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Was erleben wir gerade auf den Finanzmärkten: Eine Gespenstergeschichte, einen Katastrophenfilm, einen Krimi, oder ein Shakespeare-Remake? Welche unterirdischen Verbindungen existieren zwischen dem Fiktiven der Finanzmärkte und den Fiktionen der Filmindustrie, und wie sieht es mit der Filmkritik aus? Anhand der Analyse von Rhetoriken und sprachlicher Bilder in den medialen und politischen Diskursen zur Finanzkrise fragt Kathrin Röggla nach den Dramaturgien, den Plotstrukturen und den Figuren, die mit diesen korrespondieren. Immer wiederkehrende Motive wie das der Unsichtbarkeit, der Gier, des…mehr

Produktbeschreibung
Was erleben wir gerade auf den Finanzmärkten: Eine Gespenstergeschichte, einen Katastrophenfilm, einen Krimi, oder ein Shakespeare-Remake? Welche unterirdischen Verbindungen existieren zwischen dem Fiktiven der Finanzmärkte und den Fiktionen der Filmindustrie, und wie sieht es mit der Filmkritik aus? Anhand der Analyse von Rhetoriken und sprachlicher Bilder in den medialen und politischen Diskursen zur Finanzkrise fragt Kathrin Röggla nach den Dramaturgien, den Plotstrukturen und den Figuren, die mit diesen korrespondieren. Immer wiederkehrende Motive wie das der Unsichtbarkeit, der Gier, des Dominoeffekts, des Worst-case-Szenarios und des Insiderwissens sowie ständig verwendete Begriffe wie »Bad Bank« oder »toxische Zertifikate« lassen nicht nur deutlich werden, dass Katastrophismus und Risikogesellschaft längst vereint sind, sondern auch, dass uns anscheinend eine gefährliche Genre-Gemengelage regiert, eine Art »Zombiekapitalismus«. Die Wirklichkeitsmacht der Fiktion hat auf den Finanzmärkten längst eine alles beherrschende Rolle eingenommen und lässt uns zurück mit der Frage, warum wir so zögerlich reagieren, ob Kritik in einer Gesellschaft des Spektakels überhaupt noch möglich ist.
Autorenporträt
Kathrin Röggla geboren 1971, lebt als freie Schriftstellerin in Berlin. Sie veröffentlichte viele Bände an Prosa, zuletzt »die alarmbereiten«, Essays (»besser wäre: keine«), Hörspiele und Theatertexte. Im Picus Verlag veröffentlichte sie die Wiener Vorlesungen »Gespensterarbeit, Krisenmanagement und Weltmarktfiktion« sowie - gemeinsam mit Stéphane Gompertz - »Beziehungen leben und gestalten - zwischen Respekt, Höflichkeit, Korrektheit und Solidarität«.http://www.kathrin-roeggla.de
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.08.2009

Bank und Drama

Die Wirtschaft hat es mit der Blase: Das System der blindwütigen Akkumulation entschwand ja schon nach der ersten Runde dem Realen. Fiktionalisierung war der Preis dafür, die Totalität des Totalen aushandeln zu dürfen, bis irgendjemand, als sich die Zahlungsversprechen bereits auf das Fünfzehnfache der Summe aller Bruttoinlandsprodukte weltweit beliefen, die Regel brach und fragte: War doch alles nur ein Spiel, oder? Kathrin Röggla hat mit luziden Analysen zur unternehmerischen Autosuggestion lange vor diesem Zeitpunkt ihr Gespür für den symbolischen Überbau des Ökonomischen bewiesen. In einer der ehrwürdigen "Wiener Vorlesungen" untersuchte die Österreicherin jetzt die rhetorische Organisation der Krisenwahrnehmung, die sich allmählich zu einem kybernetischen System aus "Verdrängung" und "Überthematisierung" zu verselbständigen scheint. Der "Frontalunterricht, der uns zu Begriffszuschauern macht", und die mit der medialen Induzierung von Scheinerklärungen rückgekoppelten Kapitulationserklärungen der Wirtschaftsexperten nähren demnach "ein diffuses Gefühl der Angst", das Gefühl, im falschen Film zu sitzen. Doch in welchem? Kathrin Röggla appliziert die Dramaturgien des Katastrophenfilms (worst case), des Horrorstreifens (Antizipation), des Fernsehkrimis (Bankraub) und des Shakespeare-Remakes (Erschütterung der Macht) auf das Krisendrama. Dessen Drehbuch scheint sich all dieser Genres zugleich zu bedienen, und das nur zu einem Ziel: das "Spektakel", die systemeigene Panegyrik, zu verlängern. (Kathrin Röggla: "Gespensterarbeit, Krisenmanagement und Weltmarktfiktion". Picus Verlag, Wien 2009. 62 S., geb., 8,90 [Euro].) oju

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