Ein herrlich ruhiges Buch, tiefsinnig und unterhaltsam über das Abenteuer „Leben“
Auf einmal war er da. Erhob sich aus dem Nirgendwo, inmitten von Feldern an einem nahen Weg. Ein Berg. Oder was man in den flacheren Gegenden so landläufig als Berg bezeichnet, könnte auch nur eine einfache, nicht
allzu spektakuläre Erhebung sein. Aber egal, der Hügel, Berg, was auch immer war auf einmal da.…mehrEin herrlich ruhiges Buch, tiefsinnig und unterhaltsam über das Abenteuer „Leben“
Auf einmal war er da. Erhob sich aus dem Nirgendwo, inmitten von Feldern an einem nahen Weg. Ein Berg. Oder was man in den flacheren Gegenden so landläufig als Berg bezeichnet, könnte auch nur eine einfache, nicht allzu spektakuläre Erhebung sein. Aber egal, der Hügel, Berg, was auch immer war auf einmal da. Wahrscheinlich eine geologische Laune der Natur, die das Sonnenlicht etwas zu verstecken vermag oder den Wind umleitet. Die Gegend, in der er erschien, war in Privatbesitz, belegt mit einem Betretungsverbot, vor allem wegen den Gassi-Gänger. Nur scherte sich niemand darum.
Was der Berg, der Einfachheit halber so genannt, aber macht, ist, er zieht Menschen an um ihn zu bestaunen. Scharenweise pilgern sie um ihn, alle im Uhrzeigersinn, erfahren eine Art tiefere Läuterung ihrer Seele. Oder glauben es zumindest. Und er verändert die Menschen, die um ihn herum leben.
Es sind die Beschreibungen der Menschen, die diesen Roman so wunderbar machen. Manchmal könnte man meinen, der Autor erzähle einfach nur so dahin, lässt die Worte plätschern, damit die Seiten mit angenehmen Geschichten befüllt sind, ohne zu wissen, was man oder warum das hier liest. Die Umkreisungen des Berges, manche klettern auch hinauf, können metaphorisch gesehen werden. Es ist der Kreislauf des Lebens, denn es geht hauptsächlich um die Existenzen der ProtagonistInnen über einen größeren Zeitraum. Um deren Alltag, Sorgen, Nöte. Arrangieren (Leben) oder Scheitern (Tod).
Ein prägendes Merkmal des Romans ist der Umgang mit dem Tod. Oder dessen selten praktiziert Vorbereitung darauf, denn meistens springt er einen an, genauso plötzlich, wie der Berg erschienen war. Das geschieht nicht auf eine meuchlerische, brutale Art, sondern als unausweichlicher Teil des Lebens an sich. Zugegeben, manchmal schreibt Hession schon etwas makaber, mit latentem schwarzen Humor, möglicherweise der irischen Volksseele entsprungen.
Manche Kapitel plätschern lapidar dahin, man schwebt gerne über die Zeilen. Doch vor allem das Kapitel „Elaine und Dominic“ (S. 260-263) hat es in sich.
Es ist von einer derartigen Liebe der beiden Personen beseelt, diese wenigen Seiten beschreiben eine Harmonie von zwei unterschiedlichen Menschen, die zusammengefunden haben, zusammenleben und wissen, dass einer von beiden vor dem anderen sterben wird.
S.261: „Nie kritisierten sie einander. Wenn Elaine Brot auf dem Brett vergaß, wickelte Dominic es in ein Geschirrtuch, um es frisch zu halten. […] Sie redeten kaum miteinander, denn zwischen ihnen herrschte keinerlei Unstimmigkeit, die ausgeräumt werden müsste. So fein austariert und vereinfacht und vertraut waren ihre Gewohnheiten, dass sie die Phase der unbeabsichtigten Zwischentöne und Missverständnisse längst hinter sich gelassen hatten.“
Für mich ist der Roman eine Art Wohlfühlbuch das ich sehr gerne gelesen habe. Es entschleunigt, beruhigt auf seine ganz spezielle Art und Weise. Die fein gesetzten Sätze, die genauen Beobachtungen der Menschen, wie sie mit Neuem umgehen und versuchen, ihr Leben zu meistern, machen dieses Buch zu etwas ganz Besonderem. Sehr gerne gebe ich eine Leseempfehlung.