. Den wirtschaftlichen Reformen ist dabei viel Platz eingeräumt worden, womit ein Leserkreis angesprochen wird, der sich sonst wenig mit Indien auseinandersetzen dürfte. Daneben finden sich jedoch auch die Themen Geschichte, Religion und Kultur, denen in Deutschland traditionell große Aufmerksamkeit gewidmet wird.

Aus der Fülle der hervorragenden Beiträge können nur einige gesondert hervorgehoben werden. So verdienen an erster Stelle die bezüglich Klarheit und Präzision Maßstäbe setzenden Aufsätze Rothermunds höchstes Lob. Von den sieben Großkapiteln ist das über die Religionen das beste; es ist zu hoffen, daß es zu einer Differenzierung gängiger Klischees beiträgt. Ansonsten werden die aktuellen politisch-religiösen Auseinandersetzungen in Indien - Stichwort Ayodhya - nicht zu verstehen sein. Ein Buch mit sieben Siegeln sind für viele Nicht-Inder beispielsweise der Hinduismus und das Kastensystem. Diese in knapper Form darzustellen und doch deren Vielfalt zu erfassen stellt eine der großen Leistungen des Werkes dar.

Das nachfolgende Kapitel "Literatur, Kunst, Musik" ist von ähnlicher Qualität. Es stellt mit Lutzes Aufsatz über die indische Literatur den stärksten Einzelbeitrag des ganzen Buches - mag auch mancher Leser einen so prominenten Namen wie den Naipauls vermissen. Schon die Übersicht über das Werk Tagores ist eine Meisterleistung. Besondere Beachtung verdient Bautzes engagierter Artikel über Aspekte der Kunst.

Wo viel Licht ist, sind Schatten unvermeidlich. So hat auch dieses Buch einige Schwächen. Erstaunt sein darf man über eine Unterlassung, die wohl jedem Kenner der Materie ins Auge fällt: Es ist versäumt worden, eingangs den Begriff "Indien" zu definieren (einige Autoren haben es nachgeholt). Handelt es sich um den Kulturraum oder um den Staat? Trifft ersteres zu, ist es unmöglich, sich auf die Indische Union zu beschränken. Wenn schon immer wieder auf die gemeinsamen Ursprünge und Kulturen der gerade knapp fünfzig Jahre alten Staaten Südasiens hingewiesen wird, wäre hier ein klärendes Wort nötig gewesen. Dies würde auch ein Blick auf eine Karte zeigen: Bangladesch beispielsweise ist fast völlig von der Indischen Union umfaßt. Karten aber sind leider Mangelware in diesem Buch. So ist zwar regelmäßig von Bundesstaaten die Rede, ihre geographische Lage wird aber erst auf Seite 398 ersichtlich.

Von den Einzelbeiträgen verdienen nur zwei Kritik: Angesichts der Spannungen in Kaschmir, der indischen Nuklearrüstung und des Raketenprogramms hätte man sich zum Thema der indischen Verteidigung mehr als eine amtliche Darstellung erhofft. Die Entscheidung, ausgerechnet einen aktiven indischen Generalmajor mit dieser Aufgabe zu befassen, ist deshalb ein Schildbürgerstreich. Fragwürdig ist auch der Beitrag über die Außenpolitik, sofern er sich mit den Nehru-Jahren befaßt: Indiens erster Premier hinterließ einen außenpolitischen Scherbenhaufen - man bedenke nur das Desaster seiner Chinapolitik. Die militärische Niederlage des Jahres 1962 war der absolute Tiefpunkt in der Geschichte des unabhängigen Indien. Daher kann man kaum behaupten, daß er "in meisterhafter Weise eine realpolitische Außenpolitik verfolgte". Eine solche Leistung ist eher dem mit keinem Wort erwähnten Nachfolger Shastri zuzuschreiben, der nicht nur in diesem Artikel zu kurz kommt.

Diese Schwächen mindern den vorzüglichen Gesamteindruck jedoch in keiner Weise. Dieses Buch ist wissenschaftlich, brandaktuell und bietet zugleich eine angenehme Lektüre: Dietmar Rothermund hat ein Standardwerk vorgelegt. Es ist zu hoffen, daß es Indien einem weiteren Leserkreis näherbringt. AMIT DAS GUPTA

Dietmar Rothermund (Hrsg.): "Indien". Kultur, Geschichte, Politik, Wirtschaft, Umwelt. Ein Handbuch. Verlag C. H. Beck, München 1996, 682 S., 53 Abb., 7 Karten, geb., 78,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Einerseits ist Andreas Eckert sehr angetan von diesem konzisen Überblick über die indische Geschichte. Autor Dietmar Rothermund mache das Thema auf gut hundert Seiten einer breiteren Leserschaft zugänglich und bereite die extrem komplexe Thematik knapp und sinnvoll auf: "Erst in der Beschränkung zeigt sich bekanntlich der Meister". Auf der anderen Seite findet der Rezensent diese Knappheit, die sich vor allem in der Beschränkung auf die politische Geschichte Indiens zeigt, zwar verständlich, nichtsdestotrotz an vielen Stellen bedauerlich. Er vermisst so einige Teildisziplinen, die die auf Indien bezogene Historiografie in den letzen Jahren bereichert haben, so zum Beispiel "die Umwelt- und die Geschlechtergeschichte" oder auch die "subaltern studies", die sich darauf konzentrieren, eine Geschichte von unten zu erzählen. Trotz alledem: Eckert ist beeindruckt von dieser Monografie über die Geschichte des Subkontinents, besonders von Rothermunds Aufbereitung des 20. Jahrhunderts.

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