Vom Winter 1941/42 bis zum folgenden Juni fuhren zwei Männer in einem Lastwagen jeden Tag von Belgrad nach Jajinci: Götz, der Fahrer, und Meyer, der Beifahrer. Hätten sie nicht unterwegs angehalten und das Ende des Auspuffs mit einer Öffnung im Boden des Kastens verschraubt und wäre der Kasten nicht voller Juden gewesen, niemand hätte sich später dafür interessiert.Der Erzähler aber, ein Belgrader Lehrer, interessiert sich dafür, weil auf dem Lastwagen auch seine Verwandten waren. Er beginnt zu recherchieren, wühlt in Dokumenten, versucht zu begreifen. Je näher er dem Wissen kommt, desto…mehr
Vom Winter 1941/42 bis zum folgenden Juni fuhren zwei Männer in einem Lastwagen jeden Tag von Belgrad nach Jajinci: Götz, der Fahrer, und Meyer, der Beifahrer. Hätten sie nicht unterwegs angehalten und das Ende des Auspuffs mit einer Öffnung im Boden des Kastens verschraubt und wäre der Kasten nicht voller Juden gewesen, niemand hätte sich später dafür interessiert.Der Erzähler aber, ein Belgrader Lehrer, interessiert sich dafür, weil auf dem Lastwagen auch seine Verwandten waren. Er beginnt zu recherchieren, wühlt in Dokumenten, versucht zu begreifen. Je näher er dem Wissen kommt, desto ferner ist er ihm; je mehr er sich Götz und Meyer vorzustellen sucht, desto schemenhafter werden ihre Gesichter. In der Besessenheit und Verzweiflung seines Erzählers spiegelt David Albahari mit subtiler Meisterschaft die höhere Wahrheit der Literatur: Nicht in der Objektivität des Faktischen wird das Grauen des Holocaust begreiflich, sondern in der Macht und Ohnmacht der subjektiven Erinnerung.
David Albahari wurde 1948 in Pec im heutigen Kosovo geboren und war einer der renommiertesten Schriftsteller Serbiens. Er studierte Englische Literatur in Belgrad und hat Vladimir Nabokov und John Updike ins Serbische übersetzt. 1973 erschien sein erster Erzählungsband, zahlreiche weitere Romane und Erzählungen folgten. Sein Werk ist vielfach ausgezeichnet worden, z. B. mit dem NIN-Preis und dem Ivo Andric-Preis. Sein Roman »Heute ist Mittwoch« wird mit dem Aleksandar Tisma International Literary Prize (2022) ausgezeichnet. David Albahari kehrte 2013 nach einem dreißigjährigen Aufenthalt im kanadischen Calgary nach Belgrad zurück, wo er am am 30. Juli 2023 verstarb. Der seit vielen Jahren an Parkinson erkrankte Autor konnte Wenn der König stirbt nicht mehr selbst schreiben, sondern hat ihn diktiert.
Mirjana und Klaus Wittmann leben in Bonn und übersetzen aus dem Serbischen, Kroatischen und Bosnischen. Die Übersetzungen des Duos verstehen sich als Gemeinschaftswerke und entstehen im Tandemprinzip. 2006 erhielten sie für die Übersetzung von David Albaharis Mutterland den Brücke-Berlin-Preis, 2011 wurden sie für ihr übersetzerisches Gesamtwerk mit dem Paul-Celan-Preis ausgezeichnet.
Rezensionen
"Einer der beeindruckendsten Holocaust-Romane schlechthin."Die Zeit"Zum eindrucksvollsten serbischer, ja europäischer Literatur gehört David Albaharis schmaler Roman "Götz und Meyer" (.). Eine unglaubliche Geschichte."Bayerischer Rundfunk"Die Holocaust-Literatur ist um ein schockierendes Meisterwerk reicher, der Glaube an den Menschen ärmer geworden."Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung"Emotional versucht Albahari, an den Kern zu kommen: Das Menschliche im Unmenschlichen zu zeigen; das Erbärmliche im Erbarmungslosen, die Beiläufigkeit der Brutalität."Birand Bingül, Deutschlandfunk"So gelingt Albahari das Kunststück, die Welt des Lagers und der Todesfahrten völlig glaubwürdig und gegenwärtig nachzuzeichnen."Tilman Spreckelsen, Frankfurter Allgemeine Zeitung"Dieser Anonymität der Historie setzt der serbische Autor David Albahari die Kraft des Erzählens entgegen. (.) So gelingt ihm ein berührender und verstörender Roman."Silja Ukena, Kultur Spiegel"Albahari hat in seinem Romandie Kunst der Ironie (.) genial vollendet."Martin Z. Schröder, Süddeutsche Zeitung"Der Roman klagt (.) nicht an. Er tut einfach das, was Literatur am besten kann, er erzählt, ernst und lakonisch zugleich."Thomas Wegmann, Der Tagesspiegel"
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