In Ominösien, einem Land irgendwo im Osten, herrscht Bürgerkrieg. Muster ist als schräger Vogel und Taugenichts verschrien, doch als sein allseits beliebter kleiner Bruder fällt, stellt er sich dem Ernst des Lebens und lässt sich zum Wehrdienst einziehen. Dass die höheren Sphären den Bruder als Prophetenkandidat ausersehen hatten und in arge Bedrängnis kommen, als dieser fällt, dass nun er als Ersatz herhalten muss, um den Engeln nicht den Job zu rauben, ahnt er nicht. Mit Kumpel Dreizehn desertiert er bald mitten im Gefecht, fällt aber den Rebellen in die Hände, die beide monatelang arretieren. Kurz bevor das Dahinvegetieren ihnen den letzten Lebensmut raubt, kommt der Jünger um, der Kandidat aber endlich frei, allerdings stark traumatisiert. Wieder sorgen die Engel für Ersatz. Alles scheint ein gutes Ende zu nehmen, als Muster, der neue Dreizehn und der gescheiterte Filmemacher Fünfunddreißig im Großen Kino eine schräge Gesellschaft versammeln, um die Druckerei im Haus wieder in Gang zu setzen. Als sie sich auf Raubdrucke und Falschgeld verlegen, brummt das Geschäft. Das erste eigene Werk erschüttert das Land: Die Schrägen erzählen ihre eigenen Geschichten ein Panorama der Traumata der Gesellschaft. Die Ereignisse überstürzen sich, die Dimensionen geraten ins Wanken und im Kino wird es höllenheiß Mit seinem Faible für Menschen am Rand der Gesellschaft legt der türkische Kultautor Murat Uyurkulak mit seinem zweiten Roman eine mit magischen und fantastischen Elementen durchsetzte ironische, traumatische und zugleich sozialkritische Allegorie auf die Türkei vor.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Auch wenn Uyurkulak in seinem Roman "Glut" über ziemlich abgedrehte Ereignisse in einem fiktiven Land namens "Ominösien" schreibt, besteht für Rezensent Ingo Arend keinerlei Zweifel, dass dieses Buch sehr eigentlich vom "Schwelbrand der real existierenden Verhältnisse" in der Türkei handelt. Und das schon auch, weil der von ihm sehr geschätzte Uyurkulak sich von jeher äußerst kritisch mit seinem Heimatland befasst. Das verdeutlicht Arend in einem schönen Bild: Wenn Orhan Pamuk der Impressionist der türkischen Literatur ist, so ist Uyurkulak deren Graffitikünstler. Dessen allegorischer Schreibweise abseits von der Fadheit politrealistischer Literatur kann der Kritiker einiges abgewinnen: Unter dem zwar vulgären Schreibstil lauert politisch angereicherte Komplexität, stellt er fest. Es wimmelt von Metaphern und allegorischen Verschiebungen, deren wahre Bedeutungen aber stets durchscheinen. Hilfreich dabei ist, dass auch die "instinktsichere" Übersetzung überzeugt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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