Vor sechzig Jahre fuhren zwei Männer in einem Lastwagen jeden Tag von Belgrad nach Jajinci: Götz, der Fahrer, und Meyer, der Beifahrer. Hätten sie nicht unterwegs angehalten und das Ende des Auspuffs mit einer Öffnung im Boden des Kastens verschraubt, und wäre der Kasten nicht voller Juden gewesen, niemand hätte sich später dafür interessiert.
Der namenlose Erzähler aber, ein Belgrader Lehrer, interessiert sich dafür, weil auf dem Lastwagen auch seine Verwandten waren. Er beginnt zu recherchieren, wühlt in Dokumenten, versucht zu begreifen. Je näher er dem Wissen kommt, desto ferner ist er; je mehr er sich Götz und Meyer vorzustellen sucht, desto schemenhafter werden ihre Gesichter ...
In der Besessenheit und Verzweiflung des namenlosen Erzählers spiegelt David Albahari mit subtiler Meisterschaft die höhere Wahrheit des Erzählens: Nicht in der Objektivität des Faktischen wird das Grauen des Holocaust begreiflich, sondern in der Macht und Ohnmacht der subjektiven Erinnerung.
Der namenlose Erzähler aber, ein Belgrader Lehrer, interessiert sich dafür, weil auf dem Lastwagen auch seine Verwandten waren. Er beginnt zu recherchieren, wühlt in Dokumenten, versucht zu begreifen. Je näher er dem Wissen kommt, desto ferner ist er; je mehr er sich Götz und Meyer vorzustellen sucht, desto schemenhafter werden ihre Gesichter ...
In der Besessenheit und Verzweiflung des namenlosen Erzählers spiegelt David Albahari mit subtiler Meisterschaft die höhere Wahrheit des Erzählens: Nicht in der Objektivität des Faktischen wird das Grauen des Holocaust begreiflich, sondern in der Macht und Ohnmacht der subjektiven Erinnerung.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.2003Zwischen den Welten
Gott winkt ab: David Albaharis Annäherung an den Holocaust
Sie sind geduldig, diese Belgrader Schüler, aufmerksam, wißbegierig und sehr empfänglich für das, was ihnen der schmale Mann mit den wirren Gesten vermitteln möchte. Andere Dreizehnjährige hätten ihrem Lehrer womöglich längst den Gehorsam verweigert, denn was er ihnen auf diesem Schulausflug zumutet, ist nicht wenig. Um den Leidensweg der Belgrader Juden nachzuzeichnen, fährt er mit der Klasse die zentralen Orte ab, die vom Winter 1941/42 bis zum folgenden Juni mit der Ermordung von etwa fünftausend Menschen verknüpft sind: die Meldestelle, das Lager auf dem Messegelände der Stadt, schließlich der Weg nach Jajinci - dort werden die Leichen verscharrt, bis im Sommer 1942 nach etwa fünfzig Transporten das Lager völlig menschenleer ist. Um seinen Schülern das Ungeheuerliche ganz nahe zu bringen, beläßt es der Lehrer fünfzig Jahre danach nicht bei der bloßen Anschauung der Orte: Er weist den Jugendlichen die Namen und Rollen einzelner Opfer zu, teilt sie entsprechend in Familienverbände ein und erzählt ihnen so suggestiv vom Lagerleben und dem quälenden Erstickungstod, der auf sämtliche Insassen wartete, daß die Schüler schließlich eine Erfahrung mit ihm teilen: Wie ihr Lehrer verlieren sie sich in der Welt seiner Erzählung vom Holocaust und erleben sie als gegenwärtig. Der Unterschied ist, daß sie gleich darauf wieder hinausfinden, während sich der Pädagoge zunehmend darin verstrickt.
David Albaharis schmaler Roman "Götz und Meyer" von 1998, der jetzt auf Deutsch erschienen ist, beschreibt mit sparsamen Mitteln und atemberaubend effizient, wie ein Überlebender des Holocaust, der als Kleinkind rechtzeitig versteckt wurde, als Erwachsener dem Schicksal seiner Angehörigen nachgeht, Berge von Aktenordnern anhäuft und doch, trotz allen Detailwissens, in den wesentlichen Fragen auf Einfühlung angewiesen ist. So erfährt er allmählich alles über die Abläufe, die das große Töten strukturieren, er kennt die Maße und die Funktion jener rollenden Gaskammer, eines Fünftonners der Marke "Saurer", und erzählt betont sachlich von den beiden SS-Männern, die schließlich die Ermordung der Lagerbewohner durchführen: "Zunächst bringt Götz, oder Meyer, den Lastwagen zum Eingang des Lagers, dann öffnet Meyer, oder Götz, den geräumigen Kasten. Diszipliniert und ruhig steigen die Lagerinsassen - Frauen, Kinder, hin und wieder ein Greis - ein. Zuvor haben sie ihre Habseligkeiten auf einen anderen Lastwagen geladen, der auf dem Lagergelände steht. Sie sind überzeugt, daß endlich der Augenblick des Abtransports nach Rumänien gekommen ist, obschon gelegentlich auch von Polen geredet wird." Doch der Wagen hält etwas später an, einer der SS-Männer steigt aus und "verbindet das Auspuffrohr des Motors mit einer Öffnung im Kasten. Danach haben Götz und Meyer nichts mehr zu tun, außer, natürlich, zu fahren."
Um Götz und Meyer kreist das Denken des Erzählers. Ihrer wird er nicht habhaft, ihre Spuren sind verwischt, Fotografien scheinen nicht mehr zu existieren, von ihren Personen weiß er nichts. Umgekehrt aber gewinnen sie für den Erzähler gerade dadurch allmählich eine bedrückende Präsenz, und Albahari läßt die wachsende Verwirrung seines Erzählers mit leichter Hand und überzeugender Technik glaubhaft werden, bis die beiden imaginierten SS-Männer schließlich den Lehrer überallhin begleiten, zu ihm sprechen, ihn maßregeln oder in Dispute verwickeln. Wie ernst es um den Erzähler steht, läßt er selbst erkennen, als er von seiner Heimkehr nach dem Klassenausflug berichtet: "Auf dem Tisch standen immer noch eine Flasche Selbstgebrannter und drei Schnapsgläser, Spuren eines unerwarteten Besuchs von Götz und Meyer vor wenigen Tagen."
Der 1948 geborene Albahari gehört seit langem zu den herausragenden serbischen Autoren. Spätestens seit seinem gefeierten Roman "Mutterland" von 1996, der im vergangenen Jahr auf deutsch erschien, ist der in Kanada lebende Schriftsteller auch einem größeren Publikum bekannt. "Mutterland" handelt vom Versuch, ein Leben anhand von Dokumenten und Erinnerungen zu rekonstruieren, und wie in "Götz und Meyer" verweist der Erzähler permanent auf die Grenzen dessen, was er zu berichten hat, auf die Schlüsse, die er ziehen muß, wo das Material nicht ausreicht, schließlich auf eigenes Unvermögen: "Wenn ich nur schreiben könnte", seufzt er immer wieder, während der Lehrer in "Götz und Meyer" ständig davon spricht, wie wenig er im Grunde von den beiden SS-Leuten wisse, wie sehr er sich vor physiognomischen Analogieschlüssen hüten müsse, um nicht dem Klischee der blonden Herrenrasse aufzusitzen.
Das Dilemma des Lehrers ist hier begründet, und indem er sich - und schließlich seine Schulklasse - in ein Gewebe aus penibel recherchierten Fakten und intensiver Einfühlung verstrickt, macht er ungewollt die Probleme einer solchen empathischen Annäherungsweise deutlich. Sie läuft nicht nur Gefahr, das tatsächlich Geschehene dort zu verfehlen, wo sie sich auf Spekulation stützt, sondern untergräbt auch im Bewußtsein des Forschers die klare Trennung zwischen Realität und Fiktion. Wenigstens im Verhalten seiner Schüler kann der Erzähler dieses Problem erkennen: "Die Welten sind leicht zu erschaffen, aber schwer zu erhalten. Zwischen ihnen kann es leicht zu Zusammenstößen, zu Verkeilungen, zur Angleichung ihrer Koordinaten kommen. Was also, wenn man sich auf halbem Weg verirrt und aus einer Welt in die andere hinübertritt?"
Weil Albahari aus der Perspektive eines Forschers erzählt, der dieser Gefahr erliegt, der auf der Straße vor sich hin murmelt oder wild gestikuliert, ihm gleichzeitig aber in der Gestalt einer skeptischen Museumswärterin ein Korrektiv an die Seite stellt, wächst sein Roman weit über die Schilderung einer Obsession hinaus. Denn die Qual und die Anteilnahme des Lehrers am Schicksal derer, von denen er in den Akten liest oder deren Namen er einem sterbenskranken Verwandten mühsam entreißt, am Schicksal von Daniel, Isak, Jakov, Rifka und Klara also, überträgt sich bei aller gleichzeitigen Distanzierung unmittelbar auf den Leser. So gelingt Albahari das Kunststück, die Welt des Lagers und der Todesfahrten völlig glaubwürdig und gegenwärtig nachzuzeichnen, und gleichzeitig auf die Grundlagen hinzuweisen, denen sich seine Schilderung verdankt - wo das Fundament seiner Erzählung ungefestigt ist, macht er immer deutlich, ohne daß dies der Wucht und Suggestionskraft seiner Bilder den geringsten Schaden zufügte.
Denn die bedrückendsten und großartigsten Passagen des Buches sind die, in denen der Erzähler sich die Gespräche im Lager vorstellt, die Weltanschauung, die sich aus dem allmählichen Bewußtsein der eigenen hoffnungslosen Lage ergibt, in der nicht einmal an göttliche Hilfe zu denken ist: "Ob an- oder abwesend, Gott ist hart, er kennt kein wirkliches Erbarmen. Wenn er die Augen verschließt, sind sie eben zu, da ist nichts zu wollen. Die Seelen scharen sich um ihn, ihre Stimmen wachsen an zum Klingen von tausend Glöckchen. Aber Gott winkt nur ab."
David Albahari: "Götz und Meyer". Roman. Aus dem Serbischen übersetzt von Mirjana und Klaus Wittmann. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2003. 160 S., geb., 18,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Gott winkt ab: David Albaharis Annäherung an den Holocaust
Sie sind geduldig, diese Belgrader Schüler, aufmerksam, wißbegierig und sehr empfänglich für das, was ihnen der schmale Mann mit den wirren Gesten vermitteln möchte. Andere Dreizehnjährige hätten ihrem Lehrer womöglich längst den Gehorsam verweigert, denn was er ihnen auf diesem Schulausflug zumutet, ist nicht wenig. Um den Leidensweg der Belgrader Juden nachzuzeichnen, fährt er mit der Klasse die zentralen Orte ab, die vom Winter 1941/42 bis zum folgenden Juni mit der Ermordung von etwa fünftausend Menschen verknüpft sind: die Meldestelle, das Lager auf dem Messegelände der Stadt, schließlich der Weg nach Jajinci - dort werden die Leichen verscharrt, bis im Sommer 1942 nach etwa fünfzig Transporten das Lager völlig menschenleer ist. Um seinen Schülern das Ungeheuerliche ganz nahe zu bringen, beläßt es der Lehrer fünfzig Jahre danach nicht bei der bloßen Anschauung der Orte: Er weist den Jugendlichen die Namen und Rollen einzelner Opfer zu, teilt sie entsprechend in Familienverbände ein und erzählt ihnen so suggestiv vom Lagerleben und dem quälenden Erstickungstod, der auf sämtliche Insassen wartete, daß die Schüler schließlich eine Erfahrung mit ihm teilen: Wie ihr Lehrer verlieren sie sich in der Welt seiner Erzählung vom Holocaust und erleben sie als gegenwärtig. Der Unterschied ist, daß sie gleich darauf wieder hinausfinden, während sich der Pädagoge zunehmend darin verstrickt.
David Albaharis schmaler Roman "Götz und Meyer" von 1998, der jetzt auf Deutsch erschienen ist, beschreibt mit sparsamen Mitteln und atemberaubend effizient, wie ein Überlebender des Holocaust, der als Kleinkind rechtzeitig versteckt wurde, als Erwachsener dem Schicksal seiner Angehörigen nachgeht, Berge von Aktenordnern anhäuft und doch, trotz allen Detailwissens, in den wesentlichen Fragen auf Einfühlung angewiesen ist. So erfährt er allmählich alles über die Abläufe, die das große Töten strukturieren, er kennt die Maße und die Funktion jener rollenden Gaskammer, eines Fünftonners der Marke "Saurer", und erzählt betont sachlich von den beiden SS-Männern, die schließlich die Ermordung der Lagerbewohner durchführen: "Zunächst bringt Götz, oder Meyer, den Lastwagen zum Eingang des Lagers, dann öffnet Meyer, oder Götz, den geräumigen Kasten. Diszipliniert und ruhig steigen die Lagerinsassen - Frauen, Kinder, hin und wieder ein Greis - ein. Zuvor haben sie ihre Habseligkeiten auf einen anderen Lastwagen geladen, der auf dem Lagergelände steht. Sie sind überzeugt, daß endlich der Augenblick des Abtransports nach Rumänien gekommen ist, obschon gelegentlich auch von Polen geredet wird." Doch der Wagen hält etwas später an, einer der SS-Männer steigt aus und "verbindet das Auspuffrohr des Motors mit einer Öffnung im Kasten. Danach haben Götz und Meyer nichts mehr zu tun, außer, natürlich, zu fahren."
Um Götz und Meyer kreist das Denken des Erzählers. Ihrer wird er nicht habhaft, ihre Spuren sind verwischt, Fotografien scheinen nicht mehr zu existieren, von ihren Personen weiß er nichts. Umgekehrt aber gewinnen sie für den Erzähler gerade dadurch allmählich eine bedrückende Präsenz, und Albahari läßt die wachsende Verwirrung seines Erzählers mit leichter Hand und überzeugender Technik glaubhaft werden, bis die beiden imaginierten SS-Männer schließlich den Lehrer überallhin begleiten, zu ihm sprechen, ihn maßregeln oder in Dispute verwickeln. Wie ernst es um den Erzähler steht, läßt er selbst erkennen, als er von seiner Heimkehr nach dem Klassenausflug berichtet: "Auf dem Tisch standen immer noch eine Flasche Selbstgebrannter und drei Schnapsgläser, Spuren eines unerwarteten Besuchs von Götz und Meyer vor wenigen Tagen."
Der 1948 geborene Albahari gehört seit langem zu den herausragenden serbischen Autoren. Spätestens seit seinem gefeierten Roman "Mutterland" von 1996, der im vergangenen Jahr auf deutsch erschien, ist der in Kanada lebende Schriftsteller auch einem größeren Publikum bekannt. "Mutterland" handelt vom Versuch, ein Leben anhand von Dokumenten und Erinnerungen zu rekonstruieren, und wie in "Götz und Meyer" verweist der Erzähler permanent auf die Grenzen dessen, was er zu berichten hat, auf die Schlüsse, die er ziehen muß, wo das Material nicht ausreicht, schließlich auf eigenes Unvermögen: "Wenn ich nur schreiben könnte", seufzt er immer wieder, während der Lehrer in "Götz und Meyer" ständig davon spricht, wie wenig er im Grunde von den beiden SS-Leuten wisse, wie sehr er sich vor physiognomischen Analogieschlüssen hüten müsse, um nicht dem Klischee der blonden Herrenrasse aufzusitzen.
Das Dilemma des Lehrers ist hier begründet, und indem er sich - und schließlich seine Schulklasse - in ein Gewebe aus penibel recherchierten Fakten und intensiver Einfühlung verstrickt, macht er ungewollt die Probleme einer solchen empathischen Annäherungsweise deutlich. Sie läuft nicht nur Gefahr, das tatsächlich Geschehene dort zu verfehlen, wo sie sich auf Spekulation stützt, sondern untergräbt auch im Bewußtsein des Forschers die klare Trennung zwischen Realität und Fiktion. Wenigstens im Verhalten seiner Schüler kann der Erzähler dieses Problem erkennen: "Die Welten sind leicht zu erschaffen, aber schwer zu erhalten. Zwischen ihnen kann es leicht zu Zusammenstößen, zu Verkeilungen, zur Angleichung ihrer Koordinaten kommen. Was also, wenn man sich auf halbem Weg verirrt und aus einer Welt in die andere hinübertritt?"
Weil Albahari aus der Perspektive eines Forschers erzählt, der dieser Gefahr erliegt, der auf der Straße vor sich hin murmelt oder wild gestikuliert, ihm gleichzeitig aber in der Gestalt einer skeptischen Museumswärterin ein Korrektiv an die Seite stellt, wächst sein Roman weit über die Schilderung einer Obsession hinaus. Denn die Qual und die Anteilnahme des Lehrers am Schicksal derer, von denen er in den Akten liest oder deren Namen er einem sterbenskranken Verwandten mühsam entreißt, am Schicksal von Daniel, Isak, Jakov, Rifka und Klara also, überträgt sich bei aller gleichzeitigen Distanzierung unmittelbar auf den Leser. So gelingt Albahari das Kunststück, die Welt des Lagers und der Todesfahrten völlig glaubwürdig und gegenwärtig nachzuzeichnen, und gleichzeitig auf die Grundlagen hinzuweisen, denen sich seine Schilderung verdankt - wo das Fundament seiner Erzählung ungefestigt ist, macht er immer deutlich, ohne daß dies der Wucht und Suggestionskraft seiner Bilder den geringsten Schaden zufügte.
Denn die bedrückendsten und großartigsten Passagen des Buches sind die, in denen der Erzähler sich die Gespräche im Lager vorstellt, die Weltanschauung, die sich aus dem allmählichen Bewußtsein der eigenen hoffnungslosen Lage ergibt, in der nicht einmal an göttliche Hilfe zu denken ist: "Ob an- oder abwesend, Gott ist hart, er kennt kein wirkliches Erbarmen. Wenn er die Augen verschließt, sind sie eben zu, da ist nichts zu wollen. Die Seelen scharen sich um ihn, ihre Stimmen wachsen an zum Klingen von tausend Glöckchen. Aber Gott winkt nur ab."
David Albahari: "Götz und Meyer". Roman. Aus dem Serbischen übersetzt von Mirjana und Klaus Wittmann. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2003. 160 S., geb., 18,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Die Holocaust-Literatur ist mit diesem Buch um ein schockierendes Meisterwerk reicher geworden, schreibt Rezensent Andreas Breitenstein, der in David Albaharis Literatur auch Alexander Tismas "dunkel leuchtende Kunst" weiterleben sieht. Albahari pflege in seiner Prosa eine Verzweiflung, deren paradoxe Kunst für den Rezensenten darin besteht, dem Leser jeden Rückzug ins Ästhetische zu verbauen. Der vorliegende Roman ("ein einziges Exerzitium des Weltuntergangs") rekonstruiere die Ermordung der Belgrader Juden in einem Lastwagen, in dessen Laderaum Abgase geleitet wurden. Die Titelfiguren seien die Fahrer dieses Wagens, lesen wir: groß, blond und alle Klischees auf sich versammelnd, "die sich um die Banalität des Bösen ranken". Die Romankomposition mag auf den ersten Blick konventionell anmuten, schreibt der Rezensent, sie erweise sich aber darum als radikal, weil der Text den Horror der beschriebenen Todesarten aufnehme, ihn mit "böser Ironie lakonischem Witz und desperatem Zynismus" weitertreibe. Wie die Opfer finde sich so auch der Leser in einer Falle wieder. Assoziativ findet der Rezensent Themen und Stilebenen verknüpft. Auf einer "Achterbahn der Gefühle" erlebt er, wie Banales sich mit Erhabenem, Anschauung mit Aphoristik und Trauer mit Sarkasmus paaren. Wider die Grausamkeit der Geschichtsschreibung ringe der Autor darum, zu ermessen, welche Katastrophe über jeden Einzelnen hereingebrochen ist. Dabei taumelt der Erzähler, lesen wir, einmal am Rande des Selbstmords.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
"Einer der beeindruckendsten Holocaust-Romane schlechthin."Die Zeit"Zum eindrucksvollsten serbischer, ja europäischer Literatur gehört David Albaharis schmaler Roman "Götz und Meyer" (.). Eine unglaubliche Geschichte."Bayerischer Rundfunk"Die Holocaust-Literatur ist um ein schockierendes Meisterwerk reicher, der Glaube an den Menschen ärmer geworden."Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung"Emotional versucht Albahari, an den Kern zu kommen: Das Menschliche im Unmenschlichen zu zeigen; das Erbärmliche im Erbarmungslosen, die Beiläufigkeit der Brutalität."Birand Bingül, Deutschlandfunk"So gelingt Albahari das Kunststück, die Welt des Lagers und der Todesfahrten völlig glaubwürdig und gegenwärtig nachzuzeichnen."Tilman Spreckelsen, Frankfurter Allgemeine Zeitung"Dieser Anonymität der Historie setzt der serbische Autor David Albahari die Kraft des Erzählens entgegen. (.) So gelingt ihm ein berührender und verstörender Roman."Silja Ukena, Kultur Spiegel"Albahari hat in seinem Romandie Kunst der Ironie (.) genial vollendet."Martin Z. Schröder, Süddeutsche Zeitung"Der Roman klagt (.) nicht an. Er tut einfach das, was Literatur am besten kann, er erzählt, ernst und lakonisch zugleich."Thomas Wegmann, Der Tagesspiegel"