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Was verbindet ein Leben mit den anderen? Gibt es unter der sichtbaren Oberfläche feinere Zusammenhänge, die einen Menschen mit einem anderen zusammenführen? Mit sprachlicher Brillanz schildert der preisgekrönte französische Romancier René Belletto in 'Gesetzlos' die Geschichte von Luis Archer, einem Musiklehrer, und die von Clara Nomen, einer strahlend schönen Pianistin. Beider Leben ist von Musik geprägt. Doch gleichzeitig ist es auch Erschütterungen ausgesetzt, die sich fortwährend in leisem Vibrieren und immer wieder in Ausbrüchen bemerkbar machen. Wann wird das Schicksal zuschlagen und die beiden Protagonisten zueinander führen?…mehr

Produktbeschreibung
Was verbindet ein Leben mit den anderen? Gibt es unter der sichtbaren Oberfläche feinere Zusammenhänge, die einen Menschen mit einem anderen zusammenführen? Mit sprachlicher Brillanz schildert der preisgekrönte französische Romancier René Belletto in 'Gesetzlos' die Geschichte von Luis Archer, einem Musiklehrer, und die von Clara Nomen, einer strahlend schönen Pianistin. Beider Leben ist von Musik geprägt. Doch gleichzeitig ist es auch Erschütterungen ausgesetzt, die sich fortwährend in leisem Vibrieren und immer wieder in Ausbrüchen bemerkbar machen. Wann wird das Schicksal zuschlagen und die beiden Protagonisten zueinander führen?
Autorenporträt
Belletto, René§René Belletto wurde 1945 in Lyon geboren. Er schreibt vor allem Romane und Drehbücher und wurde vielfach ausgezeichnet (u.a. Prix femina). Einige seiner Romane sind bereits auf Deutsch erschienen. René Belletto lebt in Paris.

Mälzer, Nathalie§Nathalie Mälzer, 1970 geboren, ist Professorin am Institut für Übersetzungswissenschaft der Universität Hildesheim und arbeitet als Übersetzerin aus dem Französischen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Die sogar im Übersetzerinnennachwort erwähnte Verworrenheit der Erzählstränge kann Thomas Laux nur bestätigen. Ist es ein Krimi, ist es reines L'art-pour-L'art? Mit Hilfe des Nachworts entdeckt Laux anspruchsvolle Themen, wie Wiedergeburt, Nichtexistenz und Identitätssuche. Im Text selbst jedoch findet er sich kaum zurecht, zu sprunghaft die Zeitgestaltung, zu mannigfach die kriminologischen Versatzstücke um eine Entführung, die vielleicht doch keine ist, zu überraschend der plötzliche Flug zum Planeten Renata. Die postmodernen Verfasserkommentare helfen Laux auch nicht weiter. Sie beglaubigen schließlich nur die Verwirrtheit des Erzählers.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.12.2013

Sackgassen ins Weltall
René Bellettos "Gesetzlos" ist eine Romankathedrale

René Belletto, geboren 1945 in Lyon, konnte schon immer verführerisch plaudern, so verführerisch, dass wir ihm folgten, auch wenn manchmal über zig Seiten nichts Handfestes geschah - aber erkennt man daran nicht den wahren Dichter? Ende der achtziger Jahre erschien auf Deutsch seine aufregende und brillante Lyoner Trilogie - unter frei erfundenen, leider hirnrissigen Titeln in der Reihe "Panther" bei Rowohlt. 1991 folgte dann, in einem Verlag, der heute nur noch Hörbücher macht, der mysteriöse Thriller "Zyto", halb Science-Fiction, halb Thomas Harris' "Schweigen der Lämmer". Ein französischer Kritiker nannte Belletto daraufhin einen "Ingenieur des Romans". "Zyto" war in Deutschland das letzte Lebenszeichen eines Außenseiters, der auch bei uns das Zeug zum Kultautor hätte. Nun erscheint nach mehr als zwanzig Jahren und kaum noch erwartet ein neuer Belletto namens "Gesetzlos". Sein jetziger Verlag Matthes & Seitz (der es anscheinend selbst nicht fasst; das Porträt des Autors in der Vorschau ist sicher dreißig Jahre alt) pflegt ein ziemlich intellektuelles Programm. Das wird durch Belletto gut ergänzt, der ultramoderne Systeme voll Informatik und Elektronik konstruieren und gleichzeitig von alten Machinationen und Machenschaften erzählen kann.

Und er spielt besessen und gekonnt mit den Gattungen. Auch "Gesetzlos" ist ein waghalsiges Ding, das nicht einzuordnen ist: Thriller und Liebesgeschichte, Science-Fiction und Künstlerroman. Gleichzeitig sind seine Geschichten humorvoll, melodramatisch und reißerisch. Man darf Belletto einen intellektuellen Unterhaltungsschriftsteller nennen.

Luis Archer, der Ich-Erzähler des neuen Romans, verliebt sich in die glänzende Pianistin und überirdisch schöne zwanzig Jahre jüngere Clara Nomen - ohne sie je anders gesehen zu haben als auf einem Porträt, das ihr Onkel gemalt hat. Claras Großeltern wurden von Unbekannten ermordet, und zwar am selben Tag, an dem Luis geboren ist, am 6. Juni 1966. Kurz vor seinem Tod schrieb der Großvater seiner kleinen Tochter (die später Claras Mutter sein wird) vier Verse ins Tagebuch, die uns wie ein Leitmotiv begleiten und sonderbare Verbindungen zwischen den Personen herstellen, Verse über vergangene Liebesträume und das beharrliche Warten auf die Eine, die man sucht.

Clara ist Waise, die Mutter starb noch im Wochenbett, der Vater bleibt unbekannt. Luis Archer ist Musiklehrer an einer Privatschule. Aus heiterem Himmel wird seine Lieblingsschülerin Cathy ermordet. Er gerät selbst in Verdacht, da wird auf ihn geschossen. Der Roman ist gespickt mit sinnlosen Verbrechen, die nie aufgeklärt werden.

Logisch, dass sich dieser "gesetzlose" Roman wenig um dramaturgische Regeln schert, denn er ist eine große Untersuchung über Zufall und Schicksal. Belletto ist fasziniert von Motiven wie "Angst, Bedrohung, Schuld, Erwartung eines schrecklichen Ereignisses, Identitätszweifel", mithin sehr existentiellen Motiven. Beeinflusst ist er von Kriminalautoren wie Ross MacDonald (dessen Detektiv Lew Archer Bellettos Erzähler den Namen leiht), Dashiell Hammett, also der harten amerikanischen Krimischule, und literarischen Klassikern von Poe über Dostojewski bis zu Kafka und Thomas Mann.

Luis' bester Freund Maxime weist einen unbezwingbaren "Drang nach ständiger Bewegung, ständigen Ortswechseln" auf. Man ahnt, dass damit der ganze Roman gemeint ist. Dass sowohl Maxime als auch Clara mit ihrem krankhaft eifersüchtigen Onkel ausgerechnet in einer Sackgasse wohnen, bedeutet nicht, dass es da nicht weiterginge. Ganz im Gegenteil. Diese Sackgasse führt nämlich zu einem Ortswechsel, der uns von der Erde wegträgt. Bewohner des dreißig Milliarden Lichtjahre entfernten Planeten Renata ("Na, das liegt ja nicht gerade um die Ecke!"), die irgendwie die Lebensfreude verloren haben, glauben, in Clara ihre Retterin gefunden zu haben. Sie wird ins All entführt. Aber lässt sich eine Liebe durch so etwas erschüttern?

Durch seinen rastlosen, detailsüchtigen Bericht wolle er die "Echtheit der Dinge" erahnen lassen, sagt Luis gleich am Anfang. Tatsächlich herrscht oft eine "unwirkliche Atmosphäre". Aber egal, wer letztlich berichtet und mit welcher Wirklichkeit wir es nach dem ziemlich radikalen Ortswechsel in der Mitte des Buchs zu tun haben: alles greift ineinander, jedes Motiv, jede Einzelheit ist ein weiterer Baustein, mit dem eine Romankathedrale aufgebaut wird. Es ist ein Buch über den Zufall, das aber selbst nichts dem Zufall überlässt.

PETER URBAN-HALLE

René Belletto: "Gesetzlos". Roman.

Aus dem Französischen von Nathalie Mälzer. Verlag Matthes & Seitz, Berlin 2013. 444 S., geb., 22,90 [Euro].

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