Unter dem Titel "Gezeitenkinder" von Luise Diekhoff konnte ich mir erst einmal nichts vorstellen. Außer, dass es um die See gehen könnte und um Kinder, die vielleicht das ein oder andere, schlechte Schicksal erwischt haben. Auch das Cover des Buches deutet eindeutig darauf hin. Aber was sich
wirklich zwischen den Seiten befand, war eine für mich sehr berührende und auch vor allem sehr wichtige…mehrUnter dem Titel "Gezeitenkinder" von Luise Diekhoff konnte ich mir erst einmal nichts vorstellen. Außer, dass es um die See gehen könnte und um Kinder, die vielleicht das ein oder andere, schlechte Schicksal erwischt haben. Auch das Cover des Buches deutet eindeutig darauf hin. Aber was sich wirklich zwischen den Seiten befand, war eine für mich sehr berührende und auch vor allem sehr wichtige Geschichte, die es sich lohnt zu lesen. Es werden Themen wie die Unterdrückung wichtiger Bedürfnisse, problematisches Gedankengut und der Mut einer jungen Frau behandelt. Diese junge Frau ist für mich die Heldin der Geschichte und hat wirklich großartige Arbeit geleistet, auch wenn sie damit vielleicht selbst nicht gerechnet hätte...
Hanna macht sich zusammen mit ihrer Cousine Evi auf den Weg in ein neues Leben. Nicht nur eine ganz neue Umgebung wartet auf die beiden, jungen Frauen. Auch ein neuer Job, der für beide die große Wendung in deren Leben bringen könnte. Obwohl beide aus unterschiedlichen Motiven handeln und sich für ein Jahr einer Klinik für Kinder auf Kur verschreiben, sind sie gemeinsam gekommen. Lange bleiben sich die beiden aber nicht einige, denn Hanna entdeckt große Missstände in der Klinik, welche den Kindern eigentlich ein angenehmeres Leben verschaffen sollte, als sie es in Wirklichkeit tut. Mit der Zeit entdeckt Hanna immer mehr und mehr, was in ihrer Vorstellung von einem guten und kinderfreundlichen Ort abweicht. Und auch nachdem sie die Missstände bei der Leitung und ihren Vorgesetzten angesprochen hat, ändert sich nichts daran. Ganz im Gegenteil, Hanna wird sehr genau beobachtet und bekommt immer wieder Gegenwind zu spüren. Ihre Cousine Evi ist ihr da auch keine große Hilfe, denn diese verfolgt mittlerweile ganz andere Ziele... Hanna möchte das alles aber nicht auf sich sitzen lassen und beginnt weiter in die Geschichte der Klinik vorzudringen und bekommt dabei ungeahnte Hilfe von außerhalb. Sie muss fortan nicht mehr alleine recherchieren und lernt dabei weitere Details kennen, die vielleicht in Zusammenhang mit der Klinik und deren Leitung stehen könnten. In der Zwischenzeit geht es den Kurkindern aber alles andere als gut. Hanna ist ihre letzte Hoffnung auf Aufklärung und manche von ihnen glaube sogar gar nicht mehr daran, dass ihnen irgendjemand helfen kann. Sie beschließen vielmehr ihre Zukunft in der Klinik selbst in die Hand zu nehmen und bringen sich dabei vielleicht sogar in große Gefahr. Wird Hanna es schaffen die Missstände in der Klinik aufzuklären und den Kindern somit zu helfen? Wer sind die Verantwortlichen und warum kann man diesen so schwer das Handwerk legen? Und was ist vor so langer Zeit passiert, was mit all dem heute zusammenhängt?
"Gezeitenkinder" zählt für mich als historischer Roman, da wir uns nicht nur im Jahr 1962 befinden, sondern im Laufe des Buches auch einige Zeitsprünge in das Jahr 1945 machen. Gleich zu Beginn des Buches erfahren wir von einem Jungen, der zu dieser Zeit auf Norderney gelebt und auch überlebt hat. Was er alles erleiden musste und wie sich seine Geschichte in die von Hanna fast zwanzig Jahre später einfügt, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Aber man wird direkt am Anfang neugierig auf die damaligen Geschehnisse gemacht und bekommt einen ersten Eindruck, was sich alles in diesem Buch verbergen könnte. Generell ist das Buch nicht auf der Sicht einer einzigen Person geschrieben. Man erfährt in den Kapiteln mehr über die jeweiligen Protagonisten, das stimmt. Allerdings ist die ganze Geschichte aus der Erzählperspektive geschrieben. So erfährt man trotzdem alles über die Gefühle der Figuren wie beispielsweise Hanna, Rita und Wilko. Und alle drei Geschichten sind wichtig für die Handlung des Buches. Besonders Hanna hat es mir als Charakter doch sehr angetan. Sie ist super mutig, furchtlos und hat das Herz am rechten Fleck. Sie möchte alles dafür tun, damit es den Kindern gut geht und sie sich wohlfühlen. Auch, wenn das gegen die Regeln der Klinik ist. Wie dort mit den kleinen Kindern umgegangen wird, hat mir fast mein Herz gebrochen. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, dass es damals wirklich solche Heime gab und vielleicht auch heute immer noch gibt. Wenn man sein Kind als Elternteil auf eine Kur schickt, möchte man ja, dass es dem Kind dort gut geht und es gesund und munter wieder nach Hause kommt... Schrecklich, was dort alles mit den Kindern passiert ist! Und auch, was sich vor Jahren auf der Insel zugetragen hat, hat mich fassungslos gemacht. Auch hier möchte ich nicht spoilern. Ich kann allerdings so viel sagen, dass die Herzlosigkeit der Menschen in diesem Buch deutlich rüberkommt. Es ist gut geschrieben, an manchen Stellen für mich vielleicht ein bisschen zu langatmig (besonders zum Ende hin), aber alles in allem eine wichtige Geschichte! Mir gibt es immer viel, über die damaligen Ereignisse in einem Roman zu lesen. Gleichzeitig bin ich danach immer sehr aufgewühlt und muss die Geschichten erst einmal eine Weile sacken lassen.