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»Ein zielstrebiges Leben habe ich nie geführt«, schreibt Michael Naumann über sich selbst. Was ihn antrieb, war eine unstillbare Neugier auf die Welt. Als Kind erlebte er in seiner Geburtsstadt Köthen den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs, sein Vater fiel bei Stalingrad. Im Alter von elf Jahren floh er 1953 mit seiner Mutter aus der DDR nach Hamburg. Die wilden Sechziger verbrachte er als Student in München. In seinen glänzend geschriebenen, durchaus selbstkritischen Erinnerungen blickt Michael Naumann zurück auf ein bewegtes Leben als Journalist, Hochschullehrer, Verleger und Politiker. Er…mehr

Produktbeschreibung
»Ein zielstrebiges Leben habe ich nie geführt«, schreibt Michael Naumann über sich selbst. Was ihn antrieb, war eine unstillbare Neugier auf die Welt. Als Kind erlebte er in seiner Geburtsstadt Köthen den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs, sein Vater fiel bei Stalingrad. Im Alter von elf Jahren floh er 1953 mit seiner Mutter aus der DDR nach Hamburg. Die wilden Sechziger verbrachte er als Student in München. In seinen glänzend geschriebenen, durchaus selbstkritischen Erinnerungen blickt Michael Naumann zurück auf ein bewegtes Leben als Journalist, Hochschullehrer, Verleger und Politiker. Er erzählt von Begegnungen mit Helmut Schmidt, Marion Gräfin Dönhoff und Heinrich Maria Ledig-Rowohlt, mit Gerhard Schröder, Oskar Lafontaine, Otto Schily und Joschka Fischer. Seine Erinnerungen an bedeutende Autoren wie Harold Brodkey, Herta Müller, Paul Auster, Siri Hustvedt, Peter Nádas oder Thomas Pynchon gleichen Glücksmomenten eines Büchernarren. Als Gründungsdirektor der Barenboim-Said Akademie in Berlin stößt er schließlich auf das deutsche Baurecht und die erstaunlichen Auflagen des labyrinthischen Hochschulrechts.
Autorenporträt
Michael Naumann wurde 1941 in Köthen (Anhalt) geboren. Er studierte Politik, Geschichte und Philosophie in Marburg, München und Oxford und promovierte mit einer Arbeit über Karl Kraus, ehe er sich mit einer Studie über den "Strukturwandel des Heroismus" habilitierte. Als Journalist arbeitete er für Die Zeit und den Spiegel. 1985 übernahm er die Leitung der Rowohlt Verlage. Zehn Jahre darauf ging er nach New York und leitete dort die Verlage Metropolitan Books und Henry Holt. 1998 berief ihn Gerhard Schröder in sein Kabinett als Staatsminister für Kultur und Medien. Nach zwei Jahren im Amt wurde er 2001 Chefredakteur und Herausgeber der Zeit. Im Jahr 2008 war er Kandidat der SPD für das Amt des Ersten Bürgermeisters in Hamburg. Heute ist Michael Naumann Gründungsdirektor der Barenboim-Said Akademie in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.06.2017

Aug in Aug mit Thomas Pynchon
Zeitgeistgeschichte: Michael Naumanns Autobiografie „Glück gehabt“
Michael Naumann war schon überall. Und je mehr Zuschreibungen es für ihn gibt, desto vollständiger wird das Bild gegenwärtiger Kultur- und Medienverhältnisse. Naumann war in mehreren und höchsten Funktionen bei der Zeit, er war aber auch beim Spiegel, beim Monat und bei Cicero. Er war Politologe an der Ruhr-Universität Bochum und habilitierte sich mit einer Arbeit zum „Strukturwandel des Heroismus“, vor allem aber agierte er als Chef des Rowohlt-Verlags sowie des Verlags Henry Holt in New York und schließlich als erster „Staatsminister für Kultur“ in der neuen Berliner Republik unter Kanzler Gerhard Schröder.
Zurzeit ist er Gründungsdirektor der Barenboim-Said-Akademie in Berlin, und dieses „zurzeit“ scheint das Attribut zu sein, das seit jeher am besten zu ihm passt. Ein wahrer Tausendsassa also (das Prädikat „Paradiesvogel“, mit dem er gelegentlich behaftet worden ist, lehnt er ab. Und das stimmt schon, ein Paradiesvogel ist er nicht), einer, bei dessen Autobiografie einen gewisse Schwindelgefühle befallen können.
Gleich beim ersten Satz fällt auf, dass Naumann ein journalistisch geschulter Autor ist, dass er die coole Magazin-Schreibe fast schon mit der Muttermilch aufgesogen zu haben scheint. Er setzt Effekte und lässt dabei bekennerische oder emotionale Satzgirlanden weg, er benennt, evoziert und erzielt Wirkung durch Auslassungen. So stolz er auch seinen ersten Satz im Vorwort vorzeigt – „Autobiographien sind Er- oder Sie-Findungen“ – charakteristisch für das Buch ist er nicht, Naumann gefällt sich eher nicht im Gesuchten. Viel typischer ist der Anfang des ersten Kapitels: „Es stimmt, dass ich mich an meine zweifellos schmerzhafte Geburt am 8. Dezember 1941 in der Kleinstadt Köthen selbst nicht erinnere.“ Da ist etwas Lockeres, Augenzwinkerndes, Gekonntes am Werk, aber auch ein sicheres Bewusstsein für das zeitgeschichtliche Umfeld und die Bedeutung der auftretenden Personen. Man kann sich darauf verlassen, dass Naumann immer den Instinkt dafür hat, rechtzeitig abzublenden, wenn er zu sehr ins Private zu driften droht. Viel lieber erzählt er treffsicher Anekdoten, und wenn einmal scheinbar zufällig der Name eines Politikers oder anderweitig Prominenten fällt, kann man sicher sein, dass eine Szene folgt, die den Protagonisten dann pointiert skizziert.
Am ausführlichsten erzählt Naumann, wenn es um die frühesten Erfahrungen geht. Die Darstellung der atemberaubend schnell wechselnden beruflichen Stationen danach geschieht weitaus summarischer. Die anhaltische Geburtsstadt Köthen, hervorgehoben durch sechs dort zugebrachte Kapellmeisterjahre Johann Sebastian Bachs, erlebte Naumann im Übergang, von provinziell-bürgerlicher Gediegenheit über die Bombennächte bis hin zur neuen, sich sozialistisch nennenden Gleichförmigkeit. Aktuelle Besuche dort bieten atmosphärische Einblicke in den Geschichtsverlauf und in unwiederbringlich Verlorenes, und die lange Zeit auch ihm selbst verborgen gebliebene Liaison seiner verwitweten Mutter mit einem emigrierten Juden, der als US-Offizier zurückkam, birgt sogar einen interessanten literarischen Stoff.
Dass der junge Naumann anscheinend ganz selbstverständlich zur Sozialdemokratie stieß und während des Studiums im leichtlebigen München in den 60er-Jahren „die Freunde vom SDS“ eher distanziert und ironisch zur Kenntnis nahm, wird als Sachverhalt zwar referiert, aber nicht weiter begründet oder beleuchtet. Es wirkt wie eine merkwürdige Leerstelle. Prägend war auf jeden Fall ein früher Schüleraufenthalt 1959 in Amerika – und zu den USA hielt Naumann immer engen Kontakt, kehrte immer mal wieder dorthin zurück, lebte in den Neunzigerjahren sogar vier Jahre lang als Verleger in New York.
Erstaunlich kritisch ist seine Sicht des von den Bundesdeutschen überschätzten Henry Kissinger („genialer Selbstdarsteller“), und zu den Höhepunkten des Buches gehört, wie raffiniert beiläufig er etwas erwähnt, worum ihn alle wesentlichen Akteure des bundesdeutschen Literaturbetriebs glühend beneiden. Er ist sich dabei der Wirkung jedes Buchstabens bewusst: „Der scheinbar mysteriöse Thomas Pynchon, von dem es außer einigen Jugendbildern keine neuere Fotografie gab, erschien im Verlag, um den gelungenen Umschlagentwurf seines Romans ‚Mason & Dixon‘ zu begutachten.“ Und: „Hinter dem Schnäuzer verbarg sich ein zurückhaltender, doch keineswegs scheuer Mensch.“
Ja, Naumann war oft mit dabei, wenn es um etwas ging. Aber man muss bei ihm immer auf überraschende Volten gefasst sein. Einmal, auf einem jener Berliner Empfänge und Partys, wo er sich wie ein Fisch im Wasser bewegt, sagte er über seinen Weggang von Rowohlt und seinen Abstecher nach New York zu Henry Holt – und er konnte sich sicher sein, dass seine Anspielung auf die letzte Saison des Fußballspielers Günter Netzer verstanden werden konnte: „Das ist mein Grashoppers Zürich!“ Doch ehe man sich versah, war er plötzlich präsenter als jemals zuvor: als der mächtigste Kulturpolitiker des Landes, der dieses Amt auch mehr oder weniger mit erfunden hatte.
Bei alldem fällt auf, dass Naumann etwas Rastloses hat, dass er es fast nie länger irgendwo aushielt. Nach zwei, drei Jahren beendete er regelmäßig seine meist wichtige und prestigeträchtige jeweilige Tätigkeit und tauchte irgendwo anders, meist genauso wichtig und prestigeträchtig, wieder auf. Über Hintergründe, Motive, gar psychologische Aspekte erfährt man aber nie mehr als das, was er schon damals in der Öffentlichkeit darüber sagte. Immerhin: Bei Rowohlt blieb er dann doch um die zehn Jahre, und wie erfolgreich er in dieser Zeit war, zeigt seine Fähigkeiten vielleicht am besten. So mancher Feuilletonchef hatte Angst vor den Leserbriefen des Verlegers, denn Naumann war vom Fach.
Seine kurzweilige Autobiografie ist also tatsächlich, was er sich selbst davon erhofft, ein „Widerschein der Zeitgeistgeschichte“. Der Übergang von diesem Buch zu einer angeregten Plauderei in der neuen Hauptstadt Berlin, zwischen Paris Bar und Salon, Kulturfunktionärswesen und Abendgesellschaften, deren Verbindung Naumann souverän verkörpert, ist fließend.
HELMUT BÖTTIGER
Michael Naumann: Glück gehabt. Ein Leben. Verlag Hoffmann & Campe, Hamburg 2017. 414 Seiten, 24 Euro. E-Book 19,99 Euro.
Michael Naumann
Foto: imago/Gerhard Leber
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2017

In den Rollen seines Lebens

Ob Journalismus, Wissenschaft, Verlag oder Politik - keinem Neuanfang wich Michael Naumann je aus. Jetzt zieht er mit "Glück gehabt" Bilanz.

Als der Krieg zu Ende geht, ist der Protagonist dieser Lebenserzählung dreieinhalb Jahre alt. Ein Kriegskind, der Vater gefallen vor Stalingrad, die Mutter allein mit vier Kindern, Michael das jüngste. Ein Schicksal, das er mit Millionen anderen teilt, ein seelisches Erbe, dessen Spätfolgen noch die Enkel der Kriegskinder austragen. Insofern ist Michael Naumann, geboren am 8. Dezember 1941 im anhaltinischen Köthen, kein Einzelfall und trotzdem ein seltenes Exemplar. Seinen Weg durch Nachkriegszeit, Wohlstandsjahre, Wiedervereinigung bis in die Gegenwart kann man als beispielhafte Karriere der alten und neuen Bundesrepublik lesen. Wozu auch gehört, dass Naumann in der Wolle gefärbter Transatlantiker ist, mit tiefen Wurzeln in den Vereinigten Staaten, aber mit "angeborener Sprunghaftigkeit".

Seine Erwerbsbiographie im Schnelldurchgang: Journalist beim "Münchner Merkur", Wechsel zu "Zeit", wo er zu den Gründungsredakteuren des Magazins gehört. Habilitation an der Ruhr-Universität in Bochum, Stipendiat in Oxford, danach Rückkehr zur "Zeit", zunächst im Ressort Dossier, dann Korrespondent in Washington. Wechsel zum "Spiegel" als Leiter des Auslandsressorts. 1985 zum Rowohlt-Verleger in Reinbek berufen, nach zehn Jahren Umzug nach New York, um dort für Holtzbrinck den Literaturverlag Metropolitan Books zu gründen und den Verlag Henry Holt zu leiten. 1998 zieht es ihn als ersten Kulturstaatsminister in die Regierung Gerhard Schröder. Von dort aus erneuert er seine Liebe zur "Zeit", wo er zunächst zusammen mit Josef Joffe als Chefredakteur und Herausgeber fungiert.

Nebenbei moderiert er eine Talk-Runde für den RBB, gibt das "Kursbuch" und die Andere Bibliothek mit heraus. Im Hamburger Bürgerschaftswahlkampf 2008 ist er Spitzenkandidat der SPD - und unterliegt Ole van Beust. Danach Wechsel als Chefredakteur in Schweizer Diensten zum Monatsmagazin "Cicero" nach Berlin. Schließlich wird Naumann Direktor der Barenboim-Said-Akademie in Berlin, einer Musikhochschule für Stipendiaten aus dem ganzen Nahen Osten.

An Hunger erinnert sich Naumann kaum, wohl aber an eine glückliche Kindheit in den Ruinen der Nachkriegszeit. Über diese Lebensspanne schreibt er hinreißend, in eleganter Prosa schlägt er den Bogen zurück in die vierziger und fünfziger Jahre, spannt großformatige Familientableaus auf, bis man ihm beinahe folgt in dem Glauben, Köthen sei der Nabel der Welt. Heimat, das hat für ihn etwas mit Familiengrabstätten und mit Sprache zu tun: "Dialekte können wie akustische Ausweispapiere wirken, die manche Menschen auch wider Willen ein Leben lang bei sich tragen." Naumann zielt damit auf den Franken Henry Kissinger, dem er sich nie getraut hat seine Abneigung zu gestehen. An Gott hat er früh nicht glauben können und es später auch nicht mehr versucht. Seine Neigung, "nein" zu sagen, hat dagegen lebenslang Bestand. Seine "existenzielle Faulheit" macht ihn "untauglich für ernsthafte Philosophie".

1953 flieht die Mutter mit ihren Kindern nach Westberlin, landet in einem Durchgangslager für Flüchtlinge aus der DDR in Wentorf bei Hamburg, schließlich in Köln. Die Verhältnisse sind bescheiden. Diese Anfänge zeigen naturgemäß einen neuen Michael Naumann, einen, dessen Persönlichkeit noch nicht überlagert ist vom medialen Bild, das er sich später zulegt. Er ist zu klug, um so zu tun, als ginge es dabei zu jeder Zeit um Aufrichtigkeit - das wollen Memoiren nie sein, auch wenn sie es von sich selbst behaupten. Manches wird verschwiegen, und wer hier nicht vorkommt, wird wissen, warum. Seinen Nachfolger im Amt des Kulturstaatsministers, den Parteifreund Julian Nida-Rümelin, erwähnt er nicht, dafür berichtet er vom auskömmlichen Verhältnis zu dessen Nachnachfolger Bernd Neumann.

Gewiss verblasst manche Erinnerung nach so vielen Jahren. Aber dass Naumann, der bei Eric Voegelin in München mit der Arbeit "Der Abbau der verkehrten Welt. Satire und politische Wirklichkeit im Werk von Karl Kraus" promoviert wurde, ausgerechnet Kraus' berühmtesten Satz ("Mir fällt zu Hitler nichts ein.") verdreht, muss man wohl diskret auf das Konto des Lektorats buchen, das auch das Kartenspiel Schafkopf mit einem Schafskopf verwechselt.

Bei den Frauen hat Naumann einen Schlag. Die erste Ehe mit Christa Wessel, der Tochter des BND-Präsidenten Gerhard Wessel, geht allerdings in die Brüche; in zweiter Ehe ist er mit der Medizinerin Marie Warburg verheiratet, die aus der bekannten Bankiersfamlie stammt. Private Epochenbrüche sowie körperliche Malaisen werden nur kurz gestreift, der öffentliche Naumann hat stets Vorrang. Und der ist bestens vernetzt. So gut, dass er sich mit längeren Reminiszenzen an prägende Weggefährten zurückhalten muss, um den Rahmen nicht zu sprengen. Die Gräfin Dönhoff erhält ein wenig mehr Raum, ebenso Helmut Schmidt, Rudolf Augstein, Gerhard Schröder, Daniel Barenboim. Viele Autoren streift er nur: Elfriede Jelinek, Thomas Pynchon, Herta Müller, Rosamunde Pilcher, Stephen Hawking. Spitze Bemerkungen gehören unbedingt zu dieser Sorte gehobenen Klatsches, seinen ehemaligen Arbeitgeber in Hamburg nennt der Autor heute ein "Konsensblatt". Eitelkeiten? Durchaus. Als der Staatsminister Naumann seine Mutter informiert, er sei im Fernsehen zu sehen, bemerkt diese angesichts der Fernsehbilder trocken: "Geh zum Friseur, Junge."

Professionelle Parteipolitiker erteilen ihm manche Lektion, die er erst verdauen muss. Mit seiner Ablehnung des Holocaust-Mahnmals macht er sich Feinde. Dass das immer gieriger werdende Geschäftsgebaren der Investmentbanken von der Regierung Schröder nicht hinreichend begriffen wurde, liefert einen aufschlussreichen Einblick in den Politikbetrieb jener Jahre. Inklusive solcher Pointen: "Credit Fault Swaps tauchen im Wörterbuch des Marxismus-Leninismus nicht auf."

Die schönste Zeit aber sind ihm die Verleger-Jahre gewesen. Obwohl er sie sich unter Schmerzen erkämpfen musste, denn die Rowohlt-Mitarbeiter lehnten seine Bestellung zunächst vehement ab. Zehn Jahre, fünf Nobelpreise und eine Umsatzverdoppelung später sah das für den vormals "teuersten Lehrling des deutschen Verlagsbuchhandels" anders aus. Schon damals lernte er: "Verleger sind eben stes die Bankiers von Autoren, nur selten wahre Freunde." Apropos: Beinahe neunhundert Namen verzeichnet das Personenregister.

Rechthaberisch wirken Naumanns Erinnerungen nie, selten gestattet er sich Abstecher in die kulturelle Verarmungskrise des Internetzeitalters. Und ganz am Ende, bei den Bauarbeiten für die Barenboim-Said-Akademie, entdeckt Michael Naumann seine Bewunderung für die Arbeiterklasse. Auf der Baustelle. "Handfestes, Handwerkliches und physisch harte Arbeit" seien ihm bis dahin fremd gewesen. Ein Eingeständnis, das Ehre einlegt für die These, Intellekt sei ständige Korrekturbereitschaft. Michael Naumann präsentiert sich als der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Im Zweifelsfall konnte er sich darauf verlassen, dass jemand anrief und ihm eine neue berufliche Perspektive bot. Der Titel dieser süffig zu lesenden Erinnerungen ist gut gewählt.

HANNES HINTERMEIER

Michael Naumann:

"Glück gehabt". Ein Leben.

Hoffmann und Campe

Verlag, Hamburg 2017.

415 S., geb., 24.- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensent Helmut Böttiger hat viel Spaß an der Autobiografie des ehemaligen Rowohlt-Verlegers und Kulturstaatsministers Michael Naumann. Denn der Journalist und Politologe, der seit 2015 als Gründungsdirektor der Berliner Barenboim-Said-Akademie tätig ist, kann nicht nur aus einem sehr bewegten Leben erzählen, sondern auch schreiben, versichert der Kritiker. In effektvoller und lockerer "Magazinschreibe" schildert ihm der Autor die zahlreichen Stationen seines Lebens, wird dabei nie zu privat und gewährt doch interessante Einblicke in seine Jugend, so Böttiger. Ein lesenswertes Buch, reich an "Zeitgeistgeschichte" und pointierten Anekdoten, lobt der Rezensent, der über manch "überraschende Volte" des rastlosen Naumann schmunzeln muss.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Michael Naumann hatte in seinem Leben viele Rollen:Journalist, Politikwissenschaftler, Kulturstaatsminister, ZEIT-Chefredakteur und -Herausgeber.« Die Zeit, 16.03.2017