Um ihre spirituellen Einsichten zu vermitteln, bedienten sich die Weisen des Orients von jeher eines Tricks: Sie verpackten sie in unterhaltsame Geschichten, Märchen und Parabeln. Zwei zeitgenössische Sufis erzählen hier einige der berühmtesten dieser Geschichten und leiten den Leser dazu an, die in ihnen verschlüsselt überlieferte Weisheit der großen Sufi-Meister zu entziffern.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.01.2002Fata Morgana
Der Sehnsucht nach dem altem Glanz im Restaurant Borchardt verfällt eine Chronik von Andreas Krause
Als das alte Reich nach dem Dreißigjährigen Krieg in lauter Kleinstaaterei und Krähwinkel auseinanderzubrechen drohte, raffte sich das Kurfürstentum Brandenburg aus seinen Trümmern auf, erhob sich bald zum Königreich Preußen, um schließlich den deutschen Landen wieder größere Verhältnisse zu verleihen. Die preußischen Philosophen bleuten den Deutschen ein, endlich auch abstrakt und rational zu denken, und nirgendwo gewinnt dieser Geist plastisch besseren Ausdruck als in den schachbrettartigen Baublöcken der Dorotheen- und Friedrichstadt. Im Barock wurde ein streng geordneter Grundriß geschaffen, und der Wilhelminismus brachte am Ende kolossale Fassadenordnungen, die etwas Imperiales ausdrücken. Das Haus, welches das Restaurant "Borchardt" beherbergt, zeugt bis heute davon, daß man in Berlin eine Zeitlang nach weltläufigen Verhältnissen strebte.
Als die Mauer fiel, hatten Roland Mary und Marina Richter eine feine Nase für zukünftige gastronomische Entwicklungen in der Stadt. Während sie in den achtziger Jahren nahe dem Savignyplatz eine Tankstelle in das Restaurant "Shell" verwandelt hatten, zog es sie gleich nach der Wende in die Dorotheen- und Friedrichstadt. Sie ahnten, daß das Viertel um den Gendarmenmarkt das neue gastronomische Zentrum Berlins werden könnte, und sie entdeckten in der Französischen Straße das Gebäude, in dem sich einst das "Borchardt" befand. Der heruntergekommene hallenartige Raum schien ihnen geeignet, um wieder ein Lokal einzurichten, das Weltoffenheit und Lebensart verkörpert. 1992 wurde das "Borchardt" neu eröffnet. Zwar mußte vorübergehend noch einmal geschlossen werden, weil die Baustellen ringsum den Zugang nahezu unmöglich machten, doch von 1995 an wurde es endgültig wieder eine prominente Adresse.
Um das Lokal ins rechte Licht zu rücken, hat Andreas Krause das Buch "Im Borchardt" verfaßt. Er schildert die Entstehung des Unternehmens als Luxusrestaurant und Feinkostgeschäft im neunzehnten Jahrhundert, berichtet von Dornröschenschlaf und Verfall zu Zeiten des "Arbeiter-und-Bauern-Staates" und feiert die Wiederauferstehung des "Borchardt". Der Text wird von vielen historischen Fotografien begleitet, doch auch von stimmungsvoll schlichten, aktuellen Aufnahmen, die Sven Grüß, Manfred Hamm und Cornelius Meffert beigesteuert haben. Ursula Fabian hat darüber hinaus Rezepte zusammengestellt, die sich auf Angaben des Küchenchefs Philippe Lemoine, des Souschefs Sven Reschke und des Chefpatissiers Berndt Kettler stützen.
Krause hebt zu Recht die denkmalpflegerische Leistung hervor, die der Wiedereröffnung vorausging. Die gedämpft rote Sandsteinfassade wurde gereinigt und teilweise rekonstruiert. Beherrschend sind die kolossalen Pilaster, die das zweite, dritte und vierte Stockwerk übergreifen. Wenngleich das "Borchardt" schon im Jahr 1853 gegründet wurde, stammt das erhaltene Gebäude erst aus dem Jahr 1900. Früher war das Restaurant im Nebengebäude untergebracht, das im Krieg zerstört wurde. Jetzt befindet sich das Restaurant im ehemaligen Feinkostgeschäft. So wie außen die Pilaster erhaben wirken, erzeugen innen vier Säulen aus graugrünem Stuckmarmor ein Gefühl des Unerschütterlichen und Ewigen. Die alten Bodenfliesen mit abstrakten Pflanzenmotiven wurden ebenso restauriert wie das Wandmosaik, das im pompejischen Stil eine Weinkönigin zeigt. Krause hat für manches Detail ein gutes Auge und stellt es in eleganter Sprache vor: "Die niedrige Bar aus Kirschholz, an der man stehen kann und nicht auf Hockern thronen muß, läßt den Raum offen und großzügig wirken. Die dezente Wandvertäfelung und halbhohe Gardinen geben dem Saal Wärme und Diskretion."
Weniger sicher wirkt Krause, wenn er den Rang des Lokals bestimmt. Er ist von der fixen Idee besessen, im neuen wie im alten "Borchardt" den "Stammtisch der Elite" zu erblicken. Er wehrt sich dagegen, das Restaurant bloß als "Szenelokal" zu begreifen, führt jedoch reihenweise Stammgäste ins Feld, die nun einmal zum klassischen Inventar eines jeden Berliner Szene-Lokals gehören, wie Otto Sander oder Ben Becker. Es wird tüchtig auf den Putz gehauen, daß man um die Denkmalpflege schon wieder bangen muß: "In dieser Halle wurden früher die Waren des Borchardtschen Delikatessenhandels ausgestellt, und wenn man so will, ist die wilhelminische Markthalle zur Agora der Berliner Republik avanciert."
Unter den Speisen des Hauses, so wird hervorgehoben, sei das Wiener Schnitzel der "Klassiker", und ein paar Zeilen weiter unten wird dem Restaurant "Sterne-Qualität" bescheinigt. Da möchte man daran erinnern, daß die "Sterne-Qualität" erst erreicht ist, wenn man einen Stern hat. Das neue "Borchardt" am alten zu messen, schlägt fehl, weil es im heutigen Berlin noch nicht die Elite gibt, die es einmal hatte. Das Lokal ist kein Luxusrestaurant, sondern eine gehobene Brasserie. Das Buch ist dennoch zu empfehlen, da man viel über ein Lokal erfährt, das die Aufschneiderei gar nicht nötig hat - und das Rezept für das Wiener Schnitzel ist tadellos.
ERWIN SEITZ
Im Borchardt. Menschen - Geschichten - Rezepte. Text von Andreas Krause, Fotos von Sven Grüß, Manfred Hamm und Cornelius Meffert und Rezeptteil von Ursula Fabian. Nicolai Verlag, Berlin 2001. 184 Seiten, 24,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Sehnsucht nach dem altem Glanz im Restaurant Borchardt verfällt eine Chronik von Andreas Krause
Als das alte Reich nach dem Dreißigjährigen Krieg in lauter Kleinstaaterei und Krähwinkel auseinanderzubrechen drohte, raffte sich das Kurfürstentum Brandenburg aus seinen Trümmern auf, erhob sich bald zum Königreich Preußen, um schließlich den deutschen Landen wieder größere Verhältnisse zu verleihen. Die preußischen Philosophen bleuten den Deutschen ein, endlich auch abstrakt und rational zu denken, und nirgendwo gewinnt dieser Geist plastisch besseren Ausdruck als in den schachbrettartigen Baublöcken der Dorotheen- und Friedrichstadt. Im Barock wurde ein streng geordneter Grundriß geschaffen, und der Wilhelminismus brachte am Ende kolossale Fassadenordnungen, die etwas Imperiales ausdrücken. Das Haus, welches das Restaurant "Borchardt" beherbergt, zeugt bis heute davon, daß man in Berlin eine Zeitlang nach weltläufigen Verhältnissen strebte.
Als die Mauer fiel, hatten Roland Mary und Marina Richter eine feine Nase für zukünftige gastronomische Entwicklungen in der Stadt. Während sie in den achtziger Jahren nahe dem Savignyplatz eine Tankstelle in das Restaurant "Shell" verwandelt hatten, zog es sie gleich nach der Wende in die Dorotheen- und Friedrichstadt. Sie ahnten, daß das Viertel um den Gendarmenmarkt das neue gastronomische Zentrum Berlins werden könnte, und sie entdeckten in der Französischen Straße das Gebäude, in dem sich einst das "Borchardt" befand. Der heruntergekommene hallenartige Raum schien ihnen geeignet, um wieder ein Lokal einzurichten, das Weltoffenheit und Lebensart verkörpert. 1992 wurde das "Borchardt" neu eröffnet. Zwar mußte vorübergehend noch einmal geschlossen werden, weil die Baustellen ringsum den Zugang nahezu unmöglich machten, doch von 1995 an wurde es endgültig wieder eine prominente Adresse.
Um das Lokal ins rechte Licht zu rücken, hat Andreas Krause das Buch "Im Borchardt" verfaßt. Er schildert die Entstehung des Unternehmens als Luxusrestaurant und Feinkostgeschäft im neunzehnten Jahrhundert, berichtet von Dornröschenschlaf und Verfall zu Zeiten des "Arbeiter-und-Bauern-Staates" und feiert die Wiederauferstehung des "Borchardt". Der Text wird von vielen historischen Fotografien begleitet, doch auch von stimmungsvoll schlichten, aktuellen Aufnahmen, die Sven Grüß, Manfred Hamm und Cornelius Meffert beigesteuert haben. Ursula Fabian hat darüber hinaus Rezepte zusammengestellt, die sich auf Angaben des Küchenchefs Philippe Lemoine, des Souschefs Sven Reschke und des Chefpatissiers Berndt Kettler stützen.
Krause hebt zu Recht die denkmalpflegerische Leistung hervor, die der Wiedereröffnung vorausging. Die gedämpft rote Sandsteinfassade wurde gereinigt und teilweise rekonstruiert. Beherrschend sind die kolossalen Pilaster, die das zweite, dritte und vierte Stockwerk übergreifen. Wenngleich das "Borchardt" schon im Jahr 1853 gegründet wurde, stammt das erhaltene Gebäude erst aus dem Jahr 1900. Früher war das Restaurant im Nebengebäude untergebracht, das im Krieg zerstört wurde. Jetzt befindet sich das Restaurant im ehemaligen Feinkostgeschäft. So wie außen die Pilaster erhaben wirken, erzeugen innen vier Säulen aus graugrünem Stuckmarmor ein Gefühl des Unerschütterlichen und Ewigen. Die alten Bodenfliesen mit abstrakten Pflanzenmotiven wurden ebenso restauriert wie das Wandmosaik, das im pompejischen Stil eine Weinkönigin zeigt. Krause hat für manches Detail ein gutes Auge und stellt es in eleganter Sprache vor: "Die niedrige Bar aus Kirschholz, an der man stehen kann und nicht auf Hockern thronen muß, läßt den Raum offen und großzügig wirken. Die dezente Wandvertäfelung und halbhohe Gardinen geben dem Saal Wärme und Diskretion."
Weniger sicher wirkt Krause, wenn er den Rang des Lokals bestimmt. Er ist von der fixen Idee besessen, im neuen wie im alten "Borchardt" den "Stammtisch der Elite" zu erblicken. Er wehrt sich dagegen, das Restaurant bloß als "Szenelokal" zu begreifen, führt jedoch reihenweise Stammgäste ins Feld, die nun einmal zum klassischen Inventar eines jeden Berliner Szene-Lokals gehören, wie Otto Sander oder Ben Becker. Es wird tüchtig auf den Putz gehauen, daß man um die Denkmalpflege schon wieder bangen muß: "In dieser Halle wurden früher die Waren des Borchardtschen Delikatessenhandels ausgestellt, und wenn man so will, ist die wilhelminische Markthalle zur Agora der Berliner Republik avanciert."
Unter den Speisen des Hauses, so wird hervorgehoben, sei das Wiener Schnitzel der "Klassiker", und ein paar Zeilen weiter unten wird dem Restaurant "Sterne-Qualität" bescheinigt. Da möchte man daran erinnern, daß die "Sterne-Qualität" erst erreicht ist, wenn man einen Stern hat. Das neue "Borchardt" am alten zu messen, schlägt fehl, weil es im heutigen Berlin noch nicht die Elite gibt, die es einmal hatte. Das Lokal ist kein Luxusrestaurant, sondern eine gehobene Brasserie. Das Buch ist dennoch zu empfehlen, da man viel über ein Lokal erfährt, das die Aufschneiderei gar nicht nötig hat - und das Rezept für das Wiener Schnitzel ist tadellos.
ERWIN SEITZ
Im Borchardt. Menschen - Geschichten - Rezepte. Text von Andreas Krause, Fotos von Sven Grüß, Manfred Hamm und Cornelius Meffert und Rezeptteil von Ursula Fabian. Nicolai Verlag, Berlin 2001. 184 Seiten, 24,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main