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Vom Kriegsende bis zur Wiedervereinigung: Die erste Gesamtdarstellung deutsch-deutscher Geschichte, die das wechselvolle und komplexe Verhältnis der beiden deutschen Staaten in den Mittelpunkt rückt.
Wer verstehen will, warum die innerdeutsche Grenze bis heute nicht wirklich verschwunden ist, darf die Geschichte der DDR nicht zu einer Fußnote herabstufen. Petra Weber schlägt einen großen Bogen und erzählt die deutschdeutsche Geschichte in den Jahren 1945-1990 als Parallel- und Kontrast-, als Perzeptions- und Beziehungsgeschichte. Sie rückt die Einbindung der beiden deutschen Staaten in die…mehr

Produktbeschreibung
Vom Kriegsende bis zur Wiedervereinigung: Die erste Gesamtdarstellung deutsch-deutscher Geschichte, die das wechselvolle und komplexe Verhältnis der beiden deutschen Staaten in den Mittelpunkt rückt.

Wer verstehen will, warum die innerdeutsche Grenze bis heute nicht wirklich verschwunden ist, darf die Geschichte der DDR nicht zu einer Fußnote herabstufen. Petra Weber schlägt einen großen Bogen und erzählt die deutschdeutsche Geschichte in den Jahren 1945-1990 als Parallel- und Kontrast-, als Perzeptions- und Beziehungsgeschichte. Sie rückt die Einbindung der beiden deutschen Staaten in die Machtblöcke in Ost und West und den mühsamen deutsch-deutschen Dialog in den Blick und analysiert die politischen Systemunterschiede sowie die Reaktionen in Bonn und Ost-Berlin auf gesellschaftliche Auf- und Umbrüche. Die Ausbildung von Konsum- und Wertmustern wird reflektiert und der Frage nachgegangen, ob sich die Deutschen jenseits der Teilung noch als gemeinsame Geschichts- und Kulturnation verstanden. So entsteht ein spannendes deutsch-deutsches Panorama, das Feindseligkeiten, Konkurrenzen, Trennendes und Missverständnisse ebenso beleuchtet wie verbindende Traditionen, wechselseitige Referenz- und Beziehungsgeflechte, innerdeutsche Transfers und Kooperationen.

Dr. Petra Weber, geb. 1958, war nach dem Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik von 1988 bis 1990 wissenschaftliche Mitarbeiterin der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien in Bonn, von 1991 bis 1994 Stipendiatin der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Seit 1995 arbeitet sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Zeitgeschichte, zunächst in Berlin, dann in München. Sie ist Redakteurin der "Studien zur Zeitgeschichte" und der "Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte".
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der hier rezensierende Historiker Joachim Scholtyseck lobt die wissenschaftliche Präzision und die Quellenstärke des Buches von Petra Weber. Und er gibt zu bedenken, dass der Band sich nicht unbedingt als Nachtlektüre eignet, sondern ein "Mammutwerk" der vergleichenden Analyse darstellt, das es darauf anlegt, West- und Ostdeutschland in allen erdenklichen Facetten, von Politik und Gesellschaft über Konsum und Arbeitswelt bis zu den jeweiligen Skinheadszenen zueinander ins Verhältnis zu setzen, ohne Demokratie und Diktatur über einen Kamm zu scheren. Die Empathie der Autorin bei der Darstellung des Wegs zur deutschen Einheit scheint ihm bemerkenswert, ebenso die besonderen Akzentsetzungen, die etwa die Fünfziger in der BRD nicht als reine Erfolgsgeschichte verkaufen. Dass Weber nicht apodiktisch vorgeht, sondern Dinge zur Diskussion stellt, hält der Rezensent außerdem für eine schöne Geste.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.08.2020

Überfälliger Abschied vom Katzentisch
Ein in jeder Hinsicht gewichtiges Werk zur deutsch-deutschen Teilungsgeschichte

Es gibt zahlreiche aktuelle Gesamtdarstellungen zur deutsch-deutschen Geschichte nach 1945 - das gesamtdeutsche Bücherregal reicht sozusagen von Kleßmann bis Kielmansegg. So unterschiedlich sie konzipiert sind, haben sie doch eine Gemeinsamkeit: Der Schwerpunkt liegt auf der Bundesrepublik. Eine "Fußnote in der Weltgeschichte", so hatte die berühmt-berüchtigte Feststellung von Stefan Heym gelautet, die dieser in einem Fernsehinterview am 18. März 1990 getroffen hatte, als nach der Volkskammerwahl das Ende der DDR immer wahrscheinlicher wurde. Peter Graf Kielmansegg, der Verfasser einer wichtigen Parallelgeschichte der beiden deutschen Staaten, kam im Jahr 2000 zu einem ganz ähnlichen Schluss: "Seit 1989 ist klar, dass wir es mit zwei ganz verschiedenen Geschichten zu tun haben, einer mit Zukunft und einer ohne Zukunft. An der zweiten interessiert vor allem, warum sie keine Zukunft hatte."

In den Darstellungen zur Bundesrepublik findet sich die DDR ebenfalls fast immer am Katzentisch. Bereits im programmatischen Titel bei Heinrich August Winkler geht es um den "langen Weg nach Westen", auf dem die Bonner Republik nach den Verheerungen der nationalsozialistischen Herrschaft schließlich wieder zurück in die zivilisierte Staatengemeinschaft fand. Die DDR taucht in der Regel als Negativfolie zur Illustrierung von Diktaturerfahrungen auf. Die Vorgänge jenseits der Zonengrenze und der Mauer werden fast notgedrungen als etwas Zweitrangiges behandelt - so wie der sprichwörtliche "Zweite deutsche Staat", von dem vor 1989 die Rede war, wenn man nicht vom "System von Pankow" und der "sogenannten DDR" sprechen oder sie in Gänsefüßchen setzen wollte. Nach der Wiedervereinigung gab es zunächst ebenfalls wenig Interesse, sich über verschiedene Enquete-Kommissionen hinaus ernsthaft mit dem untergegangenen Staatsgebilde beschäftigen zu müssen. Diese Aufgabe blieb einzelnen Forschern überlassen, die sich in eine Reihe mit den ehemaligen "Kreml-Astrologen" gestellt sahen, denen die unglückliche Pflicht zugefallen war, in der Zeit der Ost-West-Konfrontation die Signale aus Moskau und Ost-Berlin zu deuten. Die Historiker, die sich mit den Hinterlassenschaften des SED-Regimes beschäftigen, beklagten und beklagen daher regelmäßig die "Verinselung" ihres Forschungszweigs und ein allmähliches Vergessen des Wissens über die DDR, die häufig nur als ein lästiges Anhängsel mitbehandelt wird.

Petra Webers Studie bricht eine Lanze für eine andere Perspektive. Sie macht in jeder Zeile klar, dass es mit ihrem paritätischen Blick auf West- und Ostdeutschland nicht darum geht, den normativen Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur zu verwischen. Das ist geradezu die Voraussetzung für eine angemessen-nüchterne Betrachtung der Beziehungs-, Perzeptions-, Referenz- und Kontrastgeschichte beider deutscher Staaten. Sie möchte die vielfach eingeforderte "asymmetrisch-verflochtene Parallelgeschichte" - der Begriff stammt von Christoph Kleßmann - endlich schreiben, und nach der Lektüre weiß man: Es ist ihr gelungen.

Die Verfasserin hat für dieses Mammutwerk eine Unmenge an Literatur gelesen und verarbeitet. Die fünf weitgehend chronologisch angelegten Großkapitel bieten ein geradezu enzyklopädisches Wissen, das - eine weitere Leistung der Autorin - immer im Sinn der Verschränkung die west- und ostdeutschen Gegebenheiten parallelisiert und kritisch vergleicht. Die Arbeit rückt die Einbindung der beiden deutschen Staaten in die Machtblöcke und den mühsamen deutsch-deutschen Dialog in den Blick und analysiert die politischen Systemunterschiede sowie die Reaktionen in Bonn und Ost-Berlin auf gesellschaftliche Auf- und Umbrüche. Der Ausbildung und Entwicklung von Konsum- und Wertemustern wird nachgegangen, ebenso der Frage, ob sich die Deutschen einige Jahrzehnte nach Gründung beider Staaten überhaupt noch als gemeinsame Geschichts- und Kulturnation verstanden. Alle wesentlichen Aspekte werden in diesem Panorama abgehandelt, vom Kalten Krieg zu den Tauwetterperioden, vom Konsum zur Arbeitswelt, vom Strukturwandel zu den Technologiekrisen, von den Kulturmilieus zum Phänomen der Benutzung von "Geschichte als Waffe". Sogar die Musiklandschaft in beiden deutschen Staaten und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Skinheadszenen werden analysiert. Die Betrachtung der Geschichte der Studentenunruhen von "1968" aus der west- und der ostdeutschen Sicht vermittelt ebenso originelle Eindrücke wie der Vergleich der Rechtssysteme. Gleiches gilt für die weibliche Erwerbstätigkeit und die Emanzipation in West und Ostdeutschland.

Einfühlsam wird zudem der schwierige Weg zur deutschen Einheit beschrieben, der durch die in den 1990er Jahren vielfach geäußerte Annahme geprägt war, die Ostdeutschen seien "provinzieller, obrigkeitsgläubiger, egalitätsorientierter und gemeinschaftsbezogener", während die Westdeutschen "selbständiger, weltoffener und individualistischer" seien. Ob und wie viel an diesen Beobachtungen richtig war, ist umstritten, aber die Folgen sind für alle bis heute sichtbar: "Die Verständigungsprobleme zwischen Ost- und Westdeutschen nahmen nach 1990 zu und nicht wie erwartet ab", so Weber.

Manche Zäsuren werden durch den deutsch-deutschen Blick bemerkenswerterweise anders gesetzt, als man es gewohnt ist. Die 1950er Jahre der Bundesrepublik waren durchaus noch nicht eine reine "Erfolgsgeschichte" geglückter Demokratie, sondern, wie Hans-Peter Schwarz es ausgedrückt hat, eher eine "ausgebliebene Katastrophe". Die Zeitgenossen in der Bundesrepublik waren noch keineswegs sicher, dass sie den Systemstreit mit der DDR gewinnen würden. Auch die 1970er Jahre werden anders akzentuiert.

Unter wirtschafts- und gesellschaftsgeschichtlichen Gesichtspunkten hat sich die Ansicht etabliert, das Jahr 1973, die Ölkrise und der "Wertewandel" in Richtung einer zunehmend postmaterialistischen Gesellschaft seien entscheidende Wendepunkte gewesen. Das mag für die Bundesrepublik auch zutreffen. Für den deutsch-deutschen Blick plädiert Petra Weber eher für das Jahr 1979 als Einschnitt. Für die DDR hatten die zweite Ölpreiskrise 1979/80 und die Kürzungen der sowjetischen Öllieferungen gravierende Folgen; in der Bundesrepublik wiederum gehörten Massenarbeitslosigkeit und Inflation fortan zum Alltag. Während die bundesrepublikanische Konsumgesellschaft die Krisenerscheinungen kompensierte, blieb der DDR nur der aussichtslose Versuch, mit "Intershops" die Warenwelt zu imitieren. Zur gleichen Zeit wurde mit dem sowjetischen Einmarsch in Afghanistan und dem Nato-Doppelbeschluss eine neue Runde im Kalten Krieg eingeläutet, in der das ineffiziente Planwirtschaftssystem bereits an den Rand des Zusammenbruchs geriet. Erfreulicherweise werden diese und ähnliche Akzentuierungen nicht apodiktisch präsentiert, sondern als Angebot zur Diskussion, das allerdings stets durch mannigfache Quellenbelege und Zitate untermauert ist.

Das Werk mit seinen 1292 Seiten hat Ziegelsteincharakter und bietet sich daher nicht als Nachtlektüre an. Wer etwas herummäkeln will, kann vielleicht auf den Eindruck verweisen, dass es die Verfasserin mit ihrem Wunsch, beide Seiten angemessen in ihren gegenseitigen Verständnissen und Missverständnissen zu schildern, ein wenig übertreibt. Die Bundesrepublik war nun einmal der territorial größere Staat, sie war von ihrer Blockführungsmacht unabhängiger und hatte größere Handlungsspielräume als die DDR. Ihr wirtschaftlich-kulturelles Leben war vielfältiger, bunter, streitbarer, zerrissener, aber auch charmanter. Aber das wäre, wenn man das gewichtige Werk in seinem Gesamtzusammenhang betrachtet, wirklich nur Mäkelei.

Die DDR wird nicht so schnell vergessen werden wie - um ein Beispiel herauszugreifen - die Mainzer Republik in den Wirren der Französischen Revolution. Wie aber wird sie betrachtet werden, wenn es keine "Erlebnisgeneration" mehr gibt, die über den ostdeutschen Staat aus eigener Anschauung berichten kann? Das ist eine Frage, die selbst eine belesene Historikerin wie die Autorin nicht beantworten kann und auch nicht will. Ganz am Ende des Buches findet sich der Hinweis, dass das Zusammenwachsen der beiden Staaten wahrscheinlich so lange dauern wird, wie Ost- und Westdeutschland getrennt gewesen waren. Warum das so ist, macht das Werk von Petra Weber in aller wissenschaftlichen Präzision deutlich.

JOACHIM SCHOLTYSECK

Petra Weber: Getrennt und doch vereint. Deutsch-deutsche Geschichte 1945-1989/90.

Metropol Verlag, Berlin 2020. 1292 S., 49,- [Euro].

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