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Es war eine ganze Generation von Frauen, die in der jungen Bundesrepublik plötzlich neue Rollen und Lebensentwürfe erprobte und gegen die patriarchalen Strukturen rebellierte. Was trieb sie an? Christina von Braun zeigt am Konfliktfeld "Geschlecht", wie politische und persönliche Geschichte ineinandergreifen. Und sie erzählt vom unbändigen Drang nach Erkenntnis.
Christina von Braun begibt sich auf eine innere Reise, die sie aus dem Deutschland der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart, von Rom, London und New York bis nach Paris und Berlin führt. Wann beginnt eine wohlerzogene Tochter aus
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Produktbeschreibung
Es war eine ganze Generation von Frauen, die in der jungen Bundesrepublik plötzlich neue Rollen und Lebensentwürfe erprobte und gegen die patriarchalen Strukturen rebellierte. Was trieb sie an? Christina von Braun zeigt am Konfliktfeld "Geschlecht", wie politische und persönliche Geschichte ineinandergreifen. Und sie erzählt vom unbändigen Drang nach Erkenntnis.

Christina von Braun begibt sich auf eine innere Reise, die sie aus dem Deutschland der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart, von Rom, London und New York bis nach Paris und Berlin führt. Wann beginnt eine wohlerzogene Tochter aus liberalem Elternhaus über die Frauenrolle nachzudenken? Welchen Einfluss übt die nie gekannte Großmutter aus? Offen und persönlich erkundet Christina von Braun ihre Geschichte und zugleich die ihrer Generation: Sie erzählt vom feministischen Aufbruch im 20. Jahrhundert, an dem sie als Autorin, Denkerin und Filmemacherin federführend und an entscheidender Stelle beteiligt war. Zugleich erzählt sie von ihrem individuellen Ringen, den Feminismus in alltägliches Leben zu übersetzen: Wie gelingt eine Ehe, in der beide Partner selbstbestimmt entscheiden und ihre Ziele gleichberechtigt verfolgen? Wie schafft man es, Mutter zu sein, ohne auf ein eigenständiges Leben zu verzichten?
Autorenporträt
Christina von Braun, geboren 1944 in Rom, drehte etwa 50 Filmdokumentationen und verfasste zahlreiche Bücher und Aufsätze zu kulturgeschichtlichen Themen. 1994 wurde sie an die Humboldt-Universität zu Berlin berufen. Sie war Gründungsdirektorin und langjährige Leiterin des ersten Studiengangs Gender Studies in Deutschland und ist Senior Research Fellow des Selma Stern Zentrums für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg. 2013 erhielt Christina von Braun den Sigmund-Freud-Kulturpreis.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eher ungnädig im Ton bespricht der Literaturwissenschaftler Magnus Klaue dieses Buch, das er zunächst in einen Trend einordnet: Autobiografien von Geisteswissenschaftlern, die durch eine "Verschränkung von Subjekt- und Sozialgeschichte" Relevanz von sich behaupten - ein Beispiel ist Helmut Lethens im letzten Jahr viel beachteter Band "Denn für dieses Leben ist der Mensch nicht schlau genug". Von Braun kommt aus bestem Hause, sie ist verwandt mit dem bekannten Raketenforscher, aber auch Enkelin von Hildegard Margis, die einer kommunistischen Widerstandsgruppe angehörte. Wissenschaftlich gilt sie in Deutschland als die erste Dozentin für Genderstudien. Klaue geht im folgenden vor allem auf Brauns Verhältnis zur Zweiten Frauenbewegung ein, das in ihrem Buch eine Rolle zu spielen scheint, obwohl Braun, so Klaue, ihr nur am Rand angehörte. Offenbar ist sie nicht ganz zufrieden mit den Protagonistinnen dieser Phase, weil sie nicht ihren eigenen Begriff von "Gender" teilen. Klaue wirft Braun eine "gewisse soziale Blindheit" gegenüber den Feministinnen vor, die er auch auf Brauns privilegierten Familienhintergrund zurückführt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.04.2021

Gegen die Wut
Die Genderforscherin Christina von Braun hat ihre Memoiren
geschrieben – und das Porträt einer ganzen Epoche
VON AURELIE VON BLAZEKOVIC
Als Feministin wird man nicht geboren, erst recht nicht im Vatikan im Jahr 1944. Ihre ersten fünf Lebensjahre verbrachte Christina von Braun im Vatikan, wo die Familie gegen Ende und nach dem Krieg als Gäste des Papstes lebte, der Vater war deutscher Diplomat, wurde von den Nazis zunächst nach Äthiopien strafversetzt und dann in den Vatikan befördert, einen der wenigen Staaten, die noch Beziehungen zu Deutschland unterhielten. Von Braun hatte so eine frühe Kindheit im Frieden der vatikanischen Gärten. Hinterlassen hat das paradiesische Erinnerungen – und eine lebenslange Sehnsucht nach Italien.
Es ist nur die erste von vielen Etappen des außergewöhnlichen Lebens, auf das Christina von Braun in ihren Memoiren „Geschlecht. Eine persönliche und eine politische Geschichte“ zurückblickt. Ein Leben in vielen verschiedenen Welten, zwischen Erbe und Emanzipation, zwischen Deutschland und Frankreich. Vor allem, klar, ein Leben als Frau.
Sie wird Kulturwissenschaftlerin, Autorin und Filmemacherin, in den Neunzigern brachte sie die Gender-Studies als Studiengang nach Deutschland und ist Professorin an der Humboldt-Universität in Berlin. Die Geschichten einiger Männer ihrer Familie sind ausführlich beschrieben, der bekannteste unter ihnen ist ihr Onkel, der Raketenwissenschaftler und Nazi-Kollaborateur Wernher von Braun. Ein offenbar charmanter Mann, dessen Erbe sie aber auch zutiefst beschämt. „Nie wieder hatte ich ein derartig gespaltenes Verhältnis zu irgendeinem anderen Menschen.“ Mit ihm, eine andere Episode des Buchs, nahm sie 1969 auch an einem Raketenstart der Nasa in Cape Canaveral teil, ein paar Monate vor der Mondlandung. Solche Beinahe-Begegnungen mit der Geschichte des 20. Jahrhunderts finden sich im Buch.
Von Christina von Brauns weiblichen Vorfahren gibt es, wie in allen Familien, sehr viel weniger Aufzeichnungen, bestenfalls Tagebücher. Und das, obwohl es mit ihrer Großmutter Hildegard Margis eine weitere direkte Verwandte von historischer Bedeutung gibt. Margis wurde in Berlin von der Gestapo verhaftet und starb 1944 im Frauengefängnis Barnimstraße, nachdem sie sich einer Widerstandsgruppe angeschlossen hatte. Das Erbe von Frauen ist häufiger mündlich und damit vergänglicher, Christina von Braun beschäftigte sich mit dieser historischen Ungerechtigkeit schon in früheren Filmen und Büchern. Mit „Geschlecht“ hinterlässt sie ihren Enkelinnen und Enkeln, denen das Buch gewidmet ist, nun eine umfassende und zutiefst politische Aufzeichnung ihrer eigenen Geschichte.
In der wurden Geschlechterfragen erst ganz allmählich zum bestimmenden Motor. Natürlich gab es Achtundsechzig. Die kosmopolitisch aufgewachsene Diplomatentochter (Internatsaufenthalte in England und Norddeutschland) war als junge Intellektuelle in New York und später in Paris stets im Kontakt mit den politischen und kulturellen Eliten. Und sie wuchs in eine Frauenbewegung hinein, die an die Errungenschaften der Zwanzigerjahre direkt anschloss, an die Zeit, in der ihre Großmutter politisch aktiv war. Beide Frauen fanden sich an Zeitpunkten der Geschichte wieder, zu denen jeweils mehr möglich war als zuvor. Für die Großmutter war es nach 1918 das Wahlrecht, für Christina von Braun in den Siebzigern die Freiheit, einen Beruf auszuüben.
Ein Gut, dass sich in ihrer Generation noch erschreckend fragil anfühlte. Bei den Geburten ihrer Kinder schleppte sie Arbeitslektüre ins Krankenhaus und pausierte beruflich gerade einmal zwei Wochen – keine Ausnahme unter ihren gleichaltrigen Freundinnen. Heute, schreibt sie, wundere sie sich manchmal über ihre eigenen Erinnerungen.
Als Freiberuflerin drehte sie Filme, die, so kann sie es rückblickend einordnen, letztlich alle um eine große Frage kreisten: Wie kann es sein, dass sich in gerade mal hundert Jahren die Geschlechterverhältnisse so schnell und so gewaltig verändern konnten? In nur wenigen Generationen schließlich, im Laufe des 20. Jahrhunderts, änderte sich doch eigentlich alles zwischen den Geschlechtern.
Nach Antworten sucht und suchte Christina von Braun stets in der Geschichte, in der Geschichte der Frauenkrankheit Hysterie etwa, in der deutsch-jüdischen Geschichte, oder in der deutschen Romantik. Es ist ein beinahe archäologisches Vorgehen, das von Braun über Jahre als Autorin und später als Wissenschaftlerin entwickelt hat, ein Entblättern der Zeit, ein Forschen nach dem, was hinter einer bestimmten „Erinnerungsschicht“ noch liegt, und warum sich manches parallel entwickelte, etwa die Psychoanalyse und der Film.
So analytisch geht sie auch mit ihrer eigenen Biografie um, wenn sie Schicht für Schicht die Muster ihrer Vergangenheit freilegt.
Wie kam es also dazu, dass sie sich Geschlechterfragen verschrieb? Neben der Zeit und ihrer Herkunft, beides machte das erst möglich, aber vielleicht auch erforderlich, war der wesentliche Grund ihre Ehe. Erst im „Nahkampf“ der Beziehung zu ihrem Mann habe sie die Ohnmacht und die Wut gespürt, die für so einen Weg nötig sind. Nirgends ist das Ringen um gleichberechtigte Freiräume schließlich dringender als im eigenen Privatleben, und nichts politisiert mehr als die Erfahrung von Ungerechtigkeit am eigenen Leib. Mit ihrem Ehemann, dem Psychoanalytiker Tilo Held, ist sie mittlerweile seit 50 Jahren verheiratet.
Im Deutschland der Achtzigerjahre erlebt sie eine unangenehme Überraschung: Sie wird für ihr Familienmodell, zu dem auch eine Kinderfrau gehört, verurteilt. Die Kritik, dass Frauen wie sie für ihre feministische Arbeit letztlich immer weniger privilegierte Frauen ausbeuten würden, kennt sie gut.
Einiges änderte sich seither zwischen den Geschlechtern, doch anderes nur wenig, aber genau das macht diesen Rückblick so aufschlussreich. Eine der lustigsten Episoden des Buchs handelt davon, wie sich die ehrwürdige Académie française bis 1980 dagegen wehrte, die erste Frau in ihren Gelehrtenklub zu lassen.
Noch heute stehen auf der feministischen Agenda Forderungen nach Lohn- und Chancengleichheit ganz oben. Doch die Politisierung von Frauen geht, wohl nicht nur im Leben Christina von Brauns, viel eher auf Erlebnisse zurück, die individueller sind – bis man versteht, dass sie wohl doch nicht so individuell sind. Zum Showdown in der Ehe der Autorin kommt es, als sie 1985 ein Buch über Hysterie schreibt („Nicht Ich. Logik, Lüge, Libido“). Die Erkenntnis, „dass mit dem ,hysterischen Frauenkörper‘ kein individuelles Problem verhandelt wird“, beschreibt Christina von Braun als Befreiung und schließlich auch als Beginn eines Friedens in ihrer Partnerschaft.
Tatsächlich sind die Seiten, die von den Kämpfen der Ehe handeln, besonders lehrreich. Der Fokus auf das Privatleben macht das Buch anschlussfähig an den heutigen Feminismus. Mit der Bedeutung des Geschlechts wird man erst an bestimmten Punkten im Leben konfrontiert. Oft erst dort, wo es hart auf hart kommt, wo die Einzelne Leistung zu bringen hat, Verantwortung zu übernehmen und Erwartungen zu erfüllen – in ihrer Rolle als Mutter, Partnerin oder Arbeitnehmerin.
Das Erbe von Frauen
ist häufiger mündlich und
damit vergänglicher
Im Deutschland der Achtziger
erlebt sie dann eine wirklich
unangenehme Überraschung
„Mit dem ,hysterischen‘ Frauenkörper wird kein individuelles Problem verhandelt.“ – Christina von Braun. Foto: Horst Galuschka/Imago
Christina von Braun:
Geschlecht. Eine
persönliche und politische Geschichte. Propyläen Verlag, Berlin 2021.
368 Seiten, 24 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.07.2021

Die Sache mit dem Patriarchat war nur so eine Idee
Christina von Braun denkt über die Rolle der Frau von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart nach

Dass Geisteswissenschaftler Autobiographien schreiben, ist ungewöhnlich. Zum Ethos des Gelehrten passen keine redseligen Selbstauskünfte. Womöglich ist die Popularität, die das autobiographische Genre in jüngerer Zeit bei Akademikern erlangt hat, ein Symptom für den Zerfall dieses Ethos. Doch hat die autobiographische Mode lesenswerte Bücher hervorgebracht, etwa Karl Heinz Bohrers "Granatsplitter" (2012) und "Jetzt" (2017) oder Helmut Lethens im vergangenen Jahr veröffentlichte Rückschau "Denn für dieses Leben ist der Mensch nicht schlau genug" (F.A.Z. vom 10. Oktober 2020).

Christina von Braun, Gründungsdirektorin des ersten Studiengangs für Gender Studies in Deutschland an der Humboldt-Universität, knüpft mit ihrem Buch "Geschlecht" an solche Versuche der Verschränkung von Subjekt- und Sozialgeschichte an. Schon 2007 hat sie mit "Stille Post" eine Studie über die unbekannten Frauen in ihrer von prominenten Männern bestimmten Familie vorgelegt.

Christina von Braun ist die Nichte des Raketenforschers Wernher von Braun, der im Dritten Reich Direktor der Heeresversuchsanstalt Peenemünde war; ihre Großmutter Hildegard Margis gehörte zur Widerstandsgruppe um den Kommunisten Anton Saefkow. "Stille Post", der Versuch der Sichtbarmachung einer von der Familientradition verdrängten Frauengeschichte, erschien im selben Jahr wie ihre mit Bettina Mathes verfasste Studie "Verschleierte Wirklichkeit". Wenn auch an jeweils historisch anderen Gegenständen, ähnelt sich das Verhältnis, das zwischen Geschlecht und Geschichte in beiden Büchern hergestellt wird: Der Wunsch nach männlicher Beherrschung der Frau wird als kulturunabhängiges Bewegungsgesetz von Zivilisation vorgestellt, womit Unterscheidungen zwischen Vermittlungsformen patriarchaler Herrschaft ebenso unmöglich werden wie solche zwischen dem jeweiligen Zivilisationsstand in den westlichen und islamischen Gesellschaften.

Die Erwartung, dass "Geschlecht" diesen Kulturrelativismus abermals variiert, wird glücklicherweise enttäuscht. Trotzdem ist der Blick auf die Zweite Frauenbewegung, die Christina von Braun miterlebt hat, ohne wirklich Teil von ihr gewesen zu sein, stark von ihren heutigen Anschauungen überformt. Ihrem Buch stellt sie eine Einleitung mit dem Titel "Das mit dem Patriarchat war nur mal so 'ne Idee" voran, in der sie unter Berufung auf die Autorin Annie Ernaux, die sich "Ethnographin ihrer selbst" nannte, und auf den Anthropologen Karl Polanyi ihr Vorhaben als Genealogie des Selbst umreißt.

Der Gestus, mit dem hier die durch Entzweiungen (zwischen den Zeitschriften Emma und Courage, zwischen Courage und der als elitär verfemten Schwarzen Botin) geprägte Zweite Frauenbewegung einem "Wir" subsumiert wird, hat einen Beigeschmack von Anmaßung. Es hatten keineswegs alle damaligen Feministinnen gelernt, "zwischen biologischem Geschlecht (sex) und sozialem, kulturellem Geschlecht (gender) zu differenzieren". Durchgesetzt hat sich diese Unterscheidung erst, seit Judith Butler sie 1990 in ihrem Buch "Gender Trouble" aufgriff, um sie zurückzuweisen, weil das biologische Geschlecht ebenfalls kulturell konstruiert sei.

Selbstwidersprüche in der Zweiten Frauenbewegung kommen in "Geschlecht" so gut wie gar nicht vor. Die Schwarze Botin bleibt ungewürdigt, und selbst Alice Schwarzer, die der genderpolitischen Renovierung des Feminismus immer kritisch gegenüberstand und den Islam anders beurteilt als Christina von Braun, findet nur als frankophile Muse Erwähnung, die mit ihrer "Durchsetzungsfähigkeit und Schlagfertigkeit" den Kampf für die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs in die Bundesrepublik gebracht, jedoch einen anderen "Zugriff auf die feministische Frage" gehabt habe als die künftige Genderforscherin.

Fragen wie die, was die Autorin von anderen Protagonistinnen der Frauenbewegung trennte, wie sich Lebensalltag und Feminismus zueinander verhielten - all das bleibt seltsam blass. Konflikte zwischen marxistischen und bürgerlichen, akademischen und proletarischen Frauengruppen werden mit Allgemeinplätzen wegerklärt, wenn es heißt: "Zwischen den unterschiedlichen Flügeln der Frauenbewegung kam es zu beträchtlichen Konflikten. Offenbar muss jede neue Bewegung erst einmal interne Abgrenzungskämpfe durchlaufen, bevor sie mit der eigenen Vielfalt umgehen kann." Die Kluft zwischen der Frauenbewegung und der Homosexuellenbewegung, welche die Achtzigerjahre prägte, wird mit dem Satz abgetan: "Seitdem Homosexualität als Teil der sexuellen Vielfalt begriffen und gesellschaftlich akzeptiert wird ..., haben viele dieser Konflikte an Brisanz eingebüßt."

Das alles erweckt den Eindruck, dass Christina von Braun mit der Frauenbewegung, obwohl sie zur Vorgeschichte der Gender Studies gehört und deren Gegenstand ist, nur wenig verbindet. Die Gleichzeitigkeit der Erfahrung von Privilegien (die Eltern ermöglichten ihr Auslandsreisen und Internatsaufenthalte) und von Geschlechterhierarchien in der Familie könnte ein Grund für die Gleichzeitigkeit der Begeisterung für die Frauenbewegung und einer gewissen sozialen Blindheit ihr gegenüber sein.

MAGNUS KLAUE

Christina von Braun:

"Geschlecht".

Eine persönliche und eine politische Geschichte.

Ullstein Verlag, Berlin 2021. 368 S., geb., 24,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Rezensentin Aurelie von Blazekovic lernt viel über den Kampf der Frauen für Gleichberechtigung in Christina von Brauns Buch, viel auch über die Etappen im Leben der Autorin und wie Politik und Gesellschaft immer wieder damit eng verbunden waren und sie bestimmt haben. Wie und warum sich die Geschlechterverhältnisse veränderten, erzählt die Kulturwissenschaftlerin laut Rezensentin anhand ihrer eigenen Familiengeschichte, analytisch, archäologisch ihre Biografie entblätternd. Für Blazekovic lehrreich und mitunter auch lustig, wenn die Autorin die Kämpfe in ihrer eigenen Ehe oder die Widerstände in der Gesellschaft retrospektiv erörtert.

© Perlentaucher Medien GmbH