Diese Studie zielt darauf ab, wirtschaftliche Globalisierung und deren Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt am Beispiel der deutschen, japanischen und amerikanischen Automobilindustrie zu konkretisieren. Drei Fragen stehen im Mittelpunkt: Inwieweit sind Entwicklungs- und Schwellenländer selbst in der relativ technologie- und humankapitalintensiven Automobilindustrie zu international wettbewerbsfähigen Anbietern herangereift? Finden sich aus einfachen Handelsmodellen abgeleitete Erwartungen bestätigt, dass das Vordringen von Niedrigeinkommensländern auf den Weltmärkten mit negativen Einkommens- und Beschäftigungseffekten für gering qualifizierte Arbeitskräfte in Hocheinkommensländern einhergeht? In welcher Weise haben sich die traditionellen Automobilproduzenten an den zunehmenden Wettbewerb von unten angepasst, und welcher Zusammenhang besteht zwischen der Art und Intensität des Strukturwandels und den globalisierungsbedingten Arbeitsmarkteffekten in diesem Sektor?
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.11.2002Wettbewerb von unten und oben
Eine Studie über die Globalisierung der Automobilindustrie
Julius Spatz/Peter Nunnenkamp: Globalisierung der Automobilindustrie. Wettbewerbsdruck, Arbeitsmarkteffekte und Anpassungsreaktionen. Springer-Verlag, Heidelberg 2002, 116 Seiten, 59,95 Euro.
Die Globalisierung stellt seit mehr als 20 Jahren eine Herausforderung für die Automobilindustrie in Amerika, Deutschland und Japan dar. Heute ist sie mehr denn je ein Thema, da die großen Konzerne über Allianzen und Kooperationen ein weltumspannendes Netzwerk von Produktion und Modell-Entwicklung knüpfen. So gesehen treffen Julius Spatz und Peter Nunnenkamp mit ihrer Studie den Nerv der Zeit.
Doch richten die beiden Wissenschaftler vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel ihr Augenmerk nur auf die Entwicklung der neunziger Jahre, nicht etwa des 21. Jahrhunderts. Sie untersuchen in ihrer Studie den Wettbewerbsdruck auf die Hersteller in den Industrieländern und deren Anpassungsfähigkeit angesichts der wachsenden Konkurrenz aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Im Gegensatz zur Textil- und Bekleidungsindustrie oder dem Schiffbau erfüllt die Autobranche nach Erkenntnis der Autoren alle Voraussetzungen, als Gewinner aus der Globalisierung hervorzugehen - wegen ihres arbeitsintensiven und technologisch anspruchsvollen Charakters sowie wegen der hohen Anforderungen an Logistik und Produktionssteuerung.
Gleichzeitig warnen die Autoren jedoch vor gegenläufigem Druck. Multinationale Konzerne hätten arbeitsintensive Produktionsprozesse nach Süd- und Osteuropa, Lateinamerika oder Asien verlagert und somit die Beschäftigung in den Hochlohnländern verringert. "Wettbewerb von unten" sei zudem durch die koreanischen Hersteller erwachsen, die mit preisgünstigeren Produkten auf die großen westlichen Automärkte gedrängt seien, ohne aber dort in die Produktion zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen.
Spatz und Nunnenkamp empfehlen, auf diesen Wettbewerb mit Innovation und fortschreitender Spezialisierung durch technologieintensive Fertigungsschritte und Ingenieur-Know-how zu reagieren sowie den erforderlichen Strukturwandel früh einzuleiten. Zumindest mit der Forderung nach Schnelligkeit haben die Autoren recht - und können sie selbst nicht einlösen. Denn bei empirisch fundierten Untersuchungen tritt zwangsläufig das Problem auf, daß sie rückwärtsgerichtet sind und daß das Zahlenmaterial zumeist nicht mehr ganz frisch ist. Die Daten von Spatz und Nunnenkamp stammen aus den Jahren 1978 bis 1998.
Ohnehin ist die Autoindustrie, die einem starken Strukturwandel ausgesetzt gewesen ist, ein undankbares Untersuchungsobjekt. Der Wandel hat zuletzt derart an Dynamik gewonnen, daß heute völlig andere Regeln gelten als Mitte der neunziger Jahre, in denen deutsche Hersteller Produktionen ins Ausland verlagerten. Heute heißt die Herausforderung nicht mehr "Wettbewerb von unten". Die großen Autokonzerne sind durch Akquisitionen und Kooperationen längst mit Herstellern aus den Schwellenländern vereint: In Südkorea ist Daimler-Chrysler mit Hyundai und Kia verbandelt, General Motors übernimmt Daewoo.
Es gibt kaum eine Branche in der Welt, die mittlerweile so global aufgestellt ist wie die Autoindustrie. Und es gibt keine Industrie, die gegenwärtig so intensiv an der Arbeitsteilung in allen Triade-Märkten arbeitet. Nur sieht diese mittlerweile anders aus: Sie konzentriert sich auf Allianzen und Kooperationen, nicht nur mit neuen Partnern, sondern auch zwischen erbitterten Konkurrenten, wenn es um die kostenträchtige Entwicklung, etwa von Motoren, geht. Da geht es nicht mehr nach dem Strickmuster, nach einer reinen kostengünstigen Produktion in Billiglohnländern zu suchen, sondern mit lokalen Produktionen regionale Märkte zu erschließen. Beispiel China: Das Land hätte noch eine drohende Gefahr für einen "Wettbewerb von unten" sein können. Doch nahezu alle großen Hersteller haben Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Unternehmen. Und sie stehen Schlange, um - und das ist viel wichtiger - auf einem Markt präsent zu sein, von dem sich jeder langfristig gewaltige Wachstumsraten verspricht. Da geht es eher um "Wettbewerb von oben".
RÜDIGER KÖHN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Studie über die Globalisierung der Automobilindustrie
Julius Spatz/Peter Nunnenkamp: Globalisierung der Automobilindustrie. Wettbewerbsdruck, Arbeitsmarkteffekte und Anpassungsreaktionen. Springer-Verlag, Heidelberg 2002, 116 Seiten, 59,95 Euro.
Die Globalisierung stellt seit mehr als 20 Jahren eine Herausforderung für die Automobilindustrie in Amerika, Deutschland und Japan dar. Heute ist sie mehr denn je ein Thema, da die großen Konzerne über Allianzen und Kooperationen ein weltumspannendes Netzwerk von Produktion und Modell-Entwicklung knüpfen. So gesehen treffen Julius Spatz und Peter Nunnenkamp mit ihrer Studie den Nerv der Zeit.
Doch richten die beiden Wissenschaftler vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel ihr Augenmerk nur auf die Entwicklung der neunziger Jahre, nicht etwa des 21. Jahrhunderts. Sie untersuchen in ihrer Studie den Wettbewerbsdruck auf die Hersteller in den Industrieländern und deren Anpassungsfähigkeit angesichts der wachsenden Konkurrenz aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Im Gegensatz zur Textil- und Bekleidungsindustrie oder dem Schiffbau erfüllt die Autobranche nach Erkenntnis der Autoren alle Voraussetzungen, als Gewinner aus der Globalisierung hervorzugehen - wegen ihres arbeitsintensiven und technologisch anspruchsvollen Charakters sowie wegen der hohen Anforderungen an Logistik und Produktionssteuerung.
Gleichzeitig warnen die Autoren jedoch vor gegenläufigem Druck. Multinationale Konzerne hätten arbeitsintensive Produktionsprozesse nach Süd- und Osteuropa, Lateinamerika oder Asien verlagert und somit die Beschäftigung in den Hochlohnländern verringert. "Wettbewerb von unten" sei zudem durch die koreanischen Hersteller erwachsen, die mit preisgünstigeren Produkten auf die großen westlichen Automärkte gedrängt seien, ohne aber dort in die Produktion zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen.
Spatz und Nunnenkamp empfehlen, auf diesen Wettbewerb mit Innovation und fortschreitender Spezialisierung durch technologieintensive Fertigungsschritte und Ingenieur-Know-how zu reagieren sowie den erforderlichen Strukturwandel früh einzuleiten. Zumindest mit der Forderung nach Schnelligkeit haben die Autoren recht - und können sie selbst nicht einlösen. Denn bei empirisch fundierten Untersuchungen tritt zwangsläufig das Problem auf, daß sie rückwärtsgerichtet sind und daß das Zahlenmaterial zumeist nicht mehr ganz frisch ist. Die Daten von Spatz und Nunnenkamp stammen aus den Jahren 1978 bis 1998.
Ohnehin ist die Autoindustrie, die einem starken Strukturwandel ausgesetzt gewesen ist, ein undankbares Untersuchungsobjekt. Der Wandel hat zuletzt derart an Dynamik gewonnen, daß heute völlig andere Regeln gelten als Mitte der neunziger Jahre, in denen deutsche Hersteller Produktionen ins Ausland verlagerten. Heute heißt die Herausforderung nicht mehr "Wettbewerb von unten". Die großen Autokonzerne sind durch Akquisitionen und Kooperationen längst mit Herstellern aus den Schwellenländern vereint: In Südkorea ist Daimler-Chrysler mit Hyundai und Kia verbandelt, General Motors übernimmt Daewoo.
Es gibt kaum eine Branche in der Welt, die mittlerweile so global aufgestellt ist wie die Autoindustrie. Und es gibt keine Industrie, die gegenwärtig so intensiv an der Arbeitsteilung in allen Triade-Märkten arbeitet. Nur sieht diese mittlerweile anders aus: Sie konzentriert sich auf Allianzen und Kooperationen, nicht nur mit neuen Partnern, sondern auch zwischen erbitterten Konkurrenten, wenn es um die kostenträchtige Entwicklung, etwa von Motoren, geht. Da geht es nicht mehr nach dem Strickmuster, nach einer reinen kostengünstigen Produktion in Billiglohnländern zu suchen, sondern mit lokalen Produktionen regionale Märkte zu erschließen. Beispiel China: Das Land hätte noch eine drohende Gefahr für einen "Wettbewerb von unten" sein können. Doch nahezu alle großen Hersteller haben Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Unternehmen. Und sie stehen Schlange, um - und das ist viel wichtiger - auf einem Markt präsent zu sein, von dem sich jeder langfristig gewaltige Wachstumsraten verspricht. Da geht es eher um "Wettbewerb von oben".
RÜDIGER KÖHN
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rüdiger Köhn sieht den wichtigsten Anspruch, den die beiden Autoren an die Autoindustrie formulieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben, in der Studie selbst nicht eingelöst, nämlich die Forderung nach Schnelligkeit. Der Rezensent bemerkt erstaunt, dass die Untersuchung von Spatz und Nunnenkamp lediglich bis in die 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts reiche. So treffen seiner Ansicht nach die Überlegungen zur Globalisierung in der Autoindustrie zwar einen "Nerv der Zeit", doch seien sie viel zu unaktuell, um den neueren Entwicklungen gerecht zu werden. So könne man auch keineswegs von einem "Wettbewerb von unten" sprechen, wie es die Autoren täten, so Ulrich ablehnend, der vielmehr einen "Wettbewerb von oben" als neuen Trend in der Automobilherstellung ausmacht. Wenn es der Rezensent auch nirgends ausspricht, so wird in seiner Kritik doch sehr deutlich, dass er diese Studie schlicht für überholt hält.
© Perlentaucher Medien GmbH
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