Deregulierung, Lohnzurückhaltung und Rückzug des Staates werden noch heute als einziges Heilmittel der wirtschaftlichen Krise propagiert. Die Beiträge des vorliegenden Bandes wenden sich gegen diese wirtschaftstheoretische Orthodoxie. Indem sie die unterschiedlichen Bereiche der Globalisierungstendenzen analysieren, liefern sie eine differenzierte Beurteilung der Situation und ermöglichen so dogmenfreie Korrekturvorschläge aktueller Wirtschaftspolitik.
Inhalt:
I. Tendenzen der Globalisierung
- C. Ossorio Capella: Globalisierung, sektoraler und regionaler Strukturwandel
- K.P. Kisker: Globalisierung und internationale Mobilität deutscher Industrieunternehmen
- W. Krüger: Die Globalisierung im Bereich der Kommunikation
- F. Mires: Politik in Zeiten der Globalisierung
- R. Pfriem: Globalisierung und unternehmenspolitische Handlungsspielräume
II. Theoretische Erfassung von Globalisierungstrends
- I. Schmidt: Vertiefte Weltmarktintegration oder Neustrukturierung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung?
- J. Hartwig: Eine Keynessche Perspektive auf einige Probleme der Globalisierung
- M. Köppen: Globalisierung und neue Wettbewerbsmuster: Regulierungsformen im Umbruch
III. Globalisierung, Geld und Währung
- E. Hein: Geldpolitik bei internationaler Währungskonkurrenz in einem Multi-Währungsstandard und die Folgen für Verteilung und Kapitalakkumulation
- W. Schelkle: Globalisierung oder multipolares Währungssystem. Monetäre Integration Europas im Licht widerstreitender Hypothesen
IV. Globalisierung, Arbeitsmarkt und Arbeitsbeziehungen
- A. Heise: Globalisierung, Arbeitslosigkeit und Ungleichheit. Ein polit-ökonomischer Erklärungsversuch
- E. Schmidt: Europäische Betriebsräte/Europäische Aktiengesellschaften
- H.P. Litz: Nationale und internationale Probleme bei der Messung von Arbeitslosigkeit
V. Räumliche Aspekte der Globalisierung
- K. Brake: Global Cities
- M. Pippert: Verkehrssysteme und Internationalisierung polit-ökonomischer Beziehungen
VI. Globalisierung und nachholende Entwicklung
- W.v.Bülow: Direktinvestitionen in Entwicklungsländern: Das Beispiel Indien
- K.W. Schüler: Zur Wettbewerbsfähigkeit von Entwicklungsländern
Inhalt:
I. Tendenzen der Globalisierung
- C. Ossorio Capella: Globalisierung, sektoraler und regionaler Strukturwandel
- K.P. Kisker: Globalisierung und internationale Mobilität deutscher Industrieunternehmen
- W. Krüger: Die Globalisierung im Bereich der Kommunikation
- F. Mires: Politik in Zeiten der Globalisierung
- R. Pfriem: Globalisierung und unternehmenspolitische Handlungsspielräume
II. Theoretische Erfassung von Globalisierungstrends
- I. Schmidt: Vertiefte Weltmarktintegration oder Neustrukturierung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung?
- J. Hartwig: Eine Keynessche Perspektive auf einige Probleme der Globalisierung
- M. Köppen: Globalisierung und neue Wettbewerbsmuster: Regulierungsformen im Umbruch
III. Globalisierung, Geld und Währung
- E. Hein: Geldpolitik bei internationaler Währungskonkurrenz in einem Multi-Währungsstandard und die Folgen für Verteilung und Kapitalakkumulation
- W. Schelkle: Globalisierung oder multipolares Währungssystem. Monetäre Integration Europas im Licht widerstreitender Hypothesen
IV. Globalisierung, Arbeitsmarkt und Arbeitsbeziehungen
- A. Heise: Globalisierung, Arbeitslosigkeit und Ungleichheit. Ein polit-ökonomischer Erklärungsversuch
- E. Schmidt: Europäische Betriebsräte/Europäische Aktiengesellschaften
- H.P. Litz: Nationale und internationale Probleme bei der Messung von Arbeitslosigkeit
V. Räumliche Aspekte der Globalisierung
- K. Brake: Global Cities
- M. Pippert: Verkehrssysteme und Internationalisierung polit-ökonomischer Beziehungen
VI. Globalisierung und nachholende Entwicklung
- W.v.Bülow: Direktinvestitionen in Entwicklungsländern: Das Beispiel Indien
- K.W. Schüler: Zur Wettbewerbsfähigkeit von Entwicklungsländern
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.05.2001Mehr Wettbewerbsdruck auf Bürger und Unternehmer
Die Globalisierung bringt alle voran - Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie
Karl-Ernst Schenk/Dieter Schmidtchen/Manfred Streit/Viktor Vanberg (Herausgeber): Globalisierung und Wirtschaft. Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie, 19. Band. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2000, 389 Seiten, 198 DM.
Bittet man drei Ärzte um eine Diagnose, so erhält man meist vier; zwei von ein und demselben Arzt. In der Ökonomie ist es manchmal nicht anders, vor allem wenn es um begriffliche Abgrenzungen geht. Wer heute ein Buch über Globalisierung schreibt oder herausgibt, steht in Konkurrenz zu Hunderten von Büchern, die auf diese oder jene Weise demselben Thema gewidmet sind. Für den Leser ist es daher zum einen wichtig zu wissen, unter welchem Aspekt er ein Globalisierungsbuch einzuordnen hat, und zum anderen, welche Vorstellung - definitorischer Art - die Herausgeber selbst mit dem Begriff Globalisierung verbinden.
Was den Kontext angeht, so ist im Fall des Buches "Globalisierung und Weltwirtschaft" die Lage von Beginn an klar. Das Werk ist aus der Jahrestagung für Neue Politische Ökonomie 1999 hervorgegangen. Die Tagung verfolgte zwei Ziele: Einerseits sollte für bestimmte Teilordnungen der Weltwirtschaft über spezifische Lösungen diskutiert werden. Dazu gehört ein internationales Wettbewerbsrecht ebenso wie die Frage, ob sich der Globalisierungsprozeß durch Menschenrechte und Sozialstandards steuern läßt. Andererseits wurden juristische Themen besprochen, zum Beispiel das einer Weltwirtschaftsverfassung.
Was die Verfasser unter dem Begriff Globalisierung verstehen, klären sie gleich in der Einleitung des Buches: "Mit Globalisierung ist in der Regel die Zunahme des externen Wettbewerbsdrucks auf Wirtschaftssubjekte als Mitglieder von Jurisdiktionen gemeint, die auf Märkten Güter und Leistungen tauschen." Globalisierung wird also nicht, wie in vielen Veröffentlichungen üblich, als Auflösung der Nationalstaaten verstanden, sondern konkret als Zunahme des Wettbewerbsdrucks auf den einzelnen, den Bürger wie den Unternehmer. Der bisher anerkannte Ordnungsrahmen, das Verständnis von der Interdependenz von Ordnungen im Sinne von Walter Eucken, wird auf eine internationale Ebene übertragen.
Das Ziel ist dabei, die globale Wirtschaftsordnung in ihrem Zusammenhang mit anderen internationalen Ordnungen - politischer oder rechtlicher Natur - zu analysieren. Den Herausgebern ist es gelungen, herausragende Redner für ihre Tagung - und Autoren für ihren Sammelband - zu gewinnen. Jeder der Aufsätze wird kritisch kommentiert, so daß der Leser neben seinem eigenen Eindruck zusätzliche Anregungen erhält.
Peter Behrens erläutert die Notwendigkeit einer Weltwirtschaftsverfassung, indem er darauf verweist, daß Verfassungen den internationalen Gebrauch individueller Handlungsrechte garantieren und so die Wirtschaftssubjekte vor staatlichen Interventionen schützen. Unklar ist hier nur, ob er darunter auch industriepolitische Eingriffe des Staates versteht.
Martin Nettesheim kommt bei seinen "Überlegungen zum Entwicklungsstand des internationalen Wirtschaftsrechts" zu etwa dem gleichen Ergebnis wie Thomas Apolte, der sich mit den "Beschränkungen des politischen Wettbewerbs" befaßt. Internationale Organisationen stehen als Ordnungsform im Mittelpunkt der Betrachtung. Nettesheim erwartet, daß die Welthandelsorganisation (WTO) langfristig "die Ordnungsform des Verbandes mit verfassungsrechtlichem Grundstatut annehmen wird". Apolte sieht Protektionismus als größten Hemmschuh für den Fortschritt der Globalisierung und erwartet eine entsprechende Bekämpfung desselben im Rahmen der WTO.
Einen wichtigen Beitrag liefert Hermann Sautter in seinem Aufsatz über "Menschenrechte und Menschenrechtsstandard im Globalisierungsprozeß". Neben der verbesserten Eingliederung von Arbeits- und Sozialstandards in die bereits existierenden internationalen Organisationen empfiehlt er eine stärkere Einbindung der Nichtregierungsorganisationen (NGO).
Eines zieht sich somit wie ein roter Faden durch den Sammelband: die stärkere Bedeutung und Einbindung internationaler Organisationen in den Globalisierungsprozeß. Während viele Länder schon wieder versuchen, die Ergebnisse der Uruguay-Runde zu umgehen, ist es in der Globalisierung um so wichtiger geworden, sich an Vereinbarungen zu halten und diese weiter auszubauen. Das schafft Sicherheit in einer Phase, in der vielen Individuen in Verbindung mit der Globalisierung Horrorszenarien eingeredet werden sollen. Der Tagungsband dokumentiert, daß dies für die Ökonomie, die Rechts- oder Politikwissenschaft und gleichermaßen für die Sozioökonomie gilt.
Den Herausgebern gelingt es, die verschiedenen Aspekte der Gestaltung einer integrierten Weltwirtschaftsordnung in Zeiten der Globalisierung - die, wie viele glauben machen wollen, im übrigen nicht erst seit kurzem im Gange ist - zeigen zu lassen. Roland Vaubel bringt in seinem Artikel über "Internationalen politischen Wettbewerb" auf den Punkt, daß die Globalisierung jeden voranbringt und keine Ängste schüren darf: "Der politische Wettbewerb schützt die Freiheit der Bürger, und er stärkt Innovation und Wirtschaftswachstum." Schade nur, daß der Preis des Buches manche Geldbörse etwas überstrapaziert.
INDIRA GURBAXANI
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Globalisierung bringt alle voran - Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie
Karl-Ernst Schenk/Dieter Schmidtchen/Manfred Streit/Viktor Vanberg (Herausgeber): Globalisierung und Wirtschaft. Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie, 19. Band. Verlag Mohr Siebeck, Tübingen 2000, 389 Seiten, 198 DM.
Bittet man drei Ärzte um eine Diagnose, so erhält man meist vier; zwei von ein und demselben Arzt. In der Ökonomie ist es manchmal nicht anders, vor allem wenn es um begriffliche Abgrenzungen geht. Wer heute ein Buch über Globalisierung schreibt oder herausgibt, steht in Konkurrenz zu Hunderten von Büchern, die auf diese oder jene Weise demselben Thema gewidmet sind. Für den Leser ist es daher zum einen wichtig zu wissen, unter welchem Aspekt er ein Globalisierungsbuch einzuordnen hat, und zum anderen, welche Vorstellung - definitorischer Art - die Herausgeber selbst mit dem Begriff Globalisierung verbinden.
Was den Kontext angeht, so ist im Fall des Buches "Globalisierung und Weltwirtschaft" die Lage von Beginn an klar. Das Werk ist aus der Jahrestagung für Neue Politische Ökonomie 1999 hervorgegangen. Die Tagung verfolgte zwei Ziele: Einerseits sollte für bestimmte Teilordnungen der Weltwirtschaft über spezifische Lösungen diskutiert werden. Dazu gehört ein internationales Wettbewerbsrecht ebenso wie die Frage, ob sich der Globalisierungsprozeß durch Menschenrechte und Sozialstandards steuern läßt. Andererseits wurden juristische Themen besprochen, zum Beispiel das einer Weltwirtschaftsverfassung.
Was die Verfasser unter dem Begriff Globalisierung verstehen, klären sie gleich in der Einleitung des Buches: "Mit Globalisierung ist in der Regel die Zunahme des externen Wettbewerbsdrucks auf Wirtschaftssubjekte als Mitglieder von Jurisdiktionen gemeint, die auf Märkten Güter und Leistungen tauschen." Globalisierung wird also nicht, wie in vielen Veröffentlichungen üblich, als Auflösung der Nationalstaaten verstanden, sondern konkret als Zunahme des Wettbewerbsdrucks auf den einzelnen, den Bürger wie den Unternehmer. Der bisher anerkannte Ordnungsrahmen, das Verständnis von der Interdependenz von Ordnungen im Sinne von Walter Eucken, wird auf eine internationale Ebene übertragen.
Das Ziel ist dabei, die globale Wirtschaftsordnung in ihrem Zusammenhang mit anderen internationalen Ordnungen - politischer oder rechtlicher Natur - zu analysieren. Den Herausgebern ist es gelungen, herausragende Redner für ihre Tagung - und Autoren für ihren Sammelband - zu gewinnen. Jeder der Aufsätze wird kritisch kommentiert, so daß der Leser neben seinem eigenen Eindruck zusätzliche Anregungen erhält.
Peter Behrens erläutert die Notwendigkeit einer Weltwirtschaftsverfassung, indem er darauf verweist, daß Verfassungen den internationalen Gebrauch individueller Handlungsrechte garantieren und so die Wirtschaftssubjekte vor staatlichen Interventionen schützen. Unklar ist hier nur, ob er darunter auch industriepolitische Eingriffe des Staates versteht.
Martin Nettesheim kommt bei seinen "Überlegungen zum Entwicklungsstand des internationalen Wirtschaftsrechts" zu etwa dem gleichen Ergebnis wie Thomas Apolte, der sich mit den "Beschränkungen des politischen Wettbewerbs" befaßt. Internationale Organisationen stehen als Ordnungsform im Mittelpunkt der Betrachtung. Nettesheim erwartet, daß die Welthandelsorganisation (WTO) langfristig "die Ordnungsform des Verbandes mit verfassungsrechtlichem Grundstatut annehmen wird". Apolte sieht Protektionismus als größten Hemmschuh für den Fortschritt der Globalisierung und erwartet eine entsprechende Bekämpfung desselben im Rahmen der WTO.
Einen wichtigen Beitrag liefert Hermann Sautter in seinem Aufsatz über "Menschenrechte und Menschenrechtsstandard im Globalisierungsprozeß". Neben der verbesserten Eingliederung von Arbeits- und Sozialstandards in die bereits existierenden internationalen Organisationen empfiehlt er eine stärkere Einbindung der Nichtregierungsorganisationen (NGO).
Eines zieht sich somit wie ein roter Faden durch den Sammelband: die stärkere Bedeutung und Einbindung internationaler Organisationen in den Globalisierungsprozeß. Während viele Länder schon wieder versuchen, die Ergebnisse der Uruguay-Runde zu umgehen, ist es in der Globalisierung um so wichtiger geworden, sich an Vereinbarungen zu halten und diese weiter auszubauen. Das schafft Sicherheit in einer Phase, in der vielen Individuen in Verbindung mit der Globalisierung Horrorszenarien eingeredet werden sollen. Der Tagungsband dokumentiert, daß dies für die Ökonomie, die Rechts- oder Politikwissenschaft und gleichermaßen für die Sozioökonomie gilt.
Den Herausgebern gelingt es, die verschiedenen Aspekte der Gestaltung einer integrierten Weltwirtschaftsordnung in Zeiten der Globalisierung - die, wie viele glauben machen wollen, im übrigen nicht erst seit kurzem im Gange ist - zeigen zu lassen. Roland Vaubel bringt in seinem Artikel über "Internationalen politischen Wettbewerb" auf den Punkt, daß die Globalisierung jeden voranbringt und keine Ängste schüren darf: "Der politische Wettbewerb schützt die Freiheit der Bürger, und er stärkt Innovation und Wirtschaftswachstum." Schade nur, daß der Preis des Buches manche Geldbörse etwas überstrapaziert.
INDIRA GURBAXANI
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main