Was bedeutete es, im Sozialismus im Rahmen geplanter Wissenschaft Geschichtswissenschaft zu betreiben? War ein Historiker, der Parteimitglied war und sich in die prestigeträchtigsten Positionen des Wissenschaftsbetriebs hochgearbeitet hatte, automatisch auch der Parteiführung hörig und steifster stalinistischer, beziehungsweise marxistisch-leninistischer Geschichtsauslegung verfallen? Oder hatte ein Historiker damals doch viel mehr Spiel- und Freiraum, als es ein erster Blick auf die von marxistisch-leninistischen, propagandistischen Floskeln durchzogenen Texte vermuten lässt? Diese und weitere hiermit zusammenhängende Fragen versucht die Autorin zu beantworten, indem sie sich eingehend mit der Werksbiographie des tschechoslowakischen Historikers Prof. Dr. Frantisek Graus befasst. Sie untersucht seine Artikel aus dem Zeitraum von 1946-1969 und geht so den tieferliegenden Einflüssen auf sein geschichtswissenschaftliches Schreiben nach, die vielleicht weit abseits der Parteipolitikliegen und doch nicht ohne sie gedacht werden können.