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Das Vergaberecht wird mehr und mehr von einem " matter of policy " zu einem " matter of principle ". Verantwortlich hierfür ist der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung, dem der EuGH auch eine Verpflichtung zur transparenten Auftragsvergabe entnimmt. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowohl inhaltlicher Art - er wird zum umfassenden Maßstab staatlicher Beschaffung, der mehr verlangt als lediglich die gleiche Anwendung der Ausschreibungsbedingungen auf alle Bewerber - als auch seiner Reichweite nach birgt theoretische und praktische…mehr

Produktbeschreibung
Das Vergaberecht wird mehr und mehr von einem " matter of policy " zu einem " matter of principle ". Verantwortlich hierfür ist der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung, dem der EuGH auch eine Verpflichtung zur transparenten Auftragsvergabe entnimmt. Die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowohl inhaltlicher Art - er wird zum umfassenden Maßstab staatlicher Beschaffung, der mehr verlangt als lediglich die gleiche Anwendung der Ausschreibungsbedingungen auf alle Bewerber - als auch seiner Reichweite nach birgt theoretische und praktische Probleme. Florian Huerkamp entwirft eine Dogmatik der grundlegenden gemeinschaftsrechtlichen Vergabeprinzipien, in der die aus dem Gleichbehandlungsprinzip folgenden Pflichten für die nationalen Vergabestellen so strukturiert werden, dass sie eine möglichst rechtssicherere Anwendung durch die Beschaffungsstellen zulassen.
Autorenporträt
Geboren 1980; Studium der Rechtswissenschaft in Regensburg, Sussex und Oxford; 2009 Promotion; Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bonn und Rechtsreferendar am Landgericht Köln.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.04.2010

Vorder- und Allradantrieb
Politik macht, wer den Staat durchschaut

In diesen Tagen findet wieder eine Frequenzversteigerung der Bundesnetzagentur statt. Im Jahre 2000 spülte die UMTS-Versteigerung 50 Milliarden Euro in den Bundeshaushalt. Es war ein singuläres Ereignis: Nie wieder wurden solche Summen geboten. Nicht abebben will jedoch die Diskussion darüber, ob der Staat solche Frequenzen überhaupt versteigern darf; und wenn ja, in welcher Weise.

Die dahinterliegende Frage über staatliche Güterverteilung in Konkurrenzsituationen behandelt Nina Malaviya von der Frankfurter Goethe-Universität. In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Verteilungsverfahren wurde bisher zwischen Verfahren und Kriterium nicht ausreichend unterschieden. Für Malaviya meint das Verfahren den Mechanismus, wie die Entscheidung zustande kommt. Ein Beispiel ist die Versteigerung. Das Kriterium dagegen ist der Maßstab, von dem diese Entscheidung abhängt. Bei einer Versteigerung wäre dies das Höchstgebot. Hier ist alles noch übersichtlich.

Doch vielen Verfahren sind subjektive Auswahlentscheidungen immanent. Dann hat die Festlegung des Kriteriums maßgeblichen Einfluss auf das Verteilungsergebnis. Wer das durchschaut und munter neue Kriterien erfindet, die ihm oder seiner Interessengruppe nutzen, macht Politik. Denn der Gesetzgeber hat sich bei der Festlegung von Verfahren oder Kriterien zurückgehalten - vermutlich um sich Spielräume zu bewahren. Die Verwaltungspraxis hat diese Aufgabe gerne übernommen, sich dabei als durchaus erfinderisch erwiesen und die Rückendeckung der Gerichte erhalten.

Malaviya präsentiert eine ordentliche Übersichtsarbeit, die laut dem Vorwort im Oktober 2009 abgeschlossen wurde. Sie hatte allerdings das Pech, das jeder Promovent fürchtet: Jemand anders ist schneller. Mario Martini legte im Oktober 2008 eine beachtete Habilitationsschrift zu Verteilungsverfahren im Allgemeinen und Versteigerungen im Besonderen vor. Malaviya hat sie nicht mit einbezogen.

Eine exzellente wirtschaftsrechtliche Dissertation ist von der Regensburger Universität zu vermelden. Auch Florian Huerkamp befasst sich mit dem Staat in einer Knappheitssituation. Vergibt dieser Aufträge, zum Beispiel zum Bau von Straßen oder zur Ausstattung seiner Polizei mit Dienstwagen, handelt er wie ein Wirtschaftsakteur. Doch weil es sich um den Staat handelt, muss er sich bei der Auswahl von Dienstleistern an Regeln halten. Eine Regel ist die Gleichbehandlung der Bewerber. Ziel: ein unverfälschter Wettbewerb.

Wie ist da die niedersächsische Praxis zu bewerten, die bei Polizeiwagen Mittelklassemodelle verlangt, die über Vorder- und Allradantriebe verfügen? "Es handelt sich um einen Bedarf, der in dieser spezifischen Ausprägung nur durch Volkswagen gedeckt werden konnte", schreibt der Verfasser. Huerkamp warnt jedoch vor der naheliegenden Schlussfolgerung. Es erscheine künstlich, dem Land Niedersachsen einen Bedarf für Fahrzeuge mit normalem Antriebssystem zu unterstellen. Man müsse den Primat des politischen Entscheidungsprozesses akzeptieren. Aber gerade das, möchte man ihm erwidern, muss juristisch überprüfbar sein.

Die Grenze sieht der Autor überschritten, wenn Niedersachsen direkt die Marke Volkswagen verlangt hätte. Wie bei Malaviyas Analyse gilt hier: Wer das Verfahren durchschaut, kann Politik machen und seiner Interessengruppe nutzen. Konkret: als Beamter Markennamen bei Ausschreibungen meiden und als Vergabekriterium die Alleinstellungsmerkmale eines bestimmten Anbieters angeben. Huerkamp schlussfolgert: "Die Berücksichtigung politischer Zwecke darf sich nicht auf die Bewerber als solche beziehen, sondern muss sich mit der konkreten Leistung oder der Durchführung befassen." Gut, dass der Europäische Gerichtshof dies beherzigt und Patronage immer mehr den Riegel vorschiebt.

JOCHEN ZENTHÖFER

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