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Produktdetails
  • Verlag: Flammarion
  • Seitenzahl: 414
  • Französisch
  • Gewicht: 502g
  • ISBN-13: 9782080689481
  • ISBN-10: 2080689487
  • Artikelnr.: 20825723
  • Herstellerkennzeichnung
  • Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Autorenporträt
Franz-Olivier Giesbert, geb. 1949 in Wilmington (USA), lebt seit seinem dritten Lebensjahr in Frankreich. Nach der Ausbildung zum Journalisten arbeitete er zunächst im Feuilleton von 'Paris-Normandie', ehe er sich 1971 mit dem 'Nouvel Observateur' dem politischen Journalismus zuwandte. Ab 1988 war er Chefredakteur der Tageszeitung 'Figaro', seit 2000 von 'Le Point'. Seit 1977 schreibt er Romane und Biographien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.05.2006

Das große Fressen - ein Buch zum Skandal

Die einzelnen Skandale, die Frankreich seit Monaten erschüttern, hätten sich nie zu einer solchen Krise ausweiten können, würde es nicht dieses Buch geben, diesen Bestseller, der seit Monaten alle Listen anführt und in jeder noch so entlegenen Buchhandlung in großen Stapeln weggekauft wird: Franz-Olivier Giesberts "La Tragédie du Président". Der Untertitel "Szenen des politischen Lebens 1986-2006" ist besonders treffend: Es sind Jagdszenen, die der fleißige Giesbert über die Jahre in seinen Spiralnotizheften festgehalten hat, ohne sie in der journalistischen Tagesarbeit wirklich verwenden zu können. Seit 1972 begleitet er Jacques Chirac und hat einmal eine recht freundliche Biographie über ihn geschrieben. Seitdem genießt er großzügigen Zugang zum Präsidenten. Doch er hat mehr als nur ein Enthüllungsbuch über Chirac geschrieben. Er zeichnet Porträts aller Spitzenpolitiker und beschreibt, wie sie sich in Krisenzeiten verhalten, wie sie sich gegenseitig fertigmachen, wie sie reden, wenn sie sich unbeobachtet glauben, und wieviel ihnen an Land und Leuten liegt - so gut wie nichts nämlich.

Chirac etwa, das stellt Giesbert schon auf den ersten Seiten klar, ist ein fast schon pathologischer Lügner, der das im übrigen auch gar nicht ernsthaft bestreitet. Er lügt um so heftiger, je mehr er schwört, die Wahrheit zu sagen, und ist ein Mann ohne politische Prinzipien. Er hat nahezu jede Position des demokratischen Spektrums schon eingenommen und sagt irgendwas, irgendwas, um bei den Leuten an- und im Fernsehen gut rüberzukommen. Nicht einmal seine engsten Berater, so schildert es Giesbert, glauben, daß zwischen den generellen Aussagen des Präsidenten und dem Regierungshandeln irgendein Zusammenhang besteht.

Besonders schlimm trifft es in dem Buch den amtierenden Premierminister de Villepin. Der wird nicht nur mit einer derben, fiesen Sprache zitiert ("Frankreich macht die Beine breit und wartet auf einen wie mich, der es nimmt"). Er erscheint als ein überheblicher Trottel, der nicht mal die Kunst der Intrige ordentlich beherrscht. Der ehemalige Premierminister Alain Juppé, der gerade sein Comeback vorbereitet, wird von Giesbert hoch gelobt, als mutiger Mann und intelligenter Reformer, aber er bescheinigt ihm zugleich den "Charme einer Knasttür" und ein generelles Desinteresse an Menschen. Giesbert schreibt mit einer nie dagewesenen Respektlosigkeit und bietet dem Leser auch kaum Trost an. So ergibt sich das Bild einer mit sich selbst beschäftigten politischen Führungsschicht, die sich des Staatsapparats bedient, ohne sich um die Bürger zu kümmern, die keine demokratischen Kontrollinstanzen zu fürchten hat, weil ohnehin überall alte Klassenkameraden sitzen und weil die sich ganz darauf konzentrieren, finstere Machenschaften gegeneinander auszuhecken. Und zu essen: In diesem Buch werden so viele Freßexzesse von Chirac & Co. beschrieben, daß einem schlecht werden kann.

Besonders traurig: Keiner der beschriebenen Herren hat bisher auch nur ein Zitat dementiert.

NILS MINKMAR

Franz-Olivier Giesbert: "La Tragédie du Président. Scènes de la vie politique 1986-2006". Flammarion, 415 S., 20 Euro

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