»Übrigens hat Papa mich letztens angerufen«, sagte Georg mit einem kleinen Lachen. »Er hat gefragt, ob ich das Elterngeld überhaupt noch bräuchte oder ob ich inzwischen anderweitig ein gesichertes Einkommen hätte.«»Und, was hast du gesagt?«, fragte ich. Georg antwortete nicht. »Das fand ich nett, wie er das gesagt hat«, sagte er nur. »Anderweitig ein gesichertes Einkommen.«Nichts ist gesichert in diesen Geschichten, die Hanna Lemke in »Gesichertes« versammelt hat, die Liebe nicht und schon gar nicht das Einkommen. Die jungen Frauen und Männer ziehen durch die Clubs und Kneipen der Städte genauso wie durch ihre Wohngemeinschaften und Jobs. Zu jung, um etabliert, zu alt, um sorglos zu sein, lassen sie sich treiben durch eine Welt voll verbrauchter Gesten und beobachten dabei mit verstörender Empfindsamkeit sich selbst und die anderen.Alles, was Georg besitzt, passt in eine Reisetasche, und wenn ihm langweilig wird, zieht er wieder aus. Doch solange er da ist, ist es schön. Katrin sieht überall Idioten, eigentlich müsste sie immer eine Knarre dabei haben. Und das Glück, das Milan immer hatte, auch bei seinem Autounfall, wollte er vermutlich gar nicht.In einer eindringlich konzentrierten Sprache erkundet Hanna Lemke die zufälligen Begegnungen und brechenden Beziehungen, die Stimmungen, Spannungen und Unsicherheiten an den Randgebieten einer Jugend, die nicht enden will, und erzählt von der existenziellen Suche nach einer Haltung, die keine Pose ist.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2010Verbrannte Schmetterlinge
Gegenstück zu Judith Hermann: In ihrem Debüt "Gesichertes" erzählt Hanna Lemke Geschichten aus der Großstadt
"Wie es scheint, fängst du dein Leben alle paar Jahre neu und von vorn an. Mitten in der Katastrophe, wie aus der Welt gefallen", heißt es in Peter Kurzecks Roman "Übers Eis" - und mit diesem Satz sind wir schon mitten im Lebensgefühl von Hanna Lemkes Figuren. "Übers Eis" - schon der Titel lässt sich als Programm lesen - ist eines ihrer erklärten Lieblingsbücher, weil es ganz undramatisch von einem existentiellen Unsicherheitsgefühl erzählt.
In Hanna Lemkes Erzähldebüt "Gesichertes" geht es um genau dieses Gefühl, das sich wie bei Peter Kurzeck hinter Banalitäten und kleinen Spleens versteckt und dessen herzzerreißende Dramatik immer dann aufbricht, wenn alles ruhig und vorhersehbar scheint: beim Aufräumen und Bettenmachen, auf einer harmlosen Party oder beim Besuch einer alten Schulfreundin. Hanna Lemkes jugendliche Figuren sind zwar nicht durch einen Schicksalsschlag aus ihrem Leben herauskatapultiert worden wie Peter Kurzecks Erzähler, aber die Anfangsgeschichte des Bandes ("Eingeladen") liest sich wie eine schwesterliche Hommage an ihn: Alles bleibt offen in dieser Geschichte, man erfährt weder, wer oder was dieser ältere Mann namens Holm ist, noch, was für einen Sinn sein "Laden" hat, der wie ein Wohnzimmer aussieht. Er engagiert die Erzählerin als Aushilfe, aber es gibt nichts zu tun, sie soll ihn nur erwarten, wenn er völlig erschöpft von seinen Ausflügen zurückkommt. Dass er seine Familie besucht, stellt sich eher zufällig heraus, und genauso unvermittelt beginnt er, über seine Ängste zu sprechen. Als die junge Frau sich in ihn verliebt, entlässt er sie.
In einem ganz bestimmten, verführerisch lakonischen Ton sind diese kurzen, rätselhaften Geschichten erzählt, und die junge Autorin - "Gesichertes" ist ihr erstes Buch - bringt das Kunststück fertig, fast ohne Psychologie und atmosphärischen Zierat auszukommen. Trotzdem sind ihre Geschichten ungeheuer lebensprall und bildhaft. Hanna Lemke ist nicht nur eine Meisterin der Eröffnungssätze, sondern auch eine Spezialistin für raffinierte Reduktionen: Je knapper die Sätze, je größer die Aussparungen, desto vibrierender, anschaulicher und dichter wirken die Szenen, die sie schildert. Sie ist darin das genaue Gegenstück zu Judith Hermann, und ihre exemplarische, selbstironische Art zu erzählen markiert eine neue Autorengeneration. Ihre Figuren leben nicht mehr die Träume einer von sich überzeugten Großstadtboheme, sondern wissen, dass sie zum akademischen Prekariat gehören. Trotzdem schweben sie ohne große Angst in diesem existentiellen Vakuum, wandern nachts von Bar zu Bar, und bedrohlich finden sie nur den Verlust der Freiheit in Gestalt von Langzeitjobs, Ehen oder auch nur einer festen Identität. Sie wirken wie verpuppte, von ihren Sehnsüchten eingeschnürte Schmetterlinge, und die 1981 geborene Hanna Lemke, die von 2002 bis 2004 am Leipziger Literaturinstitut ausgebildet wurde, schreibt über ihre Generation ähnlich traumwandlerisch sicher und präzise wie Judith Hermann zwölf Jahre zuvor über ihre. Die Suchbewegungen ihrer Figuren sind genauso leidenschaftlich, wirken genauso ziellos, und wenn sie sich hinter einer Coolness tarnen, die um ihre Verletzlichkeit nicht nur weiß, sondern diese fast masochistisch ausstellt, bekommt man als Leser Angst um sie. Was auch an ihrer bestürzenden Genügsamkeit in Gefühlsdingen liegt: Liebe kommt in diesen Geschichten nur in homöopathischen Dosen vor, als kaum wahrnehmbare Gesten, und sogar der Liebesakt selbst bleibt furchtsam zart und wirkt fast indirekt.
"Matthes hatte recht, es blieb nichts übrig, wenn ich begann, die Nächte so auf ihre Bestandteile herunterzurechnen, nichts, das es wert gewesen war, gefunden zu werden. Nicht einmal Matthes blieb übrig, dachte ich, höchstens Momente mit ihm, aber auch die ließen sich zerlegen in Bewegungen, Berührungen, Wörter und Blicke." Diese Gefühlspixel sind das Einzige, was Hanna Lemkes Erzählerin als real und verbindlich empfindet, und sie ist dafür nächtelang unterwegs. Die in Clubs, Fabriketagen und Wohngemeinschaften stattfindenden, zufälligen und oft verstörenden Begegnungen sind die Fixpunkte ihres Lebens: Matthes, der immer so plötzlich auftaucht und wieder verschwindet, als ob er nicht gesehen werden wolle; Stella, die sich ständig neue Typen angelt, eines Abends den gerade Auserwählten plötzlich mit Fußtritten traktiert und erleichtert feststellt: "das musste sein"; oder die fast durchsichtige Libbet, die orientierungslos durch die Straßen irrt und sich wie ein herrenloses Hündchen an die Erzählerin hängt. Sie gibt sich diesen Momenten rückhaltlos hin, beobachtet aber gleichzeitig eine beiläufige Gewalt in diesen Szenen, die im Moment zufällig scheint und doch eine tiefere Wahrheit zum Vorschein bringt. So weiß keiner, warum Boris die Freunde beobachtet, nur dass er sie alle verachtet, wird schnell klar. Er hat "etwas Prolliges" an sich, legt es darauf an, ihnen vorzuführen, dass sie unfähige, feige Träumer sind, und stößt die Erzählerin brutal zurück, als sie mit ihm schlafen möchte. Gedemütigt schleicht sie in ihre Wohnung: "Ich machte dort kein Licht und bewegte mich fast lautlos, als wollte ich vor irgendwem verbergen, dass ich zurück war."
Sich verbergen, sich tarnen: das sind die wichtigsten Reflexe dieser Großstadtnomaden, aber es steht hier auch ein überzeugender und doppelbödiger Erzählgestus dahinter. In jeder Geschichte kommt mindestens einmal der Satz vor: "Ich wusste nicht, warum", allerdings an Stellen, die für die Figur unklar sind, nicht für den Leser. Dafür bleiben dessen viel weiterreichende Fragen nach der Vergangenheit und den Motiven von Boris, Stella und den anderen offen. So steht die Fragwürdigkeit des Empfindens selbst im Zentrum der Geschichten, doch worum es im Tiefsten geht, wird nicht gesagt - es erschließt sich jedoch sehr genau durch die Atmosphäre der provisorischen, kühlen und fast leeren Räume. Wie im Aquarium fühlen sich die einsamen Nachtschwärmer hier, hinter Glas, mit Blick auf einen ungeheuren, leeren Erwartungshorizont. Wer hier bestehen will, muss behaupten, genauso kühl zu sein, und die Erzählerin formuliert es vorsorglich noch härter: ein "völlig ambitionsloser Mensch" sei sie - womit sie einen idealen, hierarchiefreien Raum für ihr Erzählen öffnet. Folgerichtig haben die unscheinbaren und beiläufigen Gesten darin das größte Gewicht.
Im Zentrum der schönsten Geschichte ("Strahlen") steht ein junger Mann, Matthes, der leidenschaftlich gern tanzt. Erst schlägt er wild um sich, als müsse er einen unsichtbaren Gegner abwehren, dann, mit steigender Leidenschaft, werden seine Bewegungen immer kleiner, bis er auf der Tanzfläche nur noch zuckt. Matthes war, stellt die Erzählerin später fest, vor ihren Augen verglüht wie eine Wunderkerze. Von solch betörenden Begegnungen handeln Hanna Lemkes Geschichten, und die Sätze, die in den entscheidenden Minuten nicht gesagt werden, hallen im Leser lange nach.
NICOLE HENNEBERG
Hanna Lemke: "Gesichertes". Stories. Verlag Antje Kunstmann, München 2010. 190 S., geb., 17,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gegenstück zu Judith Hermann: In ihrem Debüt "Gesichertes" erzählt Hanna Lemke Geschichten aus der Großstadt
"Wie es scheint, fängst du dein Leben alle paar Jahre neu und von vorn an. Mitten in der Katastrophe, wie aus der Welt gefallen", heißt es in Peter Kurzecks Roman "Übers Eis" - und mit diesem Satz sind wir schon mitten im Lebensgefühl von Hanna Lemkes Figuren. "Übers Eis" - schon der Titel lässt sich als Programm lesen - ist eines ihrer erklärten Lieblingsbücher, weil es ganz undramatisch von einem existentiellen Unsicherheitsgefühl erzählt.
In Hanna Lemkes Erzähldebüt "Gesichertes" geht es um genau dieses Gefühl, das sich wie bei Peter Kurzeck hinter Banalitäten und kleinen Spleens versteckt und dessen herzzerreißende Dramatik immer dann aufbricht, wenn alles ruhig und vorhersehbar scheint: beim Aufräumen und Bettenmachen, auf einer harmlosen Party oder beim Besuch einer alten Schulfreundin. Hanna Lemkes jugendliche Figuren sind zwar nicht durch einen Schicksalsschlag aus ihrem Leben herauskatapultiert worden wie Peter Kurzecks Erzähler, aber die Anfangsgeschichte des Bandes ("Eingeladen") liest sich wie eine schwesterliche Hommage an ihn: Alles bleibt offen in dieser Geschichte, man erfährt weder, wer oder was dieser ältere Mann namens Holm ist, noch, was für einen Sinn sein "Laden" hat, der wie ein Wohnzimmer aussieht. Er engagiert die Erzählerin als Aushilfe, aber es gibt nichts zu tun, sie soll ihn nur erwarten, wenn er völlig erschöpft von seinen Ausflügen zurückkommt. Dass er seine Familie besucht, stellt sich eher zufällig heraus, und genauso unvermittelt beginnt er, über seine Ängste zu sprechen. Als die junge Frau sich in ihn verliebt, entlässt er sie.
In einem ganz bestimmten, verführerisch lakonischen Ton sind diese kurzen, rätselhaften Geschichten erzählt, und die junge Autorin - "Gesichertes" ist ihr erstes Buch - bringt das Kunststück fertig, fast ohne Psychologie und atmosphärischen Zierat auszukommen. Trotzdem sind ihre Geschichten ungeheuer lebensprall und bildhaft. Hanna Lemke ist nicht nur eine Meisterin der Eröffnungssätze, sondern auch eine Spezialistin für raffinierte Reduktionen: Je knapper die Sätze, je größer die Aussparungen, desto vibrierender, anschaulicher und dichter wirken die Szenen, die sie schildert. Sie ist darin das genaue Gegenstück zu Judith Hermann, und ihre exemplarische, selbstironische Art zu erzählen markiert eine neue Autorengeneration. Ihre Figuren leben nicht mehr die Träume einer von sich überzeugten Großstadtboheme, sondern wissen, dass sie zum akademischen Prekariat gehören. Trotzdem schweben sie ohne große Angst in diesem existentiellen Vakuum, wandern nachts von Bar zu Bar, und bedrohlich finden sie nur den Verlust der Freiheit in Gestalt von Langzeitjobs, Ehen oder auch nur einer festen Identität. Sie wirken wie verpuppte, von ihren Sehnsüchten eingeschnürte Schmetterlinge, und die 1981 geborene Hanna Lemke, die von 2002 bis 2004 am Leipziger Literaturinstitut ausgebildet wurde, schreibt über ihre Generation ähnlich traumwandlerisch sicher und präzise wie Judith Hermann zwölf Jahre zuvor über ihre. Die Suchbewegungen ihrer Figuren sind genauso leidenschaftlich, wirken genauso ziellos, und wenn sie sich hinter einer Coolness tarnen, die um ihre Verletzlichkeit nicht nur weiß, sondern diese fast masochistisch ausstellt, bekommt man als Leser Angst um sie. Was auch an ihrer bestürzenden Genügsamkeit in Gefühlsdingen liegt: Liebe kommt in diesen Geschichten nur in homöopathischen Dosen vor, als kaum wahrnehmbare Gesten, und sogar der Liebesakt selbst bleibt furchtsam zart und wirkt fast indirekt.
"Matthes hatte recht, es blieb nichts übrig, wenn ich begann, die Nächte so auf ihre Bestandteile herunterzurechnen, nichts, das es wert gewesen war, gefunden zu werden. Nicht einmal Matthes blieb übrig, dachte ich, höchstens Momente mit ihm, aber auch die ließen sich zerlegen in Bewegungen, Berührungen, Wörter und Blicke." Diese Gefühlspixel sind das Einzige, was Hanna Lemkes Erzählerin als real und verbindlich empfindet, und sie ist dafür nächtelang unterwegs. Die in Clubs, Fabriketagen und Wohngemeinschaften stattfindenden, zufälligen und oft verstörenden Begegnungen sind die Fixpunkte ihres Lebens: Matthes, der immer so plötzlich auftaucht und wieder verschwindet, als ob er nicht gesehen werden wolle; Stella, die sich ständig neue Typen angelt, eines Abends den gerade Auserwählten plötzlich mit Fußtritten traktiert und erleichtert feststellt: "das musste sein"; oder die fast durchsichtige Libbet, die orientierungslos durch die Straßen irrt und sich wie ein herrenloses Hündchen an die Erzählerin hängt. Sie gibt sich diesen Momenten rückhaltlos hin, beobachtet aber gleichzeitig eine beiläufige Gewalt in diesen Szenen, die im Moment zufällig scheint und doch eine tiefere Wahrheit zum Vorschein bringt. So weiß keiner, warum Boris die Freunde beobachtet, nur dass er sie alle verachtet, wird schnell klar. Er hat "etwas Prolliges" an sich, legt es darauf an, ihnen vorzuführen, dass sie unfähige, feige Träumer sind, und stößt die Erzählerin brutal zurück, als sie mit ihm schlafen möchte. Gedemütigt schleicht sie in ihre Wohnung: "Ich machte dort kein Licht und bewegte mich fast lautlos, als wollte ich vor irgendwem verbergen, dass ich zurück war."
Sich verbergen, sich tarnen: das sind die wichtigsten Reflexe dieser Großstadtnomaden, aber es steht hier auch ein überzeugender und doppelbödiger Erzählgestus dahinter. In jeder Geschichte kommt mindestens einmal der Satz vor: "Ich wusste nicht, warum", allerdings an Stellen, die für die Figur unklar sind, nicht für den Leser. Dafür bleiben dessen viel weiterreichende Fragen nach der Vergangenheit und den Motiven von Boris, Stella und den anderen offen. So steht die Fragwürdigkeit des Empfindens selbst im Zentrum der Geschichten, doch worum es im Tiefsten geht, wird nicht gesagt - es erschließt sich jedoch sehr genau durch die Atmosphäre der provisorischen, kühlen und fast leeren Räume. Wie im Aquarium fühlen sich die einsamen Nachtschwärmer hier, hinter Glas, mit Blick auf einen ungeheuren, leeren Erwartungshorizont. Wer hier bestehen will, muss behaupten, genauso kühl zu sein, und die Erzählerin formuliert es vorsorglich noch härter: ein "völlig ambitionsloser Mensch" sei sie - womit sie einen idealen, hierarchiefreien Raum für ihr Erzählen öffnet. Folgerichtig haben die unscheinbaren und beiläufigen Gesten darin das größte Gewicht.
Im Zentrum der schönsten Geschichte ("Strahlen") steht ein junger Mann, Matthes, der leidenschaftlich gern tanzt. Erst schlägt er wild um sich, als müsse er einen unsichtbaren Gegner abwehren, dann, mit steigender Leidenschaft, werden seine Bewegungen immer kleiner, bis er auf der Tanzfläche nur noch zuckt. Matthes war, stellt die Erzählerin später fest, vor ihren Augen verglüht wie eine Wunderkerze. Von solch betörenden Begegnungen handeln Hanna Lemkes Geschichten, und die Sätze, die in den entscheidenden Minuten nicht gesagt werden, hallen im Leser lange nach.
NICOLE HENNEBERG
Hanna Lemke: "Gesichertes". Stories. Verlag Antje Kunstmann, München 2010. 190 S., geb., 17,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Mit Lob überschüttet Nicole Henneberg dieses literarische Debüt von Hanna Lemke und findet in ihren Kurzgeschichten ein ebenso genaues Porträt ihrer Generation, wie es Judith Hermann vor zwölf Jahren gelungen ist. Beim Versuch, das Besondere dieser Prosa zu fassen, gerät die Rezensentin ins Schwärmen: Schon die Eröffnungssätze der Geschichten, in denen die Autorin die existentielle Verunsicherung ihrer Protagonisten in scheinbar beiläufigen Erlebnissen illustriert, demonstrieren eine "Meisterschaft", die die Rezensentin staunen lassen. Sie bescheinigt Lemke eine raffinierte Erzähltechnik, die trotz weitgehender Aussparung von psychologischem und atmosphärischem Beiwerk und größtmöglicher Knappheit dennoch höchst lebendige und plastische Szenen zu schaffen vermag. Nichts weniger als eine "neue Autorengeneration" sieht die begeisterte Rezensentin in der 1981 geborenen Autorin, die am Leipziger Literaturinstitut studiert hat, und sie attestiert diesen Geschichten einen langen Widerhall bei ihren Lesern.
© Perlentaucher Medien GmbH
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