Neuübersetzung des Nobelpreisträgers Iwan Bunin.Das russische Landleben am Vorabend des Ersten Weltkriegs und der Revolution. Acht Erzählungen: In der Erzählung 'Gespräch in der Nacht' erzählt der Knecht Paschka nicht ohne Stolz, wie er einen Aufständischen abgestochen hat. Die Erzählerin in 'Ein gutes Leben' berichtet von ihrem sozialen »Aufstieg« und welche Entbehrungen und Demütigungen sie das kostete. Sie alle verbindet ein grausames Schicksal, dem sie unbändigen Überlebenswillen entgegensetzen. Iwan Bunin kennt wie kein anderer die Härte des russischen Landlebens, voller Empathie bettet er die Leben all dieser Vergessenen in wunderbare Landschaftsbilder ein.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.08.2016NEUE TASCHENBÜCHER
Der genaue Blick
des Iwan Bunin
Eine Dorfstraße hinuntergehen; Personen kennen lernen wie den 108-jährigen Taganok; von einem „guten Leben“ erfahren – all das findet sich in den Erzählungen, die der russische Nobelpreisträger Iwan Bunin 1911 schrieb. Bunin besitzt den genauen Blick für einen Realismus der Farben, Töne und Gesten. Dieser Blick ist scharf, aber empfindsam, sodass die geschilderten Menschen auch in ihrer schäbigsten Art Menschen bleiben, wenn auch nicht sympathisch. Etwa Nicanor Matweitsch: „Weite Ärmel, die Hose noch weiter, aber Beine und Arme streichholzdünn, der Kopf schwer und groß und er selbst klein – kein schöner Anblick.“ So schonungslos berichtet die ansehnliche, aus leibeigenen Bauernverhältnissen stammende Nastja über ihr „zielstrebiges“ Leben und manchen Mann, bei dem sie alle möglichen Kompromisse eingeht, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Bunin lässt sie selbst erzählen, hart, trocken, tragikomisch. Oder jene schöne winterliche Märznacht, in der Onkel Chruschtschow den stierköpfigen Schneemann zerstört: „Schön ist das Leben, zum Teufel mit allem, was einem die Freude daran vergällt!“ HARALD EGGEBRECHT
Iwan Bunin: Gespräch in der Nacht. Erzählungen. Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg.
S. Fischer Verlag, Frankfurt / M. 2016. 272 Seiten, 11,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Der genaue Blick
des Iwan Bunin
Eine Dorfstraße hinuntergehen; Personen kennen lernen wie den 108-jährigen Taganok; von einem „guten Leben“ erfahren – all das findet sich in den Erzählungen, die der russische Nobelpreisträger Iwan Bunin 1911 schrieb. Bunin besitzt den genauen Blick für einen Realismus der Farben, Töne und Gesten. Dieser Blick ist scharf, aber empfindsam, sodass die geschilderten Menschen auch in ihrer schäbigsten Art Menschen bleiben, wenn auch nicht sympathisch. Etwa Nicanor Matweitsch: „Weite Ärmel, die Hose noch weiter, aber Beine und Arme streichholzdünn, der Kopf schwer und groß und er selbst klein – kein schöner Anblick.“ So schonungslos berichtet die ansehnliche, aus leibeigenen Bauernverhältnissen stammende Nastja über ihr „zielstrebiges“ Leben und manchen Mann, bei dem sie alle möglichen Kompromisse eingeht, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Bunin lässt sie selbst erzählen, hart, trocken, tragikomisch. Oder jene schöne winterliche Märznacht, in der Onkel Chruschtschow den stierköpfigen Schneemann zerstört: „Schön ist das Leben, zum Teufel mit allem, was einem die Freude daran vergällt!“ HARALD EGGEBRECHT
Iwan Bunin: Gespräch in der Nacht. Erzählungen. Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg.
S. Fischer Verlag, Frankfurt / M. 2016. 272 Seiten, 11,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.11.2013Die Leere im kostbaren Gefäß einer gewaltigen Vergangenheit
Er war ein Zuhörer und ein Wahrnehmungskünstler: In seinen Erzählungen malt Iwan Bunin das leidvolle Leben russischer Bauern im prächtigen Rahmen der Natur.
Heiter, windstill, sonnig, heiß, jung, ernsthaft, klein, tief, gemächlich, sanft, bettelarm, breit, lang, spärlich, weißblond - die Reihe ließe sich fortsetzen. Mit einer zweistelligen Zahl von Adjektiven beginnt Iwan Bunins Erzählung "Hundertacht". Dann erklingt eine dunkle Pauke, versehen mit gleich fünf adjektivischen Glanzlichtern: "bisweilen fällt mit einem kurzen, dumpfen Schlag ein reifer Apfel in das seidige trockene Gras". Inmitten eines Adjektivschwarms spaziert der Lehrer Iwanizki zu dem 108 Jahre alten Großvater der Solowjows, wo sich die Zahl der Eigenschaftsworte vermindert: Der üppig heraufbeschworene Herbst der Natur wird vom Gespräch mit einem Menschen verdrängt, der im Spätherbst seines Lebens steht.
Was macht eine Übersetzerin mit solch einer massiven Evokation spätsommerlichen Friedens und Glücks, wie sie heute jedem Schreibanfänger ausgetrieben würde? Wie geht sie um mit einem Wahrnehmungskünstler, der den Impressionismus in Prosa nachmalt? Wenn sie Dorothea Trottenberg heißt, dann widersteht sie der Versuchung, Bunin zu modernisieren, ihn auszuhungern, manches einfach zu streichen, und behandelt den Wahrnehmungsemphatiker wie einen Lyriker: Sie rhythmisiert die Adjektivhaufen, entzerrt sie durch Umstellungen, greift, wenn es ihr zu bunt wird, zu Substantivierungen, sorgt für Bezüge und Assonanzen. Vor allem aber lässt sie ein wahrnehmendes Ich aufscheinen und drängt den auktorialen Erzähler behutsam in den Hintergrund: Sie subjektiviert. Wenn dann der Apfel fällt und die Szene kontrapunktiert, ist der Leser bereits auf Musik eingestimmt und findet die prächtig rankende und prankende Lebenslust auf uralten, verfallenden Dachstuhlresten nicht anders als Iwanizki und sein Schöpfer "so wunderschön vor dem klaren hellblauen Himmel zwischen den weißen runden Wolken". Iwan Bunin und Dorothea Trottenberg retten die Üppigkeit der Natur, vom Russen als Offenbarung angestaunt, in die Literatur und lassen ihre Schwerstarbeit bei der sensorisch-poetischen Feinjustierung wie hingetupft aussehen.
Danach freilich verfliegt die heitere Stimmung. Danach erzählt Bunin in acht Erzählungen aus dem Jahr 1911, die der Band "Gespräch in der Nacht" versammelt, von Menschen auf dem Dorf. Der Lehrer Iwanizki fragt den Hundertachtjährigen begierig aus, bevor der Tod "das kostbare Gefäß einer gewaltigen Vergangenheit" zerschlägt, doch der Alte weiß nur Belangloses. Ein Gymnasiast erfährt in der Titelgeschichte "Gespräch in der Nacht", dass die Arbeiter, denen er den ganzen Sommer über auf dem Feld nicht von der Seite gewichen ist, fremd und unbegreiflich geblieben sind - so ungerührt reuelos erzählen sie von Mord und Totschlag, so ergeben (oder fühllos?) harren sie aus in der Schuld. Bunin, der als Kind verarmter Landadliger unter Bauern aufwuchs, zeigt sich deutlich befremdet vom russischen Volk.
Unwiderruflich vergangen sind die Kindheitstage, die Bunin in frühen Erzählungen, in der schönen und verdienstvollen Werkausgabe des Dörlemann Verlags unter dem Titel "Am Ursprung der Tage" erschienen, zu melancholisch grundierten, hochpräzisen Stimmungsbildern kondensiert hat. 1911 herrscht Distanz. Die innige Nähe zu den Bauern und ihrem Leben scheint verloren.
Um so unverwandter blickt der spätere Nobelpreisträger und "beste Stilist" seines Landes, wie nicht nur Maxim Gorki urteilte, auf die ferngerückte Welt. Hässliches und Ekelerregendes schrecken ihn nicht, und es ist dieser unerschrockene Blick, der ihn an die Schwelle der Moderne trägt. Was erfährt man nicht alles über die Arbeiten auf dem Feld, über die Hütten und die Kleider der Bauern! Nicht nur der typische "Halbpelz" begegnet bei ihm, auch die Fusslappen, der beklagenswerte Zustand der Zähne, der reichlich vorhandene Parasitenbefall, die wenig angenehmen Ausdünstungen verschiedener Körperteile mitsamt der Gründe dafür, der Dreck unter den Fingernägeln und das Aussehen von Leichen.
Mit welchen erzählerischen Konventionen Bunin um die Präzision der Wahrnehmung zu ringen hat, zeigt die Geschichte "Die Kraft". In ihr schreibt er einem Kleinbürger diabolische Kräfte zu, wofür selbst ihm die Sensorien fehlen, und die Erzählung kippt unversehens ins Legenden- und Märchenhafte, wird wunderlich und moralisch. Es ist der einzige Ausrutscher.
Ein Beschauer und ein Zuhörer ist Iwan Bunin. Er lässt die Bauern selbst ihr Leben schildern. Die Geschichten konzentrieren sich auf wenige Stunden oder Tage und sind zwischen den längeren Erzählungen "Das Dorf" (1910) und "Suchodol" (1912) entstanden, die damals viel Aufsehen erregten. Denn sie schildern drastisch die vorrevolutionären Zustände auf dem Land, das Aufbegehren der erst 1861 von der Leibeigenschaft befreiten Bauern gegen Verwahrlosung und Hungertod, ihre Hoffnungen auf eine Landreform, vor der sich die Gutsbesitzer fürchten.
Vielleicht rührt die Distanz auch, das deutet Herausgeber Thomas Grob in seinem knappen Nachwort an, von zwei Todesfällen her, die Bunin erschütterten: 1910 starben seine Mutter und der verehrte Lew Tolstoi. Im April 1911 kehrte Bunin mit seiner Frau von einer Reise nach Ägypten und Ceylon zurück, die die Reisebilder in "Der Sonnentempel" schildern, um auf einem Gut von Verwandten zu schreiben. Im August reiste das Paar über Odessa, Deutschland und die Schweiz nach Capri. Auch hier schrieb der große Reisende weiter über die russischen Bauern: über eine Mutter, die des Hungers stirbt und den lieblosen Sohn auf ihrem letzten Weg nur knapp verfehlt; über einen Vater, dem der Sohn auf einer Wanderung vor seinen Augen erfror. Wie trostlos wäre der Band ausgefallen, spielte sich all dies nicht in einer Natur ab, deren Pracht das Leid des Menschen einfasst und ihm gegenübertritt.
JÖRG PLATH
Iwan Bunin:
"Gespräch in der Nacht". Erzählungen 1911.
Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg. Hrsg. und Nachwort von Thomas Grob. Dörlemann Verlag. Zürich 2013. 264 S., geb., 23,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Er war ein Zuhörer und ein Wahrnehmungskünstler: In seinen Erzählungen malt Iwan Bunin das leidvolle Leben russischer Bauern im prächtigen Rahmen der Natur.
Heiter, windstill, sonnig, heiß, jung, ernsthaft, klein, tief, gemächlich, sanft, bettelarm, breit, lang, spärlich, weißblond - die Reihe ließe sich fortsetzen. Mit einer zweistelligen Zahl von Adjektiven beginnt Iwan Bunins Erzählung "Hundertacht". Dann erklingt eine dunkle Pauke, versehen mit gleich fünf adjektivischen Glanzlichtern: "bisweilen fällt mit einem kurzen, dumpfen Schlag ein reifer Apfel in das seidige trockene Gras". Inmitten eines Adjektivschwarms spaziert der Lehrer Iwanizki zu dem 108 Jahre alten Großvater der Solowjows, wo sich die Zahl der Eigenschaftsworte vermindert: Der üppig heraufbeschworene Herbst der Natur wird vom Gespräch mit einem Menschen verdrängt, der im Spätherbst seines Lebens steht.
Was macht eine Übersetzerin mit solch einer massiven Evokation spätsommerlichen Friedens und Glücks, wie sie heute jedem Schreibanfänger ausgetrieben würde? Wie geht sie um mit einem Wahrnehmungskünstler, der den Impressionismus in Prosa nachmalt? Wenn sie Dorothea Trottenberg heißt, dann widersteht sie der Versuchung, Bunin zu modernisieren, ihn auszuhungern, manches einfach zu streichen, und behandelt den Wahrnehmungsemphatiker wie einen Lyriker: Sie rhythmisiert die Adjektivhaufen, entzerrt sie durch Umstellungen, greift, wenn es ihr zu bunt wird, zu Substantivierungen, sorgt für Bezüge und Assonanzen. Vor allem aber lässt sie ein wahrnehmendes Ich aufscheinen und drängt den auktorialen Erzähler behutsam in den Hintergrund: Sie subjektiviert. Wenn dann der Apfel fällt und die Szene kontrapunktiert, ist der Leser bereits auf Musik eingestimmt und findet die prächtig rankende und prankende Lebenslust auf uralten, verfallenden Dachstuhlresten nicht anders als Iwanizki und sein Schöpfer "so wunderschön vor dem klaren hellblauen Himmel zwischen den weißen runden Wolken". Iwan Bunin und Dorothea Trottenberg retten die Üppigkeit der Natur, vom Russen als Offenbarung angestaunt, in die Literatur und lassen ihre Schwerstarbeit bei der sensorisch-poetischen Feinjustierung wie hingetupft aussehen.
Danach freilich verfliegt die heitere Stimmung. Danach erzählt Bunin in acht Erzählungen aus dem Jahr 1911, die der Band "Gespräch in der Nacht" versammelt, von Menschen auf dem Dorf. Der Lehrer Iwanizki fragt den Hundertachtjährigen begierig aus, bevor der Tod "das kostbare Gefäß einer gewaltigen Vergangenheit" zerschlägt, doch der Alte weiß nur Belangloses. Ein Gymnasiast erfährt in der Titelgeschichte "Gespräch in der Nacht", dass die Arbeiter, denen er den ganzen Sommer über auf dem Feld nicht von der Seite gewichen ist, fremd und unbegreiflich geblieben sind - so ungerührt reuelos erzählen sie von Mord und Totschlag, so ergeben (oder fühllos?) harren sie aus in der Schuld. Bunin, der als Kind verarmter Landadliger unter Bauern aufwuchs, zeigt sich deutlich befremdet vom russischen Volk.
Unwiderruflich vergangen sind die Kindheitstage, die Bunin in frühen Erzählungen, in der schönen und verdienstvollen Werkausgabe des Dörlemann Verlags unter dem Titel "Am Ursprung der Tage" erschienen, zu melancholisch grundierten, hochpräzisen Stimmungsbildern kondensiert hat. 1911 herrscht Distanz. Die innige Nähe zu den Bauern und ihrem Leben scheint verloren.
Um so unverwandter blickt der spätere Nobelpreisträger und "beste Stilist" seines Landes, wie nicht nur Maxim Gorki urteilte, auf die ferngerückte Welt. Hässliches und Ekelerregendes schrecken ihn nicht, und es ist dieser unerschrockene Blick, der ihn an die Schwelle der Moderne trägt. Was erfährt man nicht alles über die Arbeiten auf dem Feld, über die Hütten und die Kleider der Bauern! Nicht nur der typische "Halbpelz" begegnet bei ihm, auch die Fusslappen, der beklagenswerte Zustand der Zähne, der reichlich vorhandene Parasitenbefall, die wenig angenehmen Ausdünstungen verschiedener Körperteile mitsamt der Gründe dafür, der Dreck unter den Fingernägeln und das Aussehen von Leichen.
Mit welchen erzählerischen Konventionen Bunin um die Präzision der Wahrnehmung zu ringen hat, zeigt die Geschichte "Die Kraft". In ihr schreibt er einem Kleinbürger diabolische Kräfte zu, wofür selbst ihm die Sensorien fehlen, und die Erzählung kippt unversehens ins Legenden- und Märchenhafte, wird wunderlich und moralisch. Es ist der einzige Ausrutscher.
Ein Beschauer und ein Zuhörer ist Iwan Bunin. Er lässt die Bauern selbst ihr Leben schildern. Die Geschichten konzentrieren sich auf wenige Stunden oder Tage und sind zwischen den längeren Erzählungen "Das Dorf" (1910) und "Suchodol" (1912) entstanden, die damals viel Aufsehen erregten. Denn sie schildern drastisch die vorrevolutionären Zustände auf dem Land, das Aufbegehren der erst 1861 von der Leibeigenschaft befreiten Bauern gegen Verwahrlosung und Hungertod, ihre Hoffnungen auf eine Landreform, vor der sich die Gutsbesitzer fürchten.
Vielleicht rührt die Distanz auch, das deutet Herausgeber Thomas Grob in seinem knappen Nachwort an, von zwei Todesfällen her, die Bunin erschütterten: 1910 starben seine Mutter und der verehrte Lew Tolstoi. Im April 1911 kehrte Bunin mit seiner Frau von einer Reise nach Ägypten und Ceylon zurück, die die Reisebilder in "Der Sonnentempel" schildern, um auf einem Gut von Verwandten zu schreiben. Im August reiste das Paar über Odessa, Deutschland und die Schweiz nach Capri. Auch hier schrieb der große Reisende weiter über die russischen Bauern: über eine Mutter, die des Hungers stirbt und den lieblosen Sohn auf ihrem letzten Weg nur knapp verfehlt; über einen Vater, dem der Sohn auf einer Wanderung vor seinen Augen erfror. Wie trostlos wäre der Band ausgefallen, spielte sich all dies nicht in einer Natur ab, deren Pracht das Leid des Menschen einfasst und ihm gegenübertritt.
JÖRG PLATH
Iwan Bunin:
"Gespräch in der Nacht". Erzählungen 1911.
Aus dem Russischen von Dorothea Trottenberg. Hrsg. und Nachwort von Thomas Grob. Dörlemann Verlag. Zürich 2013. 264 S., geb., 23,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Gebannt von der Liebe des Autors zu seinen von Armut und Verzweiflung und Brutalität geschüttelten Figuren klappt Ilma Rakusa das Buch mit acht Erzählungen von Iwan Bunin zu. Ganz wie Tschechow scheint ihr der Autor hier den Menschen und seine Abgründe möglichst illusionslos auszuleuchten, etwas üppiger zwar und mit einem Funken Schönheit im Hintergrund, doch ebenso beklemmend präsent, ja deprimierend, wie Rakusa berichtet. Bunin schätzt sie nicht zuletzt, weil der Autor es unterlässt, Wege zu weisen, revolutionäre wie nostalgische. Weil er stattdessen bäuerliche Schicksale in ihrer ganzen Ambivalenz darstellt, differenziert und ohne Pathos.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
»Iwan Bunin und Dorothea Trottenberg retten die Üppigkeit der Natur, vom Russen als Offenbarung angestaunt, in die Literatur und lassen ihre Schwerstarbeit ... wie hingetupft aussehen.« Jörg Plath / Frankfurter Allgemeine Zeitung
»Die große Kunst Iwan Bunins besteht darin, diese hoffnungslosen Dramen so zu erzählen, dass man sie nicht nach der ersten Episode frustriert beiseite legt. ... Am Ende dann ist einerseits klar, dass man nie ganz das russische Dorf, ja überhaupt eine so andere Welt verstehen wird, dass man andererseits aber einem solchen Verständnis mit den Erzählungen Iwan Bunins ein großes Stück näher gekommen ist.« Fokke Joel / neues deutschland
»Iwan Bunin ist kein Ideologe, kein Moralist mit erhobenem Zeigefinger, er nähert sich der Wirklichkeit mit dem wachen Auge des Beobachters; Präzision und Liebe zum Detail zeichnen ihn als Schriftsteller aus. ... Seine Methode ist es, den Leser an die Ambivalenzen und Ausweglosigkeiten bäuerlicher (und anderer) Schicksale heranzuführen, mithin zu zeigen, nicht Wege zu weisen. Auf die berühmte russische Frage 'Was tun?' gibt er keine Antwort, da es ihm nicht um Schwarz-Weiß-Malerei, sondern um differenzierte Anschauung geht.« Ilma Rakusa / Neue Zürcher Zeitung
»Sechs Jahre nach der in blutiger Gewalt erstickten ersten russischen Revolution von 1905 wirft Bunin einen illusionslosen Blick auf das Landleben. Er ist weit davon entfernt, die Bauern zu idealisieren, wie er es als glühender Anhänger der Lehren Lew Tolstojs in jungen Jahren tat.« Brigitte van Kann / Deutschlandfunk
»Die große Kunst Iwan Bunins besteht darin, diese hoffnungslosen Dramen so zu erzählen, dass man sie nicht nach der ersten Episode frustriert beiseite legt. ... Am Ende dann ist einerseits klar, dass man nie ganz das russische Dorf, ja überhaupt eine so andere Welt verstehen wird, dass man andererseits aber einem solchen Verständnis mit den Erzählungen Iwan Bunins ein großes Stück näher gekommen ist.« Fokke Joel / neues deutschland
»Iwan Bunin ist kein Ideologe, kein Moralist mit erhobenem Zeigefinger, er nähert sich der Wirklichkeit mit dem wachen Auge des Beobachters; Präzision und Liebe zum Detail zeichnen ihn als Schriftsteller aus. ... Seine Methode ist es, den Leser an die Ambivalenzen und Ausweglosigkeiten bäuerlicher (und anderer) Schicksale heranzuführen, mithin zu zeigen, nicht Wege zu weisen. Auf die berühmte russische Frage 'Was tun?' gibt er keine Antwort, da es ihm nicht um Schwarz-Weiß-Malerei, sondern um differenzierte Anschauung geht.« Ilma Rakusa / Neue Zürcher Zeitung
»Sechs Jahre nach der in blutiger Gewalt erstickten ersten russischen Revolution von 1905 wirft Bunin einen illusionslosen Blick auf das Landleben. Er ist weit davon entfernt, die Bauern zu idealisieren, wie er es als glühender Anhänger der Lehren Lew Tolstojs in jungen Jahren tat.« Brigitte van Kann / Deutschlandfunk