„Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan“ - Dichter und ihre Frauen … sie waren Muse, Freundin, Geliebte, Förderin, Ehefrau oder Mätresse … sie waren Hausfrau und Mutter, die dem dichtenden Gatten weitgehend von den Aufgaben des Familienvorstandes befreiten, oder sie standen selbst im Mittelpunkt des
öffentlichen Interesses. Die Literaturgeschichte kennt unzählige Beispiele von Dichter-Frauen, von…mehr„Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan“ - Dichter und ihre Frauen … sie waren Muse, Freundin, Geliebte, Förderin, Ehefrau oder Mätresse … sie waren Hausfrau und Mutter, die dem dichtenden Gatten weitgehend von den Aufgaben des Familienvorstandes befreiten, oder sie standen selbst im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Die Literaturgeschichte kennt unzählige Beispiele von Dichter-Frauen, von Lessings Ehefrau Eva König, Heines Mathilde bis hin zu Helene Weigel, der Ehefrau und Mitarbeiterin von Bertolt Brecht.
Im Deutschen Taschenbuch Verlag hat sich nun Joseph Kiermeier-Debre den Frauen um Johann Wolfgang Goethe gewidmet. Der Professor am Institut für Neuere deutsche Literatur an der Ludwig-Maximilian-Universität München beschäftigt sich in 44 Kurzporträts mit den wichtigsten Frauen des großen deutschen Klassikers. Dabei werden nicht nur die Frauen, die seinen Lebensweg begleiteten, sondern auch die großen Frauenfiguren aus seinen Werken vorgestellt. Oft haben ja die literarischen Figuren ihr Vorbild im tatsächlichen Leben. So ist eine reizvolle Mischung aus den realen und fiktiven Frauen in Goethes Leben entstanden.
Der Reigen der realen Frauen reicht von Katharina Elisabeth Textor Frau Rat Goethe, der Mutter des Dichters, über seine Schwester Cornelia, seine erste Geliebte Käthchen Schönkopf, Frau von Stein bis zu Herzogin Anna Amalia. Goethe hat in seinem Leben viele Frauen kennengelernt und geliebt. Sie gaben ihm immer wieder Anlass zu neuen Dichtungen. Aber geheiratet hat er zunächst keine von ihnen. Er wollte seine Freiheit, seine Unabhängigkeit behalten. Geehelicht hat er schließlich die Blumenbinderin Christiana Vulpius.
Johann Wolfgang Goethe schuf in seinen Theaterstücken und Prosawerken einige der bekanntesten und begehrtesten Frauenrollen nicht nur der deutschen Literatur sondern der Weltliteratur. Der Autor stellt hier zahlreiche dieser Figuren vor, von den Frauengestalten aus seinem Erstlingsdrama „Götz von Berlichingen“ über Egmonts Clärchen und Gretchen (Faust I) bis hin zu Helena aus Faust II.
Die kurzen Texte, die über reine Erläuterungen hinausgehen, bestechen durch ihr treffsicheres Urteil und das Einfühlungsvermögen in Goethes Werk. Zu jeder Frauengestalt gibt es außerdem eine zeitgenössische Abbildung (Radierung, Lithografie, Kreidezeichnung usw.), so dass nicht nur Goethes Frauen lebendig werden sondern auch ein Miniatur-Bildersaal der deutschen Klassik entstanden ist.
Das Taschenbuch im Geschenkbuchformat ist ein vorzeitiger Beitrag zum 180. Todestag Johann Wolfgang Goethes am 22. März 2012. Eine interessante und amüsante Lektüre nicht nur für Goethe- und Klassikfreunde sondern auch eine gelungene Aufforderung an all jene, die sich das letzte Mal während ihrer Schulzeit mit Goethe beschäftigten (oder beschäftigen mussten).
Manfred Orlick