Mit dieser Publikation wird erstmals der Versuch unternommen, das gängige Klischee vom betulichen und selbstzufriedenen Patriarchen Rückert aufzubrechen. In der Gegenüberstellung mit anderen bedeutenden Lyrikern der Epoche zwischen Romantik und Poetischem Realismus und mit wesensverwandten Dichtern aus späterer Zeit wird Rückerts Lyrik in ihrer Eigenart erfahrbar. Die Vielgestaltigkeit formaler und sprachlicher Mittel, deren sich Rückert bedient, wird im Vergleich mit längst anerkannten Lyrikern wie Brentano, Mörike und Storm herausgearbeitet. Der Leser gewinnt die Einsicht in Rückerts Welterfahrung und vermag somit auch das lyrische Werk dieses lange unterbewerteten Dichters als sensibles Zeugnis gesellschaftlicher und weltanschaulicher Verwerfungsprozesse besser einzuschätzen. So gewinnt Rückerts lyrisches OEuvre Rang und Aussagekraft neben dem Werk längst anerkannter Dichter wie Heine, die Droste und Lenau. Nicht das literaturhistorische Pauschalurteil aus der Vogelschau, sondern die behutsame Deutung motivverwandter Texte begleitet den Leser von Goethe bis hin zu Werfel, immer aber im Vergleich mit Rückert, auf wenig begangenen Wegen der deutschen Literatur des 19. Jahrhunderts.