Produktdetails
  • Verlag: Schlütersche
  • Seitenzahl: 64
  • Deutsch, Englisch, Französisch
  • Abmessung: 10mm x 232mm x 300mm
  • Gewicht: 570g
  • ISBN-13: 9783877067949
  • ISBN-10: 3877067948
  • Artikelnr.: 07777414
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.03.2001

Bildbände

"Leipzig. Dekorative Wandmalerei in Bürgerhäusern", herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege Sachsen mit der Stadt Leipzig, unterstützt vom Arbeitsamt Leipzig. Fotografien von Peter Franke/ Punctum. Edition Leipzig in der Dornier Medienholding GmbH, Leipzig 2000. 159 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 39,90 Mark. ISBN 3-361-00524-8.

Immer wieder müssen unvernünftige Mieter darauf hingewiesen werden, daß es nicht gestattet ist, Fahrräder im Hausflur abzustellen. Daß sich das von selbst verbietet, zeigt jetzt ein Bildband aus Leipzig. Dank der Denkmalpflege, die das prächtige Buch herausgab, vor allem durch die Einsicht und das Geld kultivierter Investoren konnten bei der Sanierung vieler Gebäude nach der Wende wahre Meisterwerke von zumeist namenlosen Wandmalern wiedererstehen. Als schüttle man ein Prisma, erscheinen von Seite zu Seite stets aufs neue Kuppeln und Deckensymmetrien aus erlesenen Formen und Farben. Goldene Jugendstilkelche ranken im Hochparterre oder tonige Neogotikzweige im Hausdurchgang mit Kreuzrippengewölbe. In alten Zeiten, wie man im einführenden Text erfährt, war die gemalte Illusion fester Bestandteil der Architektur, Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wurde Leipzig zur "Hochburg der Dekorationsmalerei". Den Durchbruch bescherte ihr die Gründerzeit, in der die Messestadt zur viertgrößten deutschen Metropole wurde. Keineswegs nur in Repräsentationsbauten wie dem größten Kopfbahnhopf Europas oder der ehemaligen Reichsbank, nicht nur in den Villen und großbürgerlichen Wohnhäusern, etwa des Musik- und Waldstraßenviertels, verwandelten sich feste Wände in Himmelsgefilde und Wasserlandschaften mit Seerosen und Schilf. Vermittels Musterbüchern und Schablonen wuchsen nun Löwenzahn und flatterten Schmetterlinge auch in den Mietshäusern der Außenbezirke treppauf, wo sich zwischen Stuck und gemaltem Marmor romantische Fernsichten auftun konnten, gelegentlich als Lithographien, die auf den Putz genagelt wurden. Allen voran der Historismus, dann der Jugendstil, doch vereinzelt auch Art déco und im sozialen Wohnungsbau der neue Funktionalismus malten in Leipzigs Häusern ihre Zeichen an die Wände. Was es die Vermieter kostete, sie zu erhalten oder wieder sichtbar zu machen, läßt sich erahnen, wenn man hier und da liest, daß die Originalfassungen nur bis zur ersten Etage rekonstruiert worden sind. Mit Straße und Hausnummer versehen, laden die im Bildband dokumentierten Beispiele zu einer Stadtbesichtigung der besonderen Art ein. Vorausgesetzt, die Haustür ist mal wieder nicht ordnungsgemäß geschlossen worden. (sst)

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