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Produktbeschreibung
The debut novel from the international bestselling author of Women Don't Owe You Pretty.
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Autorenporträt
Florence Given is a bestselling feminist author, award-winning podcaster and illustrator based in London. She grew up in Plymouth and attended London College of Fashion, after which she went on to pursue art and writing. Florence broke records with her first book, Women Don't Owe You Pretty, a feminist manifesto which challenged outdated patriarchal narratives and inspired women across the globe. In all her work, from her non-fiction writing to her debut novel and hit podcast, Florence uses her platform to bring women together and give them a permission slip to define feminism on their own terms.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2023

Im
Zuckerrausch
Florence Given ist Influencerin, Feministin und
jetzt Romanautorin. Hat „Girlcrush“ mehr zu bieten
als Social-Media-taugliche Punchlines?
VON MAREEN LINNARTZ
Folgt man der Britin Florence Given auf Instagram, sieht das so aus: An einem Tag erläutert sie, viele Tattoos, Fingernägel in Krallenlänge, wie sie ihr giftgrünes Vintage-Kleid zu stylen gedenkt („mit einem Leoparden-T-Shirt drunter!“). Am nächsten plaudert sie über Dankbarkeitstagebücher. Zwischendrin pflegt sie noch ihre Werbepartnerschaften wie beispielsweise mit dem Hersteller des „Womanizer“, eines enorm populären Vibrators, den sie beiläufig in ihre Handtasche plumpsen lässt. Und in ihrem Online-Store verkauft Given T-Shirts wie Taschen mit Illustrationen und prägnanten Sätzen von sich darauf.
Florence Given ist also nicht nur Autorin und Illustratorin, sondern auch Unternehmerin, Influencerin, Podcast-Host und Feministin. Mehr als eine halbe Million Frauen (viele) und Männer (nicht ganz so viele) folgen ihr auf Instagram, ihr fröhlich gelb-orange-rosa aufgemachtes Sachbuch „Frauen schulden dir gar nichts“ verkaufte sich mehr als 100 000 Mal und besticht durch bestens über Social Media teilbare Kurzweisheiten wie diese: „Hör auf, deine Zeit mit Leuten zu verschwenden, die nicht erkennen, wie großartig du bist.“
Die Grundregeln des Kapitalismus scheint Florence Given, 24 Jahre alt, also komplett kapiert zu haben: Willst du erfolgreich sein, solltest du nicht nur maximal auffallen, sondern auch eine unverwechselbare Marke werden. Sie selbst ist dabei das beste Testimonial ihrer Produkte, denn sie ist eine attraktive Frau. Ein Umstand, den sie nicht nur als Privileg gewertet haben möchte: „Meine Schönheit ist sowohl der Grund dafür, dass Menschen mich besser behandeln, als auch das, was zu den traumatischsten Erlebnissen meines Lebens geführt hat“, schreibt sie in „Frauen schulden dir gar nichts“.
Nun hat diese „Stimme der Generation Z“, zu der sie das Times Magazine erkoren hat, ihren ersten Roman veröffentlicht, „Girlcrush“, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch, übersetzt von Pauline Kurbasik. Stellt sich die Frage: Hat Given mehr zu bieten als gut konsumierbare Punchlines? Ist ihr Feminismus mehr als ein Produkt, das sie möglichst bunt über möglichst viele Ausspielkanäle vertreiben kann?
Die Handlung im Schnelldurchlauf: Eartha, eine junge Londonerin, verlässt ihren toxischen Freund, entdeckt daraufhin, bisexuell zu sein, stellt zu dieser Erkenntnis einen kleinen Clip von sich auf die Social-Media-App „Wonderland“, die wohl nicht zufällig Instagram ähnelt, der geht, wie es so schön heißt „viral“, woraufhin ihr Online-Ich und das Offline-Ich immer weiter auseinanderdriften – das eine wird irgendwann immer glatter und fröhlicher, das andere immer verzweifelter. Diese Kluft lässt Eartha schließlich einen radikalen Gedanken fassen, den man hier verraten darf, weil er dem Buch auch vorangestellt ist: Sie will Wonderland „dem Erdboden gleichmachen“, und zwar „mit dem letzten bisschen Macht, das mir noch bleibt: der Wahrheit“. Damit will „Girlcrush“ gleich noch ein weiteres zeitgemäßes Thema setzen: Die Macht der Digitalkonzerne und ihr Einfluss auf die mentale Gesundheit ihrer Nutzer und Nutzerinnen.
Wen die Zusammenfassung des Plots jetzt ein wenig atemlos gemacht hat: Sehr gut – denn das entspricht ziemlich genau dem Tempo, das die Autorin auf knapp 400 Seiten vorlegt. Given schreibt aus der Sicht von Eartha, unmittelbar, oft in Gedankenfetzen, unterbrochen von Regieanweisungen und Kommentaren von Followerinnen. Deren steigende, sinkende, dann wieder steigende Anzahl ist fast jedem der 32 Kapitel wie eine nervöse Fieberkurve vorangestellt. Was eine weitere Frage aufwirft: Hat hier ein Offline-Ich womöglich die Erfahrungen seines Online-Ichs verarbeitet? Auch Florence Given, von sich und ihren Freunden „Floss“ genannt, lebt offen bisexuell. Auch sie hat ein überaus aktives virtuelles Leben und gewährt ihrer Anhängerschaft gerne vermeintlich private Einblicke, zeigt abgebröckelten Nagellack, ungetrimmte Achselhaare, ihre perfekte Unperfektheit.
Und so ist die Welt in dem Roman so ähnlich grell, laut und ungeheuer schnell wie die der Verfasserin selbst. Lässt man sich darauf ein, hat man recht viel Spaß. Sehr lustig, als Eartha mit ihrem Freund Matt, der die „Tracey Emin des Techno“ werden will, aber Lichtjahre davon entfernt ist, endlich Schluss machen möchte: „Ich betrachte seinen dämlichen kleinen Ohrring, der beim Reden hin- und herbaumelt, als würde er sich – genauso wie ich – danach sehnen, Matt loszuwerden, und nur noch widerstrebend an einer Kette hängen.“ Man freut sich über aufblitzende Sprachkraft („Ich fühle mich wie eine zerdrückte Chipstüte“, „Er rotzt seine Koksspucke in die Spüle“) und Absurditäten, als etwa Earthas Followerinnen anfangen, sich „Earthalings“ zu nennen, angelehnt an das englische Wort für Erdenbürger, „Earthling“.
Mit zunehmender Lektüre aber ist Givens eigentliches Anliegen zu spüren: Die Mechanismen einer aus ihrer Sicht immer noch stark patriarchal geprägten Welt offenzulegen, in der weibliche Schönheit eine Währung und weibliche Selbstermächtigung oft nur ein schales Versprechen ist; und zu der es auch gehört, dass Frauen bewusst gegeneinander ausgespielt werden. Ein Lieblingsthema, zu dem sich die Feministin schon häufig geäußert hat und bei dem sie gerne das Bild des Krabbeneimers bemüht: Würden sich die darin gefangenen Krabben helfen, könnten alle entkommen. Aber sie zerren sich nach unten, sobald eine in die Nähe des Eimerrands gelange. „Girlcrush“, hat Given vor der Veröffentlichung angekündigt, sei deswegen der Versuch, „Alternativen aufzuzeigen, wie wir den Krabbeneimer gemeinsam verlassen können“.
Das Versprechen aber löst der Roman nicht ein. Nachdem Eartha sich nämlich aus der Fremdbestimmung durch Matt gelöst hat, begibt sie sich in die Hände der Managerin E.V., einer offenbar herrschsüchtigen Frau, die nach einem Nervenzusammenbruch von Eartha kurzerhand deren Wonderland-Account übernimmt und sie zur „fleischgewordenen optimierten Stichwortsuche“ macht. Das geht schwer schief, das frei drehende Online-Ich droht das entkoppelte Offline-Ich zu zerstören, als psychisches Wrack vegetiert Eartha irgendwann in ihrer winzigen Wohnung, unfähig, noch ihre Kontakte und Freundschaften in der echten Welt aufrechtzuerhalten, dafür den Kommentaren der virtuellen Freundinnen ausgeliefert. Irgendwann treffen sich beide, Eartha und E.V., gewissermaßen wieder im Krabbeneimer. Hier hätte es spannend werden können. Ist E.V., die im ganzen Buch vor- und nachnamenlos bleibt, nur das Alter Ego von Eartha? Der düstere Abgrund einer Person, die sich in der digitalen Welt verlaufen und sich ihr zu sehr ausgeliefert hat? Diesen Fragen aber geht sie nicht nach, stattdessen resümiert Given nur recht lapidar: „Es ist nämlich so: Auch wenn sich unsere Wonderland-Arenas wie unsere Bereiche anfühlen – sie sind es nicht. Sie wurden von mächtigen Männern erschaffen und werden von ihnen gesteuert.“ Schuld an allem sind also das Patriarchat und Social Media.
Das ist als Befund sehr kurz gegriffen, zumal Given auf den Seiten davor scharf beobachtend die ungeheure Dynamik und Zerstörungskraft einer von Algorithmen getriebenen virtuellen Welt beschrieben hatte, die aber nicht nur gegenüber Frauen gnadenlos sein kann. Mit den Mechanismen dahinter will sich Given letztendlich nur oberflächlich auseinandersetzen – vielleicht auch, weil sie selbst zu sehr Teil dieser virtuellen Welt ist. In einem Gespräch mit dem Guardian sinnierte die Autorin vor Kurzem darüber, wer sie wohl ohne das Internet wäre. Per Mail danach gefragt, ob sie inzwischen darauf eine Antwort gefunden habe, schreibt sie zurück, sie habe darüber nicht mehr so viel nachgedacht in letzter Zeit. Was sie sagen könne: Das Internet hätte ihr geholfen, „ungenutzte“ Versionen ihrer selbst zu erkunden. Sie habe nun sehr viel mehr Klarheit darüber, wer sie sei.
Givens Bestseller „Frauen schulden dir gar nichts“, wurde irgendwann auch von der Supermarktkette Tesco verkauft. Feminismus für alle, frei von jeglicher soziologischer Erdenschwere. Genau dort, hat Given einmal erklärt, habe sie immer hingewollt, und das ist durchaus ein Verdienst. Es habe ja nicht jede die Zeit, findet Given, sich stundenlang mit feministischer Theorie auseinanderzusetzen, „Frauen schulden dir gar nichts“ sei deswegen „wie eine Zuckerperle, die nicht schwer zu verdauen ist“. „Girlcrush“ ist im Vergleich dazu eine echte Zuckerbombe: süß, kickt, macht hellwach – aber leider nicht satt.
Hat hier ein Offline-Ich
die Erfahrungen seines
Online-Ichs verarbeitet?
Ihren Bestseller gab es
irgendwann im Supermarkt -
wo sie immer hin wollte
Florence Given: Girlcrush. Roman. Aus dem Englischen von Pauline Kurbasik. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2023. 400 Seiten, 20 Euro.
Florence Given, 24, hat verstanden: Willst du erfolgreich sein, solltest du nicht nur maximal auffallen, sondern auch selbst eine unverwechselbare Marke werden.
Foto: Sophia French
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