Der Jakobusbrief, der erst im Jahre 367 nach Christus durch Athanasius endgültige kanonische Anerkennung fand, hatte weder in der alten, noch in der neueren Kirchengeschichte einen leichten Stand. Über das insbesondere im Westen spürbare Zögern kirchlicher Entscheidungsträger lässt sich dabei trefflich spekulieren: Mangelte es dem Brief des Jakobus an Apostolizität, weil der Verfasser nicht dem Zwölferkreis angehört hatte? Oder argwöhnte das westliche Christentum gar, dass mit der Anerkennung des Jakobsbriefs einer Pauluskritik Tür und Tor geöffnet werden könnte?Hermann Kurtenbach nimmt den von Martin Luther als »stroherne Epistel« herabgewürdigten Text als eine judenchristliche Wortmeldung des Herrenbruders Jakobus in den Blick und konzentriert sich in diesem Zusammenhang vor allem auf die zentrale Wortschöpfung des Briefs, das »vollkommene Gesetz der Freiheit«. Dieses »Gesetz der Freiheit« wird dabei nicht nur auf semantischer Ebene, sondern auch auf kirchengeschichtlicher Ebene auf die paulinische »Freiheit vom Gesetz« bezogen. Die Gegenüberstellung dieser beiden Begriffe umreißt mithin eine zwischen Paulus und Jakobus ausgetragene Kontroverse, die die frühe Kirche prägen, nach einer harten Auseinandersetzung aber schließlich ein versöhnliches Ende nehmen sollte.Eine scharf beobachtende Analyse der jakobeischen Anthropologie ergänzt die detailreiche, ebenso mutige wie überzeugende Neubewertung des Jakobusbriefs.