»Es gibt eine Gewalt, die sich in ihrem Schweigen erhält.« | |87
Wow, was ist das? Jo Frank hat mit »Gewalt« ein essayistisches Langgedicht geschrieben, einen lyrisch-prosaischen Essay, eine essaistisch-lyrische Prosa über das Suchen und Finden einer Sprache von Gewalt. »Gewalt« zieht hinein in
persönlichste, konkrete, sich verkörpende Gewalt, die vergangen war und immer Jetzt bleibt, die Ich…mehr»Es gibt eine Gewalt, die sich in ihrem Schweigen erhält.« | |87
Wow, was ist das? Jo Frank hat mit »Gewalt« ein essayistisches Langgedicht geschrieben, einen lyrisch-prosaischen Essay, eine essaistisch-lyrische Prosa über das Suchen und Finden einer Sprache von Gewalt. »Gewalt« zieht hinein in persönlichste, konkrete, sich verkörpende Gewalt, die vergangen war und immer Jetzt bleibt, die Ich ist, die Du ist, aber niemals Wir. Gewalt, die von A in Richtung B, in Richtung C, D, E, F wirkt und wahrscheinlich weiter. C ist kein Kind und redet nicht über Gewalt, pschhht! D hat besonderes Denken, versteht Gewalt vielleicht nicht, versteht Angst. Doch mehr ist nicht zu sagen über Andere als B, für A, C, D, E und F kann und mag B keine Sprache finden.
»Gewalt« wiegt jede Formulierung auf. Wenn ein Wort oder ein Satz andere Formulierungen auslöst, finden sich Fußnoten, lange suchende Fußnoten, auch Fußnoten der Fußnoten. Im Grunde fürchterlich, diese Fußnoterei, die ich sonst nur in wissenschaftlichen Texten erdulde. Doch hier fügen sie sich stilistisch ein, finden eine neue Form, die das Lesen zu einem wiederkehrenden Vor- und Zurückblättern macht, die einen fließenden, rhythmischen Sound erzeugt, der unterstützt wird durch die sich durch »Gewalt« ziehenden Wiederholungen von Worten, Sätzen und Passagen. Die Form prägt den Sound von »Gewalt« und führt hin zu einer immer präzisieren und mit sich selbst ehrlicheren Sprachfindung, die ihre Unzulänglichkeiten zu akzeptieren versucht. Dass sich Frank mit Sprache, Theorien und Diskursen intensiv auseinandersetzt, fließt fast beilaufig in den Text. Er widersteht der Versuchung, darin ein Schutzschild zu finden, es zu benutzen zur Vereineindeutigung seiner Worte und Wahrnehmung.
Klingt abstrakt? Das ist es. Klingt schwer greifbar? Das ist es gar nicht. »Gewalt« ist direkt und pur. Selten habe ich einen so nahen, intimen, um Offenheit ringenden Text gelesen. »Gewalt« hat mich berührt, auch belastet, beim Lesen eine Öffnung in eigene nicht zur Sprache gefundene Anteile provoziert und gestärkt. Ich bin begeistert und mitgenommen.