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Eines Nachts schlägt der Blitz in das Haus der Familie Malaquias ein. Die Kinder Julia, Nico und Antonio schlafen friedlich weiter - doch ihre Eltern stehen nie wieder auf. Julia und Antonio kommen in ein Waisenhaus. Nico, der ältere Bruder, bleibt auf dem Land als Handlanger in einer Fazenda. Ihre Wege trennen sich, doch eine geheime Anziehungskraft treibt sie Jahre später zum Ort ihrer ersten Geborgenheit zurück, dem Haus in der Serra Morena. Noch einmal brechen die Geschwister zu neuen Ufern auf, in der Hoffnung in einem neuen Leben zusammenzukommen. Andréa del Fuegos Debütroman ist von…mehr

Produktbeschreibung
Eines Nachts schlägt der Blitz in das Haus der Familie Malaquias ein. Die Kinder Julia, Nico und Antonio schlafen friedlich weiter - doch ihre Eltern stehen nie wieder auf. Julia und Antonio kommen in ein Waisenhaus. Nico, der ältere Bruder, bleibt auf dem Land als Handlanger in einer Fazenda. Ihre Wege trennen sich, doch eine geheime Anziehungskraft treibt sie Jahre später zum Ort ihrer ersten Geborgenheit zurück, dem Haus in der Serra Morena. Noch einmal brechen die Geschwister zu neuen Ufern auf, in der Hoffnung in einem neuen Leben zusammenzukommen. Andréa del Fuegos Debütroman ist von einmaliger poetischer Schönheit. Eine magische Geschichte aus Brasilien, die ins Herz der Gegenwart trifft.
Autorenporträt
Andréa del Fuego, 1975 in São Paulo, Brasilien, geboren, studierte Journalismus. Sie ist als Filmproduzentin tätig und arbeitet für das literarische Fernsehformat Entrelinhas. Andréa del Fuegos Erzählungen sind in verschiedenen brasilianischen und internationalen Anthologien erschienen. Außerdem hat sie mehrere Kinderbücher veröffentlicht. Ihr Debütroman Geschwister des Wassers (Hanser, 2013) wurde 2011 mit dem José Saramago Preis ausgezeichnet und war Finalist des Prêmio São Paulo de Literatura 2011 sowie des Prêmio Jabuti 2011. Andréa del Fuego lebt in São Paulo.

Marianne Gareis wurde 1957 in Süddeutschland geboren. Sie studierte Lateinamerikanistik, Anglistik und Ethnologie an der Freien Universität Berlin und lebte anschließend mehrere Jahre in Portugal. Seit 1989 arbeitet sie als Übersetzerin portugiesischer und brasilianischer Literatur. Sie erhielt u.a. den renommierten Straelener Übersetzerpreis der Kunststiftung NRW. Marianne Gareis lebt in Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Niklas Bender ist verzaubert. Einerseits von der haptischen Qualität der Sätze und Worte in Andrea del Fuegos Debütroman - wie in schweres Holz geschnitten. Andererseits von der Komplexität der Handlung, die das Schicksal von verwaisten Geschwisterkindern in der brasilieanischen Provinz erzählt und zwar mit Mitteln des magischen Realismus, aber auch mit viel Poesie. Hier genau liegt für Bender das Faszinierende des Buches - in der Neugestaltung einer alten Erzähltechnik durch die Autorin. Wie del Fuego das Magische mit dem Realistischen und dem Wunderbaren kurzschließt, etwa indem in der lakonischen Geschichte plötzlich jemand in der Kaffeekanne verschwindet oder eine andere Augenfarbe bekommt, findet Bender stark. Dass der Text schließlich recht hermetisch wird, allegorisch und utopisch, stört Bender nicht, denn Humor hat die Autorin auch.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.10.2013

Was man im trüben Wasser nicht erkennt

Magisch, realistisch, schmunzelnd: Andréa del Fuego erzählt in ihrem bezaubernden Debütroman von drei armen Waisen in der brasilianischen Provinz.

Von Niklas Bender

Wenn ein Autor Sprache aufs Wesentliche konzentriert, dann verflüchtigt sie sich nicht, sondern kann paradoxerweise haptische Qualitäten entwickeln: Man meint, Worte und Sätze unter der Hand zu spüren. Andréa del Fuego, 1975 in Sao Paulo geboren, gelingt das gleich im Erstling "Geschwister des Wassers", wie der Anfang des Romans zeigt: "Die Serra Morena ist steil, feucht und fruchtbar. Am Fuße des Gebirges leben die Malaquias, das Fenster ihres Hauses ist groß wie eine Tür, die Tür von der Gravität dunklen Holzes." Man sieht die Sätze vor sich als Schnitte in dunklem, schwerem Holz, über dessen Relief man die Fingerkuppen gleiten lässt: Ohne dass man wüsste, wie, moduliert del Fuego die Sprache so, dass Wörter und Dinge zu verschmelzen scheinen. Kein Wunder, dass "Geschwister des Wassers" 2011 den Prémio José Saramago erhalten hat.

So konkret die Sprache, so komplex die Handlung: Del Fuegos Geschichte ist wie ein luzider und dennoch enigmatischer Traum; sie knüpft an die surreale Tradition Lateinamerikas an. Am Anfang steht ein Unwetter: Donana und Adolfo Malaquias sterben durch Blitzschlag und lassen Nico, Antônio und Julia als Waisen zurück. Die Kinder werden getrennt: Nico wird von Geraldo Passos, dem Besitzer der Fazenda Rio Claro, als Arbeitskraft aufgenommen; die Haushälterin Tizica wird seine Ersatzmutter. Antônio und Julia kommen in ein Waisenhaus in der Stadt. Nur Julia gelangt zu einer Adoptivmutter. Den kleinwüchsigen Antônio mag keiner haben, und so bleibt er bei den gutmütigen Schwestern - sein Glück, denn es ergeht ihm besser als Julia bei der wohlhabenden, aber unausstehlichen "Matriarchin" Leila.

Del Fuego erzählt drei Lebenswege armer Waisen in der brasilianischen Provinz. Heranwachsen ist hier kein Zuckerschlecken, von Larmoyanz jedoch keine Spur: Der Roman ist betont lakonisch. Nico schuftet, wird ein Mann und trifft Maria; die Heirat wird beschlossen. Unterdessen wird sein Bruder zum sexuell besessenen Zwerg: "Mit sechzehn tauchte Antônio nicht mehr in die Schubladen der Nonnen ein, sondern klaute Mädchensocken. Er war versessen auf Gerüche, und alle waren sie für ihn angenehm." Julia hingegen fristet ein Püppchendasein. Eigentlich sollten sich die Geschwister auf Nicos Hochzeit treffen: Tatsächlich erscheint Antônio allein und bleibt; bald bekommt Maria Zwillinge, eine Familie bildet sich. Julia kann zwar Leila entfliehen, bleibt aber am Busbahnhof hängen, wo sie einer mysteriösen Kinderdiebin und Dinorá, einer Toilettenfrau mit suspekten Kontakten, begegnet; Dinorá besorgt ihr erst einen Job und lässt sie dann fallen. Julia durchläuft mehrere Berufe, ist Reinigungsfrau bei den Freimaurern, Schneiderin, Modistin - stets scheitert sie wieder.

So weit, so wirklichkeitsgetreu. Auch die Verbindung der drei Schicksale mit der Geschichte des Tals steht im Vorzeichen des sozialen Realismus: Der Bau eines Staudamms führt zur Umsiedelung der Bevölkerung in die Stadt. Nur Nico sucht sich eine neue Farm als Bleibe und befreit sich von Geraldos Vormundschaft. Es kommen Elektrizität und Fortschritt - dann kippt die Handlung schlagartig ins Rätselhafte: Nico verschwindet Antônio zufolge in der Kaffeekanne; Tage später ist er plötzlich wieder da, ohne sich erklären zu können. Unleugbar mysteriös wird das Geschehen durch seine Verwandlung: "Nicos Augen, vormals blau wie die der Mutter, waren schwarz wie Ebenholz, so dunkel, dass der Umriss der Pupille, die Grenze zur Iris, nicht mehr zu erkennen war."

Del Fuego greift auf die Erzähltechnik des magischen Realismus zurück. Der Begriff hat in den neunziger Jahren Karriere gemacht, er soll, seinen Wurzeln in den europäischen Avantgarden zum Trotz, eine nichtrationale Eigenart der lateinamerikanischen Kultur und Literatur beschreiben. Del Fuego macht etwas Eigenes draus, und das ist das Spannende dieses Romans: Im Magischen selbst fusioniert sie das Realistisch-Wissenschaftliche mit dem Wunderbaren. Denn "Geschwister des Wassers" entdeckt ein bizarres Fluidum - ein flüchtiges Etwas, das den Gesetzen von Magie und Molekularphysik gleichermaßen gehorcht: Das ist die poetische Essenz von Andréa del Fuegos Prosa. Im Motiv des Wassers, Lichtbringer und Zerstörer, Zeugungsort und Grab, findet sie ihre Verwirklichung. Was den Roman über latent anwesend ist, nimmt nun überhand: Nicos Verwandlung fällt zusammen mit der Entdeckung eines Durchgangs zu einem zweiten Tal, einer Höhle, die von Eneido, dem selbsternannten "Wächter der Schwelle", gehütet wird. Das Wasser des Stausees fließt dorthin ab, das elektrische Licht erlischt, die Stadt verödet - das Ende des Fortschritts. Für Nico und seine Familie steht ein Schiff zur Reise in ein besseres Land bereit. Del Fuegos Text wird hermetisch, denn was mag die opake Parabel bedeuten? Dass es nach Technik und Fortschrittsglaube Zeit für eine neue Verzauberung ist?

Zur allegorischen Lektüre lädt der Titel ein: "Os Malaquias" lautet er im Original, "Die Maleachis" also - Maleachi ("der Bote") ist der "Kleine Prophet", der das Alte Testament abschließt. Prophetische Gestalten melden sich im Roman nach dem Verschwinden des Lichts zu Wort, und die Reise von Nicos Familie gewinnt utopische Züge. Allerdings werden die erhabenen Bilder durch Julias Erfahrungen gebrochen: Heimatlos und nostalgisch macht sie sich auf die Suche. Am Meer hofft sie, dem ursprünglichen Übel, dem Blitzschlag, auf die Spur zu kommen; während Nico von einer goldenen Zukunft träumt, trauert sie der zerstörten Vergangenheit nach. Am Meer kreuzen sich ihre Wege, aber: "Im trüben Wasser erkennt man die Substanzen nicht."

Das reine Wasser der Kindheit, als der elterliche Brunnen die "drei Paar Hände" des Trios spiegelte, ist nicht mehr zu haben, war es wohl nie, denn der Fluch der Passos-Familie trifft auch die Malaquias. Die Menschen reichen unreines Wasser weiter, von den Eltern zu den Kindern. Die melancholische Einsicht wird gedämpft durch die Poesie von "Geschwister des Wassers" - und durch eine Prise Humor: "Die Pfütze war seine Mutter, aromatisiert mit dem Zimt des Brötchens." Von del Fuegos schmunzelnder Trauer lässt man sich gern verzaubern.

Andréa del Fuego: "Geschwister des Wassers". Roman.

Aus dem Portugiesischen von Marianne Gareis. Carl Hanser Verlag, München 2013. 204 S., geb., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Andréa del Fuego verleiht surrealen Erzählmomenten die Aura eines physikalischen Faktums ... es ist diese beiläufige Selbstverständlichkeit, die die Lektüre ihres Romanerstlings so fesselnd macht." Jürgen Berger, taz, 17.08.13

"Sagen wir es gleich zu Anfang: Mit dem Debütroman der 38-jährigen Andréa del Fuego 'Geschwister des Wassers' erweist sich die brasilianische Gegenwartsliteratur als ungemein lebendig, souverän und von Weltrang." Eberhard Geisler, Neue Zürcher Zeitung, 21.08.13

"Ein Wunder an Poesie und voll von Geheimnissen ist dieser Debütroman von Andréa del Fuego, in dem Reales und Irreales ganz selbstverständlich ineinandergreifen." Das Neue Volksblatt, 06.08.13

"Die Möblierung dieses Romans ist sparsam, klug und geschmackvoll." Martin Ebel, Tages-Anzeiger, 08.10.13

"Magisch, realistisch, schmunzelnd: Andréa del Fuego erzählt in ihrem bezaubernden Debütroman von drei armen Waisen in der brasilianischen Provinz." Niklas Bender, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.10.13

"Magisch, realistisch, schmunzelnd: Andréa del Fuego erzählt in ihrem bezaubernden Debütroman von drei armen Waisen in der brasilianischen Provinz." Niklas Bender, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.10.13